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Eingerüstet und leer. Der einst berühmte Gloria Palast führt momentan ein Schattendasein.

© Cay Dobberke

Berlin-Charlottenburg: Ämter gegen Abriss des Gloria Palasts

Das Bezirks- und das Landesdenkmalamt stufen das frühere Kino Gloria Palast am Ku'damm als wichtiges Denkmal ein. Investoren planen einen Neubau – sind aber gesprächsbereit.

Ist die eingerüstete Fassade des denkmalgeschützten Ex-Kinos Gloria Palast am Kurfürstendamm wirklich so marode, dass nur noch der Abriss infrage kommt? Dazu gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ämtern und zwei Investoren, die ein neues Geschäftshaus bauen wollen.

Soeben hat sich Landeskonservator Jörg Haspel mit dem Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD) getroffen. Danach teilte die Stadtentwicklungsverwaltung auf Anfrage mit: „Das Landesdenkmalamt geht davon aus, dass die vorliegenden Gutachten den von Investorenseite beabsichtigten Abriss eines Baudenkmals nicht zwingend erfordern.“ Haspel habe sich „mit dem Bezirk darauf verständigt, Möglichkeiten für denkmalverträgliche Alternativen auszuloten und diese dann mit dem Bauherren zu erörtern“.

Schulte sagte, er sei sich mit dem Landeskonservator einig darin, dass der Gloria Palast ein „wichtiges Denkmal“ sei. Man strebe eine denkmalgerechte Sanierung an, aber „das wird kein einfacher Weg sein“.

Investoren erwarben auch zwei Nachbarhäuser

Das ehemalige Kino am Ku'damm 12 hatte im Sommer 2015 den Eigentümer gewechselt. Unter dem Namen „Gloria Galerie“ kauften die Firmen Centrum Holding (Düsseldorf) und RFR Holding (Frankfurt am Main) auch zwei Nachbargebäude: das neuere Wohn- und Geschäftshaus am Ku'damm 13/14 mit der Schuhhandlung Görtz sowie den Gründerzeitbau am Ku'damm 15, der ein Baudenkmal ist und unten McDonald's beherbergt.

Der Centrum Holding gehört in der City West bereits das Gebäude des Sportkaufhauses Adidas an der Tauentzienstraße. RFR ist sogar schon direkt neben dem Gloria Palast aktiv: 2014 erwarb die Firma das Hochhaus „Upper West“ am Breitscheidplatz von der Strabag Real Estate. Für den 118-Meter-Turm wurde gerade das Richtfest gefeiert.

Gutachten legen Abriss nahe

Anfang dieses Jahres beantragten die Investoren den Abriss des Gloria Palasts und legten ein von ihnen beauftragtes Gutachten vor. Die Fassade sei nicht mehr standfest und eine Reparatur unmöglich, hieß es. Das Landesdenkmalamt ließ ein zweites Gutachten erstellen. Dieses liegt nun vor und kommt dem Vernehmen nach zu einem ähnlichen Ergebnis.

Allerdings basiere die Untersuchung „zum Teil auf Prämissen aus dem ersten Gutachten“, sagt Stadtrat Schulte. Deshalb seien „Nachbegutachtungen“ geplant.

Der Projektleiter der Investoren, Volker Poier, bekräftigte gegenüber dem Tagesspiegel die Einschätzung, dass „das Gebäude in seiner Substanz bautechnisch nicht mehr zu halten ist“. Man wolle mit den Behörden „in einen vertiefenden Fachdialog eintreten“. Poier zeigte sich „sehr zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden“.

Doch keine Aufstockung um zwei Etagen?

Überraschend bestritt der Projektleiter, dass der Neubau höher als der Gloria Palast werden soll. Dagegen hatte Stadtplanungsamtsleiter Rainer Latour im BVV-Stadtentwicklungsausschuss mitgeteilt, ihm sei „in einer kurzen Powerpoint-Präsentation“ ein Geschäftshaus mit acht statt bisher sechs Etagen vorgestellt worden.

Auch das Nachbarhaus mit der Schuhhandlung Görtz und Wohnungen wollen die Investoren abreißen.
Auch das Nachbarhaus mit der Schuhhandlung Görtz und Wohnungen wollen die Investoren abreißen.

© Cay Dobberke

Gerüchte über ein Einkaufszentrum

Die Zukunft des Gloria Palasts wird Auswirkungen auf die zwei Nachbarhäuser haben. Es kursieren Gerüchte, wonach alle drei Adressen zu einer Art Shoppingcenter werden sollen – ein kleineres Pendant zum Einkaufszentrum „Mall of Ku'damm“, das andere Investoren gegenüber auf dem Karstadt-Gelände planen. Dazu äußert sich die Centrum Holding nicht.

Über „Görtz“ wollen nicht alle Wohnungsmieter ausziehen

Bestätigt wird aber, dass man auch das Gebäude am Ku'damm 13/14 abreißen will. Görtz schließt zum Jahresende. In den oberen Etagen sind einige Wohnungsmieter ausgezogen, andere wollen aber bleiben. Nach dem Mietrecht kann ihnen nicht einfach gekündigt werden, um ein Geschäftshaus zu bauen. Das sieht auch die Centrum Holding so. Man suche eine Einigung, heißt es.

Neue Läden im Gründerzeithaus geplant

In den geschützten Altbau am Ku'damm 15 sollen neue Geschäfte einziehen; mehrere kleine Läden haben geschlossen oder nur kurzfristige Verträge. Unklar ist, was aus dem McDonald's-Restaurant wird. Man verhandele noch mit dem Vermieter, sagte McDonald's-Sprecherin Jennifer Gehrmann. Einst gab es an gleicher Stelle das berühmte Lokal „Mampes Gute Stube“. Daran erinnert neuerdings eine Ausstellung mit alten Fotos, Likörflaschen in Regalen und „Mampe“-Aufklebern mit Elefantenlogo an den Fenstern Die Idee stammt vom Franchisenehmer Oliver Mix, der sich für den prächtigen Altbau begeistert.

Alte Pracht: das Gründerzeithaus am Ku'damm 15.
Alte Pracht: das Gründerzeithaus am Ku'damm 15.

© Cay Dobberke

Gloria Palast komplett entmietet

Unterdessen steht der Gloria Palast nun ganz leer, nachdem der Modekette Benetton gekündigt worden war. In den oberen Etagen hatte vor vier Jahren das „Hotel Boulevard“ geschlossen.

Das Kino gibt es schon seit 1998 nicht mehr. Seine Geschichte reicht bis 1926 zurück, als der Gloria Palast im nahen „Romanischen Haus“ eröffnet hatte. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, 1953 folgte die Neueröffnung am Ku'damm 12. Auch die Berlinale gastierte dort.

Bisher äußert sich übrigens nur die Centrum Holding zu den Plänen, der Mitinvestor RFR schweigt. Beim „Upper West“-Richtfest weigerte sich ein führender RFR-Manager, mit dem Tagesspiegel über den Gloria Palast zu sprechen.

So blickt man aus dem Hochhaus „Upper West“ auf den Gloria Palast (vorne links) und die Nachbargebäude.
So blickt man aus dem Hochhaus „Upper West“ auf den Gloria Palast (vorne links) und die Nachbargebäude.

© Cay Dobberke

Denkmalschutz für das Hotel Kempinski?

Die Diskussion um Denkmalschutz ist kein Einzelfall im Bezirk. Für das bisher nicht geschützte Hotel Kempinski am Ku'damm, Ecke Fasanenstraße, hat der BVV-Stadtentwicklungsausschuss die Erhebung zum Baudenkmal gefordert, um eine eventuelle Neubebauung des Hotelgrundstücks zu verhindern. Die Entscheidung liegt nun beim Landesdenkmalamt.

Auch für die Autobahn-Überbauung an der Schlangenbader Straße strebt die BVV einen Denkmalschutz an.

Abriss eines Wohnhauses und der Kant-Garagen verhindert

Bereits im vorigen Herbst erklärte das Landesdenkmalamt das vom Architekten Gottfried Böhm gestaltete Wohnhaus an der Fasanenstraße 62 zum Baudenkmal und durchkreuzte so die Abrisspläne des Vermieters.

In einem anderen Fall plante der langjährige Eigentümer der geschützten Kant-Garagen an der Kantstraße den Abriss. Doch der Bezirk stellte sich dagegen. Inzwischen wurde die Hochgarage verkauft. Laut Stadtrat Schulte gibt es interessante Nutzungsideen der Erwerber. Noch dürfe er darüber aber nicht reden.

Wohnungsbau auf dem früheren Tennisplatz hinter der Schaubühne am Lehniner Platz lehnt die BVV ab, weil es sich um einen Teil des denkmalgeschützten „Woga-Komplexes“ des Architekten Erich Mendelsohn handelt.

Nicht jedes Baudenkmal bleibt stehen

Andererseits verlor die Deutschlandhalle am Messegelände ihren Denkmalschutz, heute steht dort das Tagungszentrum „City Cube“. Auch das formal geschützte Schimmelpfeng-Haus in der Kantstraße musste den Hochhäusern „Zoofenster“ und „Upper West“ weichen.

Ob das Internationale Congress Centrum (ICC) unter Denkmalschutz gestellt wird, ist wegen des Streits um Sanierungskosten und die künftige Nutzung nicht absehbar.

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