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Berlin: Berlins Spitzenforschung sieht sich von GSG-Verkauf bedroht

Gewerbehof-Käufer kann bald Mieten von TU und Fraunhofer Institut erhöhen. Kritik von SPD und Grünen: Privatisierung vernichtet Millionenförderungen

Der Verkauf der landeseigenen Gewerbesiedlungsgesellschaft (GSG) an Finanzinvestor Orco bringt Berliner Institute der Spitzenforschung in Bedrängnis. Die Bauexperten der Technischen Universität sowie die „Mikrotechnologien“ des renommierten Fraunhofer Instituts befürchten, dass nach der Privatisierung der Druck auf ihre Mieten so groß wird, dass sie umziehen müssen. Dann wären Millioneninvestitionen auf dem Gelände verloren und Forschungsprojekte würden um viele Monate zurückgeworfen.

So wie den Forschern geht es auch zahlreichen anderen Firmen, die in den berlinweit verteilten GSG-Höfen investiert hatten im Vertrauen darauf, dass die landeseigene GSG ihrem Förderauftrag folgend die Mieten langfristig niedrig hält. Wegen der Gefahr für die Spitzenforscher fordern die Grünen Korrekturen an dem Geschäft: Der Technologie- und Innovationspark Berlin (Tib) in Moabit, Sitz von TU und Fraunhofer-Institut, solle nicht verkauft werden. Dies sei möglich, auch ohne den Vertrag aufzulösen. Auch in SPD-Kreisen gibt es Kritik an dem Geschäft, weil 1500 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen und Subventionen verschleudert werden. Die landeseigene Investitionsbank Berlin geht sogar mit Verlusten aus dem GSG- Handel hervor.

Ungeachtet der Kritik hat der Senat den Verkauf der 42 Gewerbehöfe mit 750 000 Quadratmetern Nutzfläche für rund 300 Millionen Euro beschlossen. Rechtskräftig wird das Geschäft erst, wenn das Abgeordnetenhaus zustimmt.

Kommt dies so, dann drohen dem Fraunhofer-Institut schon in zwei Jahren höhere Mieten. „Wir haben 20 Millionen Euro investiert und können deshalb leicht unter Druck gesetzt werden“, sagt Klaus-Dieter Lang, stellvertretender Institutsleiter. Kommt die Mieterhöhung, kann das Institut nicht einfach ausziehen, weil dann die Millionen verloren wären. Am Fraunhofer Institut forschen 225 Mitarbeiter mit besten Erfolgen: Wiederholt machten sich Forscher selbstständig.

Auch die Spitzenforschung der Technischen Universität muss bereits 2015 mit einer „Sonderkündigung“ und höheren Mieten rechnen, obwohl die Verträge bis 2040 laufen, denn einen gesetzlichen Mieterschutz wie bei Wohnungen gibt es für Gewerbflächen nicht. Dann wären bei der TU 180 Millionen Euro Investitionen von der öffentlichen Hand verloren.

Orco wollte sich nicht dazu äußern: „bevor das Abgeordnetenhaus dem Verkauf zugestimmt hat“, so Sprecherin Patricia Jaenisch.

„Der GSG-Käufer wird sicher die Mieten erhöhen, denn sonst haben die Tib-Grundstücke einen negativen Ertragswert, das nimmt kein Finanzinvestor hin“, sagt Lisa Paus. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen fordert deshalb, den Tib von dem Verkauf auszunehmen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Frank Jahnke, sieht die Millionen-Investitionen der TU gefährdet. „Vereinbarungen bei der Privatisierung landeseigener Unternehmen werden mitunter auch nicht eingehalten, wie wir bereits erleben konnten“, sagt er. Verstörend sei beim neuen Geschäft das Ausmaß der Subventionsvernichtung: In die GSG seien seit 1989 rund 360 Millionen Euro öffentliche Förderungen geflossen. Der Investor bezahle für die ganze Firma aber nur 300 Millionen Euro.

Auch die Investitionsbank Berlin (Ibb) verbucht beim GSG-Handel einen herben Verlust: Berlins Förderbank übernahm die GSG 2001 vom Land für 200 Millionen Euro. Später musste sie deren Wert auf 135 Millionen Euro korrigieren. Die verlorenen 65 Millionen Euro holt sie beim GSG-Verkauf nicht herein – sie erhält nur den geringen Buchwert, der Rest fließt in die Landeskasse.

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