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Leichtbau. Um die vielen Flüchtlinge unterzubringen, entstehen oft provisorische Bauten. Und weil es schnell gehen musste, schauten Behörden nicht immer ganz genau hin.

© dpa

Betreiber von Berliner Flüchtlingsheimen wehrt sich: "Betrügerische Abrechnungen sind gar nicht möglich"

Pewobe-Chef Helmuth Penz wird in der Affäre um überteuerte Flüchtlingsheime beschuldigt. Nun wehrt er sich - und zahlt nur unter Vorbehalt Geld zurück. Die Affäre ist längst nicht vorbei.

Die den Senat seit Monaten belastende Lageso-Affäre dürfte auch nach der Sommerpause nicht ausgestanden sein. Einer der ins Visier geratenen Unternehmer will die von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) geforderten 163 000 Euro nur unter Vorbehalt zurückzahlen. „Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen“, sagte Pewobe-Chef Helmuth Penz dem Tagesspiegel. „Ich bin seit 27 Jahren ein seriöser Vertragspartner des Landes. Bis zur endgültigen Klärung zahlen wir nur unter Vorbehalt.“ Er gehe davon aus, rechtmäßig gehandelt zu haben.

Auslöser der Affäre ist die fragwürdige Vergabe von Aufträgen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) an die Pewobe und die Gierso. Die Firmen betreiben Flüchtlingsheime und sollen Personal abgerechnet haben, das nicht vorhanden gewesen sei. Das Lageso bezahlt alle Heimbetreiber über Tagessätze. Diese Sätze gibt es pro Tag und Flüchtling als feste Pauschalen – in ihnen sind Kosten für Mitarbeiter, Strom, Essen und Umbauten zusammengefasst.

„Betrügerische Abrechnungen sind dabei gar nicht möglich“, sagte Penz dem Tagesspiegel. „Richtig ist allerdings, dass der Tagessatz keine Schwankungen bei den Kosten abbilden kann, wie sie beim Personal aber durch Krankheit, Kündigungen oder Neueinstellungen auftreten.“ Man habe dem Lageso vorgeschlagen, jede Woche den Personaleinsatz abzugleichen und die Tagessätze entsprechend der Kosten anzupassen. Wenn ein einzelner Posten, wie das Personal, „willkürlich herausgegriffen“ werde, könne nur ein falscher Eindruck entstehen.

Nachdem Flüchtlingsunterstützer den Heimbetreibern im Herbst 2014 schwere Vorwürfe machten, hatte Senator Czaja externe Wirtschaftsprüfer beauftragt, die von Pewobe und Gierso sowie sechs gemeinnützigen Vereinen betriebenen Heime zu überprüfen. Das Ergebnis: Zu allen Anbietern wurden im Lageso die Akten lückenhaft geführt, einige Verträge fehlten, Abrechnungen waren überhöht. Für Korruption habe es aber keine Anhaltspunkte gegeben, nur für Chaos.

Senator Czaja entzog Lageso-Chef Allert die Verantwortung für Flüchtlingsheime. Die Piraten hatten im Abgeordnetenhaus zuvor einen Untersuchungsausschuss gefordert. Linke und Grüne – und damit die Mehrheit der Opposition – waren dagegen, obwohl trotz Prüfung nicht klar ist, wie viel Steuergeld durch die fragwürdige Auftragsvergabe insgesamt verloren gegangen ist.

Seit Monaten aber wird im Sozialausschuss des Abgeordnetenhauses über die Affäre gesprochen. Pewobe-Chef Penz teilte mit: „Ich würde mich sofort dem Sozialausschuss zur Verfügung stellen.“ Das stößt in der Politik aber auf Ablehnung. Fabio Reinhardt, Flüchtlingsexperte der Piraten, sagte: Dadurch ergäbe sich mit Blick auf die nötige Aufklärung kein Mehrwert, schon weil Penz nur in einem Untersuchungsausschuss unter Eid stünde. Auch Wolfgang Albers (Linke), Vorsitzender des Sozialausschusses, erklärte: Die Vorwürfe richteten sich zunächst gegen die Behörden, die versagt hätten. Das Parlament sei keine Bühne für Gezänk zwischen Unternehmern und Ämtern.

Um den Geschäftsmann gab es schon früher Gerede

Schon in den 90ern geriet Bauunternehmer Penz, der nach eigenen Angaben an rund 30 Firmen beteiligt ist, ins Visier von Behörden und Journalisten. So hatte er nach der Wende umstrittene Geschäfte in Ostdeutschland gemacht. „Unterschwellig wird mir unterstellt, ich würde betrügen“, sagte Penz nun. „Ich mache aber nichts Ungesetzliches. Ich bin Geschäftsmann.“

Auch im Zuge der Lageso-Affäre sind ihm undurchsichtige Grundstücksdeals in Neukölln und Spandau vorgeworfen worden. So habe er unzulässige Extraprofite mit einem Heim in der Haarlemer Straße in Neukölln machen wollen: Die Kosten dort waren beim Bau von zunächst 5,5 Millionen Euro auf acht Millionen Euro gestiegen – während der Senat wegen der steigenden Flüchtlingszahlen dringend Häuser suchte. „Auch da habe ich sofort eine Antwort“, sagte Penz. „Das Bezirksamt wollte das Heim weiter von der Straße weg – nachdem wir mit dem Fundament begonnen hatten. Deshalb verzögerte sich alles und wir rutschten in den teuren Winterbau. Ferner musste der Erdboden ausgetauscht werden.“ Dies habe ein Gutachten ergeben.

Doch in der Lageso-Affäre ist längst nicht alles ausgewertet. Die Senatsverwaltung lässt weitere Vorgänge rund um die Heimbetreiber prüfen, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugsverdachts, und auch das Disziplinarverfahren gegen Lageso-Chef Allert läuft noch.

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