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Schutz gesucht. Die Neuankömmlinge warten zunehmend lange Zeit in der Kälte.

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Update

Neue Registrierungsstelle für Flüchtlinge in Berlin: Asylentscheidungen innerhalb eines Tages

„Wir können nicht mehr ausschließen, dass Menschen sterben“, warnt die Caritas. Die Stadt reagiert: Die Flüchtlinge sollen nicht mehr in der Kälte stehen.

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Auf der neuen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge an der Wilmersdorfer Bundesallee ruhen große Hoffnungen. Von der Eröffnung am Donnerstag verspricht sich Sozialsenator Mario Czaja (CDU) eine „enorme Entlastung“ für den völlig überlasteten Standort des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) an der Turmstraße in Moabit. Die Wartezeiten würden stark verkürzt und der Andrang in geordnete Bahnen gelenkt, sagte Czaja in der neuen Registrierungsstelle.

Darüber hinaus sollen die Zelte an der Turmstraße ab Donnerstag beheizt sein und als Wartezonen dienen, kündigte Czaja an. Dies entspricht einer Forderung der Caritas. Wie berichtet, hatte die Hilfsorganisation gewarnt, man könne angesichts der Warteschlangen in eisiger Kälte „nicht mehr ausschließen, dass Menschen sterben“. Besonders gefährdet seien Kleinkinder. Bislang schlafen jede Nacht Dutzende Flüchtlinge auf dem Bürgersteig vor dem Lageso.

Bitte nehmen Sie Platz. Niemand hätte vermutet, dass Wartesitze aus dem Flughafen BER, der ja noch keiner ist, mal in einer Registrierungsstelle für Flüchtlinge stehen.
Bitte nehmen Sie Platz. Niemand hätte vermutet, dass Wartesitze aus dem Flughafen BER, der ja noch keiner ist, mal in einer Registrierungsstelle für Flüchtlinge stehen.

© Fabiana Zander Repetto

Nun soll ein völlig neues Aufnahmeverfahren das Chaos beenden. Asylbewerber müssen sich zwar weiterhin zuerst in Moabit melden, doch findet dort in den beiden großen Zelten nur eine schnelle „Kurzregistrierung“ statt. Sprachmittler sollen die noch nicht Registrierten in der Menge der Wartenden finden und informieren. Flüchtlinge erhalten ein Armbändchen, auf dem ein Termin für die Registrierung in Wilmersdorf steht. In der Regel kann diese allerdings erst einige Tage später stattfinden.

Die Flüchtlinge sollen dann zu den Shuttlebussen laufen, die auf der Turmstraße halten. Ehrenamtliche Helfer und Sprachmittler sollen den ganzen Prozess erklären. In die Busse dürfen nur Menschen mit dem Terminarmband.

Neue Transferunterkunft in Heiligensee

Die Neuankömmlinge werden in eine Notunterkunft gebracht, die als Transfer- und Wartezone gedacht ist. Dafür öffnet am Freitag ein Quartier mit 1000 Plätzen in Heiligensee, zwei weitere Transferunterkünfte sind geplant. Im letzten Schritt des Verfahrens sollen Busse die Asylbewerber aus ihrer Unterkunft an die Bundesallee bringen.

Angedacht ist auch, dass Busse gelegentlich direkt vom Lageso in Moabit zur neuen Außenstelle in Wilmersdorf fahren – vorausgesetzt, die dortigen Sachbearbeiter sind gerade nicht ausgelastet. Registrierte Flüchtlinge sollen abends mit Bussen in andere, langfristige Notunterkünfte gebracht werden.

Zur neuen Methode gehört noch mehr. Wolfgang Meier vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sprach von einem bundesweit einzigartigen und „beispielhaften“ Modell. Denn in Büros an der Bundesallee ziehen auch das Bamf, Berlins Ausländerbehörde und die Arbeitsagentur.

Schnelle Entscheidungen über Asylanträge

Im Idealfall werden Flüchtlinge, die aus Syrien kommen, nicht nur registriert, sondern erhalten am selben Tag den Bescheid über ihren Asylantrag, gegebenenfalls die sofortige Arbeitserlaubnis und Hilfe bei der Jobsuche. „Die Menschen wollen ja arbeiten“, sagte Jutta Cordt von der Arbeitsagentur.

Die Ämter wollen eng kooperieren. „Der Kunde soll das Gefühl haben, er sei bei nur einer Behörde“, sagte der Leiter der Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke. Antragsteller vom West-Balkan könnten sofort abschlägig beschieden werden.

Senator Czaja widersprach der Befürchtung von Bezirkspolitikern, aus Personalmangel werde es zunächst weniger Registrierungen geben als bisher. Er rechnet damit, dass „von Anfang an“ die gleiche Zahl erreicht wird. Zuletzt hatte das Lageso in Moabit durchschnittlich 215 Personen pro Tag registriert. Rund 135 weitere Flüchtlinge werden täglich in einer Außenstelle an der Moabiter Kruppstraße registriert. Diese kümmert sich um Asylbewerber, die in Sonderzügen anreisen.

Ab dem Jahresbeginn 2016 wolle man an der Bundesallee täglich 1000 Neuankömmlinge registrieren, sagte der Staatssekretär für Flüchtlingsfragen, Dieter Glietsch.

60 000 Flüchtlinge müssen in 60 Tagen registriert werden

Unterdessen gab Sozial-Staatssekretär Dirk Gerstle im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses bekannt, dass bis Jahresende noch 60.000 Flüchtlinge in Berlin registriert werden müssen. Dafür stünden 60 Arbeitstage zur Verfügung.

Der Berliner Senator für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja (ll, CDU), und der Berliner Staatssekretär für Flüchtlingsfragen, Dieter Glietsch.
Der Berliner Senator für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja (ll, CDU), und der Berliner Staatssekretär für Flüchtlingsfragen, Dieter Glietsch.

© dpa

Grüne, Linke und Piraten bezweifelten, dass die Behörden dies schaffen. Die Opposition kritisierte, dass von den mehr als 500 Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, die sich freiwillig fürs Lageso gemeldet haben, bisher nur 250 eingesetzt werden. Gerstle erklärte das damit, dass teils die Qualifikation fehle und gab zu, dass bisher nur zwei Pensionäre mithelfen. Das liege am bundesweit geltenden Beamtenrecht. Die mobilen Teams hätten keine Entlastung gebracht.

Nun soll eine Informationskampagne für Flüchtlinge starten, um das neue Aufnahmeverfahren zu erklären. „Es bedarf noch der Kommunikation“, sagte Senator Czaja. Sehr wichtig findet er die Klarstellung, dass Asylbewerber an der Bundesallee nur bedient werden, wenn sie einen Termin nachweisen. Die erste Anlaufstelle „bleibt die Turmstraße“.

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