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So könnte die U1 bis zum Westkreuz verlängert werden - mit relativ wenig Aufwand.

© Tsp/Schilli

Update

Nahverkehr in Berlin: BVG will U1 bis Westkreuz verlängern

Die Verlängerung der U-Bahnlinie 1 bis zum Westkreuz ist nicht finanzierbar, sagte eine BVG-Sprecherin - aber bis zum Adenauerplatz.

BVG-Sprecherin Petra Reetz hat eine Verlängerung der U-Bahnlinie 1 bis Westkreuz als nicht finanzierbar bezeichnet. "Westkreuz bleibt Utopie bis Berlin den Welt-Jackpot gewinnt“, sagte BVG-Sprecherin Reetz am Montag.

Eine Verlängerung nach Adenauerplatz sei dagegen „wünschenswert und ökonomisch darstellbar“. Eine U1 "von Adenauerplatz bis Ostkreuz" würde „große Fahrgastgewinne“ bringen, sagte Reetz, für die BVG habe dies Priorität. Die BVG-interne Idee, die U1 im Westen über Adenauerplatz bis Westkreuz zu verlängern, hatte der Tagesspiegel am Montag veröffentlicht. Verwundert über die harsche offizielle Stellungnahme der BVG zeigten sich Planer des Unternehmens. Alle verkehrlich sinnvollen Ideen unter Verweis auf die leeren Berliner Kassen abzubügeln sei nicht hilfreich. Andere Städte in der Welt investieren weit mehr in den Nahverkehr, so die Kritik.

Die BVG baut an, oberirdisch und unterirdisch. So wollen die Verkehrsbetriebe nicht nur zum Ostkreuz eine U-Bahn bauen, sondern auch zum Westkreuz. Dies erfuhr der Tagesspiegel aus BVG-Kreisen. Die Kosten für diese Netzerweiterung wären überschaubar, die Grobkalkulation liegt bei 120 Millionen Euro. Die gleiche Summe – allerdings bereits genauer kalkuliert – soll die Verlängerung der U1 von Warschauer Straße bis zum Bahnhof Ostkreuz kosten.

Eine Verlängerung nach Westkreuz mit drei neuen Bahnhöfen hat nach BVG-Angaben viele Vorteile. So werde endlich der Kiez zwischen Kurfürstendamm und der S-Bahn-Trasse mit der neuen Station „Kracauerplatz“ (der bis 2010 Holtzendorffplatz hieß) an den Nahverkehr angebunden. Die beiden anderen neuen Stationen bilden gute Umsteigemöglichkeiten, am Adenauerplatz zur wichtigen Linie 7 und am Westkreuz zu zahlreichen S-Bahn-Linien. „Endlich kommt man von Spandau oder Potsdam ganz leicht zum Ku’damm“, sagte ein BVG-Planer.

Technisch ist das Projekt viel einfacher als die Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 in der Stadtmitte, die etwa 500 Millionen Euro kostet, für gut zwei Kilometer. In Mitte muss zum Beispiel Unter den Linden Ecke Friedrichstraße eine komplett neue Umsteigestation zur U6 gebaut werden, die Kreuzung war mehr als ein Jahr oberirdisch gesperrt. Dieses Chaos droht in der City West nicht. Denn der Kreuzungsbahnhof Adenauerplatz ist zum Beispiel fast fertig. Beim Bau der 1978 eröffneten U7-Station ist der Bahnsteig für die Ku’damm-Linie im Rohbau fertiggestellt worden, der Tunnel unter den Gleisen der U7 und dem parallel verlaufenden Straßentunnel ist etwa 100 Meter lang. Und auch hinter der bisherigen Endstation Uhlandstraße sind einige hundert Meter Tunnel fertig, er reicht etwa bis zur Knesebeckstraße. Letztlich ist diese Verlängerung seit 100 Jahren geplant, bei der Eröffnung der Untergrundbahn bis Uhlandstraße war den Charlottenburgern eine baldige Verlängerung versprochen worden.

Weiter fortgeschritten sind die Planungen für eine Verlängerung der U1 bis zum Ostkreuz.
Weiter fortgeschritten sind die Planungen für eine Verlängerung der U1 bis zum Ostkreuz.

© Tsp/Schilli

„Wir reagieren nur auf die wachsende Stadt“, sagte ein Planer der BVG. Neidisch wird bei den Verkehrsbetrieben auf andere Städte geschaut, die wesentlich intensiver in den Nahverkehr investieren. Wien (halb so groß wie Berlin) hat erst seit 1978 eine U-Bahn. Doch mittlerweile fahren in der Wiener U-Bahn mit 570 Millionen mehr Menschen als in Berlin (493 Millionen). Auf dem knapp 80 Kilometer langen Netz rollen die Züge teilweise im 2-Minuten-Takt. In Berlin kommt die Bahn im besten Fall alle vier Minuten. Paris investierte große Summen, um den Takt der Metro von bislang 90 Sekunden auf nun 80 Sekunden verkürzen zu können – davon träumen die Planer der BVG nur. Zuletzt sank die Attraktivität der U-Bahn sogar, denn 2012 wurden 14 Millionen Fahrgäste mehr transportiert als 2013. Der 2009 eröffnete U-55-Stummel zum Hauptbahnhof ist praktisch die einzige Erweiterung des Netzes in den vergangenen 15 Jahren: Im Jahr 2000 kam genau eine Station dazu, nämlich Pankow an der U2. Eigentlich peinlich für Berlin, sagte ein BVGler. Im Jahr 2020 sollen dann die 2,2 Kilometer der U5 in der City Ost dazukommen.

Die Planer der BVG denken bereits an die Zeit danach und hoffen, dass wieder Geld für Investitionen da sein wird. Sinnvoll sei die Verlängerung der U3 von Krumme Lanke bis Mexikoplatz und der U9 bis S-Bahnhof Pankow. Beide Verlängerungen würden endlich diese U-Bahn-Linien mit dem S-Bahn-Netz verknüpfen. Neu ist der geplante Endpunkt S-Bahnhof Pankow für die U9, bislang sollte die Linie von Osloer Straße bis Pankow-Kirche fortgeführt werden. Sinnvoller sei jedoch auch hier die Verknüpfung mit der S-Bahn, heißt es nun bei der BVG.

Am weitesten gediehen sind, wie berichtet, die Planungen für die U1 Richtung Ostkreuz. Die Strecke würde direkt hinter der bisherigen Endstation Warschauer Straße ansteigen und die S-Bahngleise überqueren. In einem Bogen würde die Trasse aufgeständert parallel zu den Gleisen bis zum Ostkreuz geführt, die Modersohnbrücke wird überquert. Alle erforderlichen Grundstücke gehören der Bahn. Der Bahnsteig für die U1 würde am Ostkreuz in der von Planern als „Linse“ bezeichnete Fläche zwischen den Gleisen ankommen. Der U-Bahnsteig soll direkt an die Fußgängerbrücke heranreichen, von der alle Ost-West-Bahnsteige bequem zu erreichen sind. Während der Bauzeit könnten sogar die Züge der U1 wie gewohnt am heutigen Bahnsteig Warschauer Straße halten, sagte der Planer. Die Realisierungschancen werden BVG-intern als sehr hoch eingeschätzt, da auch die Deutsche Bahn dahintersteht. Der Berliner Bahn-Chef Ingulf Leuschel gilt jedenfalls als großer Fan der Idee.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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