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Berlin: Bestens aufgehoben

Wie aus einer Sammlung alter Filmplakate eine kleine Firma wurde

Der Unterschied zwischen „Rio Bravo“ und „El Dorado“? Westernfeinde sehen vielleicht keinen, Experten wie John Travolta in „Schnappt Shorty“ aber schon. Gewiss, so belehrt er in dem Berlinale-Film von 1996 einen Ignoranten, beide Male ein Howard-Hawks-Streifen, der erste von 1959, der zweite von 1966, und in beiden ist John Wayne das, was er immer ist: John Wayne. Aber in „Rio Bravo“ spielt Dean Martin seinen versoffenen Kumpel, später ist es Robert Mitchum.

Welche Version zieht Klaus Hilwig vor? Der 40-Jährige, Händler alter Uhren und vor allem passionierter Sammler historischer Kinoplakate, muss nicht lange nachdenken: „Rio Bravo“, denn das ist das Original, und vor allem spielt darin sein Idol Dean Martin mit. Selbstverständlich hat er auch das deutsche Originalplakat in seiner Sammlung. Es war sein erstes, Ende der 70er noch vor dem Abitur von einem Münchner Sammler erworben.

Sechs alte Plakate standen im Mittelpunkt der Tagesspiegel-Serie „Klassiker der Berlinale“, die an diesem Wochenende mit der Vorführung im Cinestar am Potsdamer Platz zu Ende geht. Zwei der auf Doppelseiten nachgedruckten Plakate stammten aus der Sammlung von Klaus Hilwig: „Rebecca“ von 1951 und „Lohn der Angst“ von 1953. Angefangen hatte er mit Schallplatten, besonders Dean-Martin-Scheiben, Autogramme kamen dazu, und dann war es nur noch ein kurzer Weg zu Plakaten. Einige hundert hat er heute, konzentriert auf die 40er, 50er und 60er Jahre, auf die große Zeit der Plakatmalerei. Ohnehin spricht Hilwig, eindeutig ein Begeisterter, lieber von Grafiken, weiß auch gleich von einzelnen Künstlern zu erzählen, die er teilweise noch kennen gelernt hat, zum Wohle seiner Sammlung.

Ernst Litter beispielsweise, Grafiker des „Rebecca“-Plakats, wurde 1918 in Berlin geboren, lernte Anfang der 30er Jahre hier Drucker, besuchte die Kunstgewerbeschule, arbeitete später in München für unterschiedliche Filmverleihfirmen. Damals ein einträgliches Geschäft, Litter leistete sich einen Porsche. Hilwigs Lieblingsgrafiker aber heißt Hans-Otto Wendt, auch er aus Berlin. Von ihm stammt eines der teuersten Stücke der Hilwig-Sammlung: „Casablanca“.

Ein billiges Vergnügen ist diese Leidenschaft ohnehin nicht, schon weil es immer um Raritäten geht. Plakate waren ein Massenwerbemittel, aber die Verleihfirmen sammelten sie nach der Kinoauswertung des Films wieder sorgfältig ein und übergaben sie zuletzt dem Reißwolf, erzählt Hilwig. Schön, wenn dann einer wie Wendt sich ein Privatarchiv seiner Arbeiten zusammengestellt hatte.

Für einen Sammler mit überquellenden Regalen ist der Gedanke nahe liegend, ob sich die Leidenschaft nicht auch als Beruf eigne. In den Hackeschen Höfen beispielsweise wurde Anfang 2004 von dem Sammler Helmut Hamm der Laden „Filmposter.Net“ eröffnet, der unlängst in die Kreuzberger Pücklerstraße 21 gewechselt ist. Auch Klaus Hilwig hat professionelle Pläne: Zunächst hatte er Jahreskalender drucken lassen und im Bekanntenkreis zum Selbstkostenpreis verkauft. Anfang der 90er folgte im Selbstverlag „444 Filmplakate“, nahezu vergriffen, an eine Neuauflage ist gedacht. Und neuerdings hat Hilwig zusammen mit Sieglinde Dehr auch eine Firma gegründet, um Plakatmotive zu vermarkten, als Puzzle beispielsweise, auf Tellern, Tassen oder – soeben bei einer Modemesse vorgestellt – als Taschenkollektion. So kann der Filmfreund wohl bald schon bei Tiffany in der Fifth Avenue mit passender Tasche shoppen gehen: Mit dem Modell „Frühstück bei Tiffany“ ist Audrey Hepburn immer dabei.

Kontakt zu Klaus Hilwig ist über www.cine-art-reproduction.de möglich. Näheres zum Filmplakatladen von Helmut Hamm unter www.filmposter.net

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