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Unschönes Provisorium: Ein unterirdisches Besucherzentrum kommt nicht. Stattdessen bleiben die im Herbst 2010 aufgestellten Container.

© Paul Zinken

Besucherzentrum: Durch einen Tunnel in den Bundestag

Wer zum Reichstag will, muss durch Container: Dieses Provisorium soll nun abgeschafft und durch einen Tunnel ersetzt werden. Ein internationaler Wettbewerb soll Entwürfe bringen.

Schlange stehen hat in Berlin eine gewisse Tradition. Nicht anders ist das tagein, tagaus vor einem weißen Container an der Scheidemannstraße, weil es dort Tickets für den Aufstieg auf die Reichstagskuppel gibt. Seit Jahren gibt es das Provisorium nun schon und weitere Jahre wird es Berlin erhalten bleiben – obwohl der Ältestenrat des Bundestages den Bau des Besucherzentrums vorantreibt.

Das hat sich auch unter den studentischen Hilfskräften mit den hellblauen Jacken und dem Bundestagsausweis herumgesprochen: dass an der Stelle des würfelförmigen Souvenirshops nach neuesten Ideen ein „Besucher- und Informationszentrum“ für 150 Millionen Euro entstehen könnte – statt wie bisher für 300 Millionen Euro. Schade um den Job sei es, sagt die Studentin, schwarze Ray-Ban-Sonnenbrille und dunkle Locken, die um ihr Einkommen fürchtet. Verstehen tut sie’s aber schon: Ein Neubau sei eben „ästhetischer“ als die Ansammlung von Containern – und schon hat sie sich einer Dame zugewandt, der sie in bestem Spanisch die Stationen auf dem Weg zur Kuppel erklärt.

Routine herrscht dieser Tage vor dem Reichstag bei der Abwicklung des Besucherverkehrs, das Provisorium hat sich bewährt: Vor dem Paul-Wallot-Bau stehen sechs Container in vier Reihen, schwarze Security-Hünen davor und blau gekleidete Studenten auch dort. Keine Vorfälle, „die provisorischen Sicherheitsvorkehrungen haben sich bewährt“, heißt es. Zugang hat hier ohnehin nur, wer seinen Fahrschein auf der anderen Fahrbahnseite schon gelöst hat. Schön ist der Budenzauber vor dem ehrwürdigen Parlamentsbau aber nicht, und deshalb soll er ja auch verschwinden. Ursprünglich sollte ein Besucherzentrum unter der Erde ihn ersetzen, nun soll nur ein Tunnel unter der Erde entstehen.

Wettbewerb noch in dieser Legislaturperiode

So jedenfalls eine Alternative, die das Bundesamt für Raumordnung entwickelt hat. Das soll wieder Bewegung in ein Projekt bringen, das bereits der frühere Bauminister Peter Ramsauer (CSU) wegen der hohen Kosten und Risiken gestoppt hatte. Befürworter gibt es für den neuen Anlauf im Ältestenrat, nun soll sich der Bauausschuss des Bundesrates mit der Idee befassen. Das Ergebnis dieser Beratungen müsste das Parlament zur Kenntnis nehmen. Und falls es dort Mehrheiten findet, könnte ein internationaler Wettbewerb für Teams von Architekten und Landschaftsplaner ausgelobt werden, die aus der Idee Entwürfe, Bilder und einen Kostenrahmen hervorbringen werden.

Deshalb sind die Zahlen, die aus Reihen des Ältestenrats durchgesickert sind, vom Wünschbaren getragen: 6000 Quadratmeter Platz im Besucherzentrum, eine Bausumme von 100 Millionen Euro sowie weitere 50 Millionen für den 120 Meter langen Tunnel zwischen Zentrum und Freitreppe am Reichstag. Von „ersten groben Schätzungen“ spricht deshalb ein Sprecher des Bundesbauministeriums. Belastbare Zahlen werde es frühestens geben, wenn der Wettbewerb entschieden ist.

International soll der sein, weil dieses „politisch und architektonisch hoch bedeutsam“ ist – allein schon wegen der Nähe zum Reichstag und außerdem, weil es in den Tiergarten eingebettet ist, der ebenfalls als (landschaftliches) Denkmal unter Schutz steht. Aber der Wille ist da, das Provisorium nicht zum Dauerzustand zu machen: Noch in dieser Legislaturperiode soll der Wettbewerb kommen – und die endet im Jahr 2017.

Die Kuppel ist für Angemeldete täglich von 8 bis 24 Uhr geöffnet, letzter Einlass ist um 22 Uhr. Vom 20. bis 24. Oktober ist die Kuppel aber geschlossen – die Dachterrasse bleibt hingegen geöffnet.

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