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Laura Reznek beim Sofakonzert im Fotostudio Gezett, Bayerisches Viertel, Berlin, Wilmersdorf.

© Gezett

Sofakonzert mit Laura Reznek: Babelsberger Straße unplugged

Mit Handschlag begrüßt, mit Umarmung verabschiedet: Die Sofakonzerte im Fotoatelier von Gerald Zörner haben besonderen Charme. Nun war die kanadische Folksängerin Laura Reznek zu Gast.

Das Wochenende ist fast vorbei, der Stadtpark Schöneberg leert sich, doch bei Gezett gibt’s noch Musik und das erste Bier ist frei. Die Babelsberger Straße 41, zweiter Hof, dritter Stock: werktags ein solides Fotoatelier, sonntags ein unprätentiöser Konzertsaal. Jedenfalls sieben Mal im Jahr.

Sofakonzerte gibt es eben nicht nur in Neukölln und Kreuzberg, sondern auch hier, am Wilmersdorfer Rand des Bayerischen Viertels, in dem die Salonkultur blüht, mit und ohne Musik. Das Publikum ist erfreulich gemischt, junge und ältere Leute, manche aus der Nachbarschaft, andere aus Köpenick angereist, zwei Amerikaner, eine Inderin, zwei Russinnen. Hier ein rotgefärbter Zwirbelbart, dort ein grünes Haupthaar, ansonsten schlägt der Hipsterdetektor nicht aus. Man unterhält sich, durch das geöffnete Fenster ruft eine Nachtigall.

Auf den Spuren von Tori Amos

Fotograf Gerald Zörner ist ein aufmerksamer Gastgeber. Wer kommt, wird mit Handschlag begrüßt. Der Sängerin hat er einen Strauß weiße Rosen hingestellt, nach kurzer Begrüßung geht es los.

Laura Reznek kommt aus Vancouver, lebt zurzeit in London und macht eine kleine Tour durch Europa, vor ein paar Tagen Kiel, nächste Woche Paris, jetzt aber: Berlin. Sie ist jung, Mitte zwanzig, könnte eine der erfreulich vielen Nachfolgerinnen von Tori Amos sein, die seit einigen Jahren sophisticated Folk spielen und singen.

Musikalische Momentaufnahmen

An diesem Abend very unplugged – ohne Mikro, ohne Verstärker. Zimmerlautstärke. Sie braucht ein paar Songs am Klavier, bis sie warm wird, das Publikum seinerseits auch. Dann werden die Lieder rhythmischer, die Stimme traut sich was, sie greift fester in die Tasten. Auch die Texte werden bissiger: „I have a daughter. How I hate her...“ Sie singt Liebeslieder, Trennungslieder, eine Serie von „ghost songs“, Momentaufnahmen, Alltagskomik. Die große Emotion ist ihre Sache nicht. Auch ihre Performance ist zurückgenommen, auf die Songs konzentriert. Manchmal fragt sie ins Publikum, ob sie noch weiter singen soll. Aber ja doch, nicken die Leute, die aufmerksam zuhören. Johlen und Pfiffe hört man hier nicht, doch nach jedem Song einen starken, dankbaren Applaus. Und dann geht noch der Hut rum.

Die Sängerin steht danach mit ihrem Publikum im Atelier, unterhält sich, lacht, erzählt. Ein Jazzfotograf ist gekommen, Detlev Schilke, seit 30 Jahren fotografiert er Konzerte. Zurzeit läuft eine Ausstellung seiner Jazzbilder in der Köpenicker Galerie Grünstraße. Müssen wir auch mal vorbeigehen.

Ins Atelier der Babelsberger Straße 41, zweiter Hinterhof, dritter Stock, kommen wir gewiss wieder. Schöner Sonntagabend. Umso schöner, wenn die Sängerin ihre Gäste mit einer Umarmung verabschiedet.

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