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Berlin: Besenreine Nummer

Mit ihrem Programm „Power! Percussion“ schrubben fünf Musiker von heute an die Bühne im Tipi-Zelt

Die Idee mit der Wette entstand irgendwann in einer Halle. Musiker auf Tour verbringen viel Zeit damit, in öden Bahnhofshallen und Flughäfen zu warten. In dieser Halle also stand ein Besen, den sich Jürgen Weishaupt griff und zum Zeitvertreib begann, rhythmisch zu schrubben, die Bandkollegen sollten über den Rhythmus den Song erraten. Das Spiel entwickelte sich zum beliebten Zeitvertreib der Musiker. Irgendwann schickte die Managerin eine Bewerbung ans ZDF zu „Wetten, dass..?“. Bei Thomas Gottschalk musste Jürgen Weishaupt Beatles-Melodien erraten, die seine Kollegen mit ihren Besen auf den Boden schrubbten. Er gewann die Wette und wurde Wettkönig.

Von heute an ist „Power! Percussion“ drei Wochen lang im Tipi-Zelt am Kanzleramt zu Gast. Und Besen sind nicht die einzigen skurrilen Instrumente, mit denen das fünfköpfige Ensemble sein Publikum begeistert. Die Mitglieder, allesamt Münchner, haben als Schlagzeuger bei Bands, an der Oper, bei Musicals angefangen. Sie haben schon mit Künstlern wie Tom Jones, Duran Duran, Kent Nagano und Udo Jürgens gespielt. „Als Schlagzeuger ist man immer im Hintergrund, kann sehr gut beobachten, wie ein Frontmann mit seinem Publikum umgeht. Da konnten wir alle wahnsinnig viel lernen – wie man es richtig macht, und was man besser sein lässt“, sagt Weishaupt. Schlimm sei es immer gewesen, wenn ein Frontmann übermotiviert und krampfhaft sein Publikum anfeuerte, ohne zu realisieren, dass er damit nervt.“ Vor vier Jahren entschlossen sich die Musiker, mit einem abendfüllenden Programm selbst nach vorne auf die Bühne zu gehen.

Alle Mitglieder der Gruppe haben Schlagzeug studiert, Weishaupt an der Jazzakademie in Bern, andere haben klassisch an der Musikhochschule München gelernt. Mit ihren Stücken wollen sie bewusst die E-Musik mit der U-Musik vermischen. Die Auftritte sind mehr Show als Konzert, und doch ist es ihnen gelungenen, Klassikliebhaber für sich einzunehmen. Vor kurzem ist „Power! Percussion“ in der Münchner Philharmonie aufgetreten.

Die Shows haben eine ähnliche Dynamik wie Pop- und Rockkonzerte. Die langsamen Balladen, das sind bei „Power! Percussion“ die Stücke, die ganz sanft klingen, die nur aus „Body Percussion“ bestehen. Das heißt, die Klänge werden nur durch Fingerschnippen und rhythmische Schlagen auf die Schenkel erzeugt. Die schnellen, kraftvollen Stücke bestehen aus ekstatischen Rhythmen, die mal mit klassischen Pauken, mal mit Aluleitern und amerikanischen Mülltonnen erzeugt werden. Hannes Eitner spielt auf dem Cajón, einem alten peruanischen Instrument, das ursprünglich aus Tabakkisten gebaut wurde. Eitner spielt aber auch auf Abflussrohren. Die haben einen „wunderbar bassigen Klang“, schwärmt er. Alexander Glöckler hat eine Erklärung, warum sich das Publikum von Percussion so begeistern lässt: „Rhythmus liegt allen Leuten im Blut, jedes Herz schlägt. Ich glaube, es ist dieses Archaische, das die Leute am Trommeln fasziniert. Power-Blockflöte würde sicher nicht funktionieren.“

Die Musiker sind immer auf der Suche nach neuen Instrumenten. Auch im Frühstücksraum ihres Berliner Hotels. Da blickt Jürgen Weishaupt fasziniert an die Decke, von der ein Kronleuchter mit tausenden kleinen Glasplättchen baumelt. Und überlegt schon mal, welche Klänge er damit wohl erzeugen könnte.

Power! Percussion bis 18. August täglich außer Montag im Tipi-Zelt, Kartenbestellungen unter der Telefonnummer (0180) 327 93 58 (9 Cent je Minute) per Fax: (030) 39 83 84 36 per E-Mail an die Adresse karten@tipi-das-zelt.de, www.powerpercussion.de

Lisa Zimmermann

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