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Ende vorigen Jahres, als dieses Bild entstand, verließen alle Ämter das Rathaus Wilmersdorf. Ein Angestellter der Bezirkskasse bereicherte sich dabei offenbar.

© Cay Dobberke

Berlin-Wilmersdorf: Bezirksamts-Mitarbeiter soll 100.000 Euro gestohlen haben

Als das Rathaus Wilmersdorf geräumt wurde, verschwanden 100.000 Euro aus der Bezirkskasse. Ein Ex-Mitarbeiter wurde jetzt angeklagt. Die Geschichte eines erstaunlichen Kriminalfalls.

Um die Räumung des Rathauses Wilmersdorf gab es im vorigen Jahr viel Aufregung, es wurde über Ersatzstandorte für die Ämter und die Umzugskosten gestritten. Doch erst jetzt wird bekannt, dass im Dezember 2014 auch 100.000 Euro aus der Bezirkskasse im alten Rathaus am Fehrbelliner Platz gestohlen wurden. Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Berliner Staatsanwaltschaft soeben einen 45-jährigen Ex-Mitarbeiter der Bezirkskasse angeklagt. Außerdem soll er Falschgeld gedruckt haben.

Der Fall war bisher wegen der Ermittlungen nicht öffentlich bekannt, nur wenige Vertreter der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wurden vertraulich informiert. Inzwischen ist die Anklageschrift allerdings fertig und dem Beschuldigten zugestellt worden. Am Montag waren die Staatsanwaltschaft und Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) bereit, Fragen zu beantworten.

Demnach hatte der Verdächtige zusammen mit Kollegen die letzten Geldbündel aus dem Tresor im Rathaus Wilmersdorf genommen und einem Geldtransportunternehmen übergeben – aber eben nicht alle. Erst später fiel beim Einräumen im Rathaus Charlottenburg auf, dass etwas fehlte.

Zuerst richtete sich der Verdacht gegen die Sicherheitsfirma. Dann aber ergaben die Ermittlungen, dass der 45-Jährige offenbar ein Päckchen mit druckfrischen, in Folie eingeschweißten 100-Euro-Scheinen beiseite geschafft hatte. Wie genau ihm dies gelang, konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, noch nicht erläutern.

„Die unübersichtliche Situation ausgenutzt“

Der Beschäftigte habe seit Jahren „unauffällig“ gearbeitet und das Vertrauen der Kollegen genossen, sagt Bürgermeister Naumann. Deshalb „waren wir ziemlich konsterniert“. Ob der Mann besondere Motive wie Schulden hatte, sei unbekannt. Jedenfalls habe er „die unübersichtliche Situation ausgenutzt“. Mittlerweile seien „Verfahren präzisiert“ worden, um den Umgang mit Bargeld weiter abzusichern. Die 100 000 Euro habe das Bezirksamt aber bis heute nicht zurückerhalten.

Die Bezirkskasse im Rathaus Wilmersdorf zog ins Rathaus Charlottenburg um. Wie dieser Hinweiszettel zeigte, gibt es auch Kassenautomaten im Bürgeramt am Hohenzollerndamm.
Die Bezirkskasse im Rathaus Wilmersdorf zog ins Rathaus Charlottenburg um. Wie dieser Hinweiszettel zeigte, gibt es auch Kassenautomaten im Bürgeramt am Hohenzollerndamm.

© Cay Dobberke

Laut Staatsanwaltschaft stahl der Angeklagte im vorigen Mai außerdem zwei Dokumentendrucker im Wert von je knapp 1000 Euro aus dem Verwaltungsgebäude am Hohenzollerndamm 177, das neben dem ehemaligen Rathaus Wilmersdorf steht und unter anderem ein Bürgeramt beherbergt.

Darüber hinaus fand die Polizei bei dem Beschuldigten etwa 10 000 Euro, bei denen es sich um einen Teil der Beute handeln könnte, sowie 500 gefälschte 100-Euro-Scheine. Letztere habe der Mann mit Tintenstrahldruckern hergestellt, heißt es. Ob es sich dabei um die Geräte des Amts handelte, blieb unklar. Es gab zunächst auch keine Bestätigung für Gerüchte, der Mann habe die Scheine in seiner Kleingartenlaube gedruckt.

Keine Geldwäsche in der Bezirkskasse

Die Entdeckung des Falschgelds habe zu einem weiteren „Alarm“ geführt, sagt Bürgermeister Naumann. Denn damit stand die Frage im Raum, ob der Ex-Mitarbeiter die Bezirkskasse nutzte, um seine „Blüten“ gegen echte Scheine auszutauschen. Nach einer Untersuchung der Geldbestände, auch mit Hilfe externer Fachleute, könne man dies ausschließen.

In der City West gibt es eine rot-grüne BVV-Zählgemeinschaft, die CDU agiert in der Regel als Opposition. Die Christdemokraten wollen noch niemandem Versäumnisse vorwerfen, allerdings kündigte CDU-Fraktionschefin Susanne Klose an: „Wir erwarten vom Bezirksamt einen Bericht, wie es dazu kommen konnte.“

Manche Fragen wird wohl erst das Gerichtsverfahren klären. Merkwürdig scheint etwa, warum der Mitarbeiter beim Gelddiebstahl anscheinend nicht berücksichtigte, dass er schnell zu den Verdächtigen zählen würde.

Die Herstellung von 100-Euro-Scheinen per Tintenstrahldrucker macht ebenfalls keinen allzu durchdachten Eindruck. Diese Geräte können längst nicht alle Sicherheitsmerkmale echter Geldscheine nachbilden. Außerdem prüfen Händler und andere Geschäftsleute die 100-Euro-Noten meistens gründlicher als Scheine mit geringerem Wert.

Nachgeahmt werden vor allem Scheine im Wert von 20 und 50 Euro

Fälscher bringen überwiegend Scheine mit einem Nennwert von 20 Euro in Umlauf, gefolgt von 50-Euro-Noten. Die Deutsche Bundesbank zählte im ersten Halbjahr 2015 mehr als 50 000 „Blüten“ und damit etwa doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Seit Ende November gibt es einen neuen 20-Euro-Schein mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen.

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