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Schöner warten. Hunderte Menschen drängelten sich schon vor Öffnung der Türen am Nachmittag vor der neuen Attraktion am Zoo. Ausstellungseröffnungen sind bei C/O Berlin traditionell offen für alle – auch diese ganz besondere.

© dpa

Neue Galerie in der City West: C/O Berlin im Amerika-Haus ist eröffnet

Im Amerika-Haus am Bahnhof Zoo in Berlin-Charlottenburg kann die Galerie C/O Berlin nun für mindestens 21 Jahre bleiben. Die große Eröffnungsparty am Donnerstagabend war öffentlich - und dementsprechend groß der Andrang.

Es war fast wie beim Popkonzert. „Schon bei der Eröffnung um vier Uhr gab es eine große Schlange", sagt Annika, 29. Und die wächst immer weiter: Als wäre die halbe Stadt gekommen, um C/O Berlin in den neuen Räumlichkeiten zu begrüßen. Annika muss es wissen, sie arbeitet am gesponserten Fotoautomaten, der vor dem Amerika-Haus steht. Besucher können sich hier knipsen lassen und ihr Bild als Teil des Plakates bewundern, oder auf dem eigens aufgestellten Screen.

Sebastian Weiler, 61, hat keine Lust mehr. Seit zwanzig Minuten schon steht er in der Kälte, die Türen sind noch ein gutes Stück entfernt: „Ich hoffe, ich bin noch vor Wowi im Gebäude." Berlins (noch) Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit wird zur offiziellen Willkommensgala erwartet. Die Wartezeit verkürzen Imbissbuden. Ordner schreiten die Reihe entlang, bitten um Geduld oder darum, keine Fahrräder an die Laternenmast zu sperren.

Der Eröffnungstermin musste nie korrigiert werden

Endlich drin. Nach frischem Mörtel riecht es, und hier und da ragen noch frisch verlegte Kabel unter den Wänden hervor. Doch die Klimaanlage, ohne die viele internationale Leihgeber ihre Bilder nicht zur Verfügung stehen, läuft, Brandschutz- und Sicherheitstechnik sind intakt: Alles auf den Punkt fertig geworden an der Hardenbergstraße. Der 30. Oktober 2014 war angepeilter und nie korrigierter Eröffnungstermin. „Und als die Sonne schräg einfiel in diesen filigranen, transparenten Bau, da haben wir gesehen: Es ist eines der schönsten Ausstellungshäuser der Welt", sagt Stefan Erfurt.

Gemeinsam mit Mark Naroska und Ingo Pott hat Erfurt das Projekt C/O Berlin ins Leben gerufen. Vor 14 Jahren als dreimonatige Ausstellung gestartet, lockten sie bereits 30 000 Besucher an. Nachdem sich das Haus als Institution im Postfuhramt, Mitte, ansiedelte, wurden es immer mehr. Ein Investorenwechsel machte 2001 einen Umzug nötig. Es folgten weitere und auch jetzt liegen schwierige Monate hinter den Machern: 70 Alternativstandorte wurden geprüft. Zwei Jahre lang gab es keine Ausstellungen, anvisierte Lösungen in Mitte scheiterten.

Bilder auf 2300 Quadratmetern

Einige Enttäuschungen und rechtliche Querelen später beteiligt sich C/O nun in Charlottenburg an der Renaissance des alten West-Berlin. „Das Warten hat sich gelohnt", sagt Lisa. Die 25-jährige Studentin mag besonders Arbeiten von Luise Schröder, die als Nachwuchskünstlerin in der Talents-Reihe ausgestellt wird. Aber auch Fotoautomaten, in denen sich Besucher im Stil von sechs Fotografen der legendären Magnum-Agentur ablichten lassen können, findet Lisa gelungen.

Gelungen ist auch die neue Umgebung: Denkmalgeschützte Gebäude wie das Premierenkino Zoo-Palast und das Bikini-Haus sorgen für angemessene Nachbarschaft. Der Innenraum ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben: Auf 2300 Quadratmetern, verteilt auf zwei Stockwerke, können alle Bilder gebührend wirken. Dennoch gibt es vor einzelnen Fotos Murren über den kurzsichtigen Vordermann, der mit seinem Kopf den eigenen Blick einschränkt. Stefan Erfurt empfiehlt, in den nächsten Tagen zu kommen: „Dann sind die Ausstellungen leerer und noch genauso spannend."

Wiedersehen nach mehr als 50 Jahren

Besonders spannend findet Evelyn Prelle, 76, Will McBride – nicht nur wegen seiner Fotos aus dem Nachkriegsberlin, die unter dem Titel „Ich war verliebt in diese Stadt" gezeigt werden. Der Künstler habe zur Zeit der Entstehung der Bilder im selben Haus gewohnt wie sie. „Ich habe mich gern auf dem Dach gesonnt, Will lag immer hinterm Schornstein." Der heute 84-Jährige, der 1957 als erster Fotograf im Amerika Haus ausstellte, ist auch hier. „Ich will ihn unbedingt treffen. Er wird sich nicht an mich erinnern. Aber vielleicht doch", sagt Evelyn.

Bevor sie aber McBride findet, kommt endlich Klaus Wowereit, zwar mit Verspätung, dafür auch mit Monika Grütters, der Beauftragten für Kultur und Medien. Beide haben die manchmal quälende Suche nach einem neuen Ausstellungsort begleitet. Grütters zeigt sich nun glücklich, „dass ich C/O Berlin in der Nachbarschaft begrüßen kann." Sie wohne selbst in Charlottenburg. „Nach der Wende gab es den Schlachtruf ‚Aufbau Ost vor Aufbau West'. Jetzt gerät auch der Westen wieder in den Fokus, und C/O ist hier ein Trendsetter." Auch Wowereit sieht im Wechsel von Mitte nach Charlottenburg keinen Nachteil: „Dem Retro-Charme sind wir schon erlegen, und die hippe Einrichtung passt auch gut hierher."

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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