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War vor allem bekannt für seinen jüdischen Witz und seine Kreativität: Der Theaterintendant Dan Lahav.

© Mike Wolff

Berlin-Wilmersdorf: Deutsch-jüdisches Theater trauert um seinen Gründer Dan Lahav

Überraschend ist der Intendant des „Theaters Größenwahn“, Dan Lahav, im Alter von 70 Jahren verstorben. Die deutsch-jüdische Bühne an der Meinekestraße soll trotzdem fortbestehen.

Zum Spielplan im deutsch-jüdischen „Theater Größenwahn“ gehören viele Kabarettstücke, aktuell zum Beispiel Werke von Ephraim Kishon und Kurt Tucholsky, dazu Songs von Friedrich Hollaender. Kein Wunder – war doch der Gründer Dan Lahav für seinen jüdischen Witz bekannt. Derzeit aber ist in der Bühne an der Meinekestraße in Wilmersdorf niemandem zum Lachen zumute: Wie gerade bekannt wurde, ist Dan Lahav nach einer kurzen, schweren Krankheit im Alter von 70 Jahren verstorben.

Im Jahr 2001 hatte er „Bimah“ (hebräisch für „Bühne“) ins Leben gerufen. Es war das erste deutsch-jüdische Theater in Berlin seit dem Holocaust. „Der Wunsch, die jüdische Kultur lebendig zu halten, war seine Triebfeder“, sagt Theatersprecherin Bettina Exner. Zuerst gastierte Bimah am Hohenzollerndamm im Theater Coupé des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf. Später ging es unter anderem in Neukölln weiter. 2015 fand Lahav die Räume an der Meinekestraße 24 nahe dem Kurfürstendamm und benannte seine Bühne um in „Theater Größenwahn“ – eine Hommage an den einstigen Künstlertreff Café des Westens am Ku’damm, Spitzname: „Café Größenwahn“.

Viele Verwandte wurden in Auschwitz umgebracht

Die Familie des Theaterchefs hieß ursprünglich „Feuer“ (hebräisch: „Lahav“) und hatte ihre Wurzeln in Hamburg und Lübeck. Seine Mutter Jeanette Feuer war eine bekannte Sportlerin, 1930 gewann sie den 100-Meter-Lauf der „Gaumeisterschaft“ in Hamburg. Das rettete ihr später wohl das Leben. Denn während andere Familienmitglieder 1933 vor der Judenverfolgung nach Belgien flohen, wollte sie in Hamburg bleiben. Dann aber riet ihr ein sportbegeisterter Beamter dringend, das Land zu verlassen. Jeanette Feuer schaffte es nach Palästina. Dagegen wurden ihre Verwandten aus Belgien ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet.

Als 35-Jähriger zog Lahav aus Israel nach Berlin

1946 kam Dan Lahav in Israel zur Welt. Mit der deutschen Kultur und Sprache machte ihn nicht zuletzt seine Großmutter – eine frühere Opernsängerin – bekannt. Schon als Kind „kannte er sämtliche Arien der bedeutendsten Opern auswendig“, heißt es im Nachruf seines Theaters. Später war Lahav als Schauspieler und Regisseur für israelische und deutsche Bühnen tätig. 1981 siedelte er mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen nach Berlin über, leitete hier drei Jahre lang die Jüdischen Kulturtage und gründete auch einen literarischen Salon.

Für Toleranz zwischen den Religionen

Seine Kollegen nennen Lahav einen „leidenschaftlichen Theatermacher, Querdenker und Verfechter für ein tolerantes Miteinander verschiedener Religionen“. Im vorigen Jahr brachte er christliche, jüdische und muslimische Jugendliche im Stück „Shalom, Salam – wohin?“ zusammen auf die Bühne. Es ging um Antisemitismus, aber auch um Pegida und den Hass auf Muslime. Zuletzt wollte er das Stück „Der Dibbuk“ von Salomon An-Ski in die Neuzeit übertragen, Handlungsort sollte ein Flüchtlingslager in Griechenland werden. Das Ensemble will es auch ohne den Chef auf die Bühne bringen. Sprecherin Bettina Exner betont, die Spielstätte werde fortgeführt – nur ein Nachfolger stehe noch nicht fest.

Beigesetzt wird Dan Lahav am Dienstag um 13.30 Uhr auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee (Treffpunkt ist in der Wartehalle rechts vom Eingang).

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