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Die Ausschreibung der S-Bahn droht, in einem juristischen Streit zu versinken.

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Beschwerde gegen Ausschreibung: Um die S-Bahn droht langer juristischer Streit

Mit dem Wunsch nach Rechtssicherheit begründet die S-Bahn die Beschwerde gegen die Ausschreibung. Die geplante Vertragslaufzeit verstößt ihrer Meinung nach gegen EU-Recht. Ein langwieriger juristischer Streit steht bevor - zum Leid der Kunden.

Die Ausschreibung wichtiger Teilstrecken der S-Bahn könnte sich für den Senat als Bumerang erweisen. Denn die leidgeprüften Kunden müssen sich möglicherweise auf ein langwieriges juristisches Verfahren einstellen, das die Beschaffung neuer Fahrzeuge erheblich verzögern und neue Probleme schaffen würde. Die Bahn-Konzern geht jetzt in die Offensive. Das Tochterunternehmen Berliner S-Bahn schickte am Donnerstag eine erste Beschwerde gegen die noch bis Mitte Oktober laufende Ausschreibung für den ab 2017 zu vergebenen Betrieb der Ringbahn sowie der Linien S 46 (Hauptbahnhof–Westend–Königs Wusterhausen), S 47 (Spindlersfeld–Südkreuz) und S 8 (Hohen Neuendorf–Königs Wusterhausen) auf den Weg.

Adressat ist die bei der Senatswirtschaftsverwaltung angesiedelte Vergabekammer des Landes. Juristen und Fachleute dort haben nun fünf Wochen Zeit zur Prüfung der Kritikpunkte der S-Bahn an der angebotenen Vertragskonstruktion. Die Hauptkritik der Bahn zielt auf die lange Vertraglaufzeit bis 2050, wobei nur für die ersten 15 Jahre tatsächlich ein Betreiben der Strecken garantiert wird. „Falls unsere Beschwerde abgelehnt wird, reichen wir eine Klage gegen die angebotene Vertragspraxis beim Oberlandesgericht ein“, kündigte S-Bahn-Geschäftsführer Peter Buchner an. „Bei einem Erfolg müsste die ganze Ausschreibung mit den geänderten Bedingungen neu aufgerollt werden.“

Die S-Bahn wehre sich nicht gegen die Ausschreibung einzelner Strecken, sondern wolle Rechtssicherheit. Falls das Unternehmen wie erhofft im Sommer 2014 den Zuschlag erhalte, könnten dann unverzüglich neue Fahrzeuge bestellt werden, sagte Buchner. Doch die Einhaltung dieses Zeitplans erscheint angesichts langwieriger Gerichtsverfahren sehr fraglich.

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Mit der Ausschreibung der Teilstrecken durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) reagierten die beteiligten Länder Berlin und Brandenburg im Juli auf die lange Pannenserie der S-Bahn. Bewerben können sich Bahnkonzerne aus aller Welt. „Aus unserer Sicht verstößt die lange Laufzeit eines Vertrages von 33 Jahren gegen geltendes EU-Recht“, erklärte S-Bahn-Chef Buchner. „Das sieht nur eine Maximalfrist von 15 Jahre vor.“

Der VBB verlange aber, dass das beauftragte Unternehmen nach den ersten 15 Jahren noch einmal so lange mit einem möglicherweise anderen und heute noch nicht bekannten Partner kooperieren muss. Nach einer weiteren Übergangsfrist von drei Jahren sollen alle Fahrzeuge und die Werkstattkapazitäten unter Umständen an einen neuen Betreiber übergeben werden.

In der Praxis könnte also nach dem Jahre 2032 zum Beispiel ein chinesisches Unternehmen die Regie auf einem Teil des Berliner S-Bahn-Netzes übernehmen, während die Deutsche Bahn die Züge zur Verfügung stellen und warten muss. Obwohl noch gar nicht feststeht, ob die Deutsche Bahn überhaupt ab 2017 zum Zuge kommt, will sich S-Bahn-Chef Buchner auf diese Unsicherheiten erst gar nicht einlassen. Das „unternehmerische Risiko“ sei einfach zu groß, sagt er.

Der VBB wollte sich nicht im Detail zu den Vorwürfen der S-Bahn äußern. „Es gibt offenbar unterschiedliche Rechtsauffassungen. Deshalb haben wir eine erste Rüge von Herrn Buchner gegen die Ausschreibung abgewiesen“, sagte VBB-Sprecherin Elke Krokowski. „Wir warten jetzt in Ruhe die Entscheidung der Vergabekammer ab und werden danach reagieren.“ Sie bestätigte aber, dass die dringend erwarteten neuen Züge erst nach dem erfolgten Zuschlag durch den Betreiber bestellt werden können.

Konkret geht es um 190 Viertelzüge, die aus zwei Wagen bestehen. Die Firmen Siemens und Stadler Pankow haben sich bereits zu einem Konsortium zusammengeschlossen, um dem künftigen Betreiber der ausgeschriebenen Strecken ein gemeinsames Angebot über die Lieferung, Wartung und Instandhaltung von neuen Zügen zu machen. Auch der japanische Hersteller Hitachi hat Interesse an dem Auftrag geäußert. Von der für den Nahverkehr zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab es zum drohenden Rechtsstreit mit der S-Bahn-Führung am Donnerstag keine Erklärung.

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