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Jacob Dißler alias DJ Wankelmut.

© Carmen Schucker

DJ Wankelmut im Porträt: Ibiza statt Unihörsaal

Es klingt wie ein Märchen: Einen Remix im Internet hochladen und die DJ-Karriere kann beginnen. Für Jacob Dilßner alias "Wankelmut" heißt es mittlerweile "Bogota, Nizza und Ibiza" statt Unihörsaal. Am Freitag legt der gebürtige Berliner in Kreuzberg auf.

Wankelmut, das bedeutet Entschlusslosigkeit, Flatterhaftigkeit oder Sprunghaftigkeit. Doch von all dem ist nicht wirklich etwas zu merken, wenn man den Berliner DJ Wankelmut alias Jacob Dilßner trifft. Bei Pizza und Cola in einem Restaurant in der Kastanienallee sitzt ein ziemlich lässiger 26-Jähriger mit Jeans, Bart und T-Shirt. Er fällt nicht weiter auf zwischen all den Studenten und Touristen an diesem Mittag. Doch das Lied, das sein Erfolg wurde, kennt jeder. Der Remix „One Day“ hielt sich sieben Wochen auf Platz eins der deutschen Charts. Auf seiner Webseite spricht er von einem Märchen, das wahr wurde. Der Erfolg kam über Nacht, vollkommen ungeplant, meint Dilßner. Für den gebürtigen Berliner sind Pläne ohnehin überbewertet: "Ich habe keinen Fünf-Jahres-Plan. Ich mache das, was ansteht.“ Vielleicht gibt ihm sein jetziger Erfolg Recht, denn die Single von „One day“ wurde zu einem der erfolgreichsten Remixe 2012. Ein Erfolg, der sein Leben komplett umgekrempelt hat. Statt Student ist Dilßner heute hauptberuflich DJ. Das Auflegen ist sein tägliches Brot geworden, ein Fulltimejob. Bogota, Nizza und Ibiza sind nun seine Arbeitsorte. Dabei fing alles sehr überschaubar an.

"One Day"-Remix wurde 122 Millionen Mal auf Youtube aufgerufen

Er wächst in Berlin auf, in Friedrichshain, besucht ein Gymnasium in Hermsdorf. Nach dem Abitur studiert er Philosophie und Politikwissenschaften. Konkrete Berufsziele hat er damals nicht. Auf Berliner Uni-Partys legt Dilßner das erste Mal Musik zum Tanzen auf. Das ist schon einige Jahre her. Und auch die Musik, die er damals auflegt, ist noch eine ganz andere: Indie, Rock, Punk. „Doch in Berlin kommst du irgendwann nicht an Elektro vorbei“, erinnert sich Dilßner. So landet auch er immer öfter auf Elektropartys und ist fasziniert vom Beat. Er experimentiert, legt auf.

Dann stößt er 2011 auf das Lied „One day“ von dem israelischen Folk-Rock-Musiker Asaf Avidan. „Ich habe gehört, dass es nicht für die Charts gemacht wurde und daran lag sein Reiz“, sagt Wankelmut. „Ich glaube, die Leute sind es müde, immer nur Charts zu hören. Als DJ hast du die Möglichkeit auch unbekannte Musik unter Leute zu bringen.“ In fünf bis sechs Nachtschichten schafft er seinen eigenen Remix aus Text und Gesang und lädt ihn im Winter 2011 bei dem Musikportal SoundCloud hoch. Das Lied wird zum Selbstläufer. Bis heute wurde der Song allein 122 Millionen Mal bei Youtube aufgerufen. Als der Erfolg durch „One Day“ kam, studiert er nur noch auf dem Papier – zu viele Auftritte, oft im Ausland. Mittlerweile hat er sich exmatrikuliert.

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„Der letzte Sommer war wild. Ich hatte sehr viele Gigs – die Festival-Zeit ist meine Hauptarbeitszeit.“, sagt Dilßner. Flugzeuge sind für ihn eine normale Umgebung geworden. Und auch das Publikum ist größentechnisch lange nicht mehr mit einer Studentenparty zu vergleichen: Auf Ibiza legte er vor 15.000 Menschen auf. Lampenfieber inklusive? „Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Doch am Anfang stand ich da und dachte: ‚Hört auf mich alle anzustarren‘“, gibt Dilßner zu. "Adrenalin pur", so beschreibt er den Moment vor tausenden Menschen aufzulegen. Als er noch mit Schallplatten aus Vinyl auflegt, sei es gar nicht so einfach gewesen die Nadel ruhig zu halten.

DJ als Traumberuf?

Ob das DJ-Dasein für ihn ein Traumjob ist? „Astronaut sein wäre auch noch cool“, antwortet Jacob und lacht. „Nein, ganz im Ernst: Es ist ein megageiler Job und ich möchte ihn auf jeden Fall so lange machen wie es geht.“

Die Musik und auch das DJ-Dasein ist ihm ein wenig in die Wiege gelegt worden. Bereits sein Vater legte in den 80er Jahren in Kellerläden und privaten Partys in Neuruppin auf. „Doch das ist eher Zufall“, meint Dilßner. „Meine Eltern sind beide sehr musikalisch und so bin ich mit Musik groß geworden.“ Klavier und Gitarre begleiten ihn viele Jahre intensiv. Nun ist das Mischpult sein Instrument. Seinen Stil beim Auflegen beschreibt er so: „Alles zwischen zwischen House und Techno - doch auch beim dollsten House darf die Melodie nicht fehlen.“

Warum ausgerechnet der Name DJ Wankelmut?

Doch wie sieht so ein Alltag aus, wenn am Wochenende Gigs auf Ibiza, Paris oder Sydney rufen? „Ich bin der totale Nachtmensch. Unter der Woche schlafe ich gern bis 12 Uhr – danach geht’s ins Studio oder zu Terminen“, sagt Wankelmut. „Montag ist mein Sonntag.“ Dann gammelt auch er mal rum, trifft sich mit Freunden oder geht an die Spree, wenn das Wetter schön ist. Sein zuhause ist Friedrichshain, im Nordkiez, wo er seit 2008 wohnt. „Friedrichshain ist meine Heimat“, sagt der gebürtige Berliner.

Wenn sich auch sehr viel verändert hat durch den Erfolg, vieles, meint er, sei gleich geblieben: „Ich wohne immer noch in meiner 3er WG in Friedrichshain, gehe im denselben Supermarkt zum Einkaufen und trinke immer noch am liebsten Sternburg.“ Nur sein Kühlschrankfach in der WG ist nie wirklich voll. Nur Milch für Kaffee darf nie fehlen.

Wenn man ihn nach Erfolgsdruck fragt, scheint er gelassen. „Ein zweites ‚One day‘ wird es nicht geben – die Charts sind nicht mein Ziel.“, meint er. Viel lieber will er Musik machen, die er mag, andere zum Tanzen bringen, sagt er. „Ein Club mit 500 Menschen ist mir manchmal lieber als einer mit 5 000.“ Und natürlich kommt er nach all den Auftritten in Europa und der Welt immer wieder zurück nach Berlin. Auch wenn er für seine Heimat einen besonderen Wunsch hat: „Ich freue mich auf die Jahre, wenn Berlin nicht mehr so gehypt ist: Ich wünsche mir, dass Berlin wieder uncooler wird!“

Und warum ausgerechnet dieser Name, DJ Wankelmut? Eigentlich gebe es hierzu keine große Geschichte meint Dilßner. „Es war einfach schon immer eines meiner Lieblingswörter.“

Am Freitag, den 4. April legt DJ Wankelmut im Ritter Butzke auf. Sein neue Single "Wasted so much time feat. John LaMonica" ist seit Ende März erhältlich.

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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