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Vereint für eine gute Nachbarschaft: Anwohner und Degewo-Mitarbeiter am Kreuzberger Mariannenplatz.

© Jana Scholz

Gemeinsame Sache in Friedrichshain-Kreuzberg 2015: Betriebskosten und Butterbrot-Effekt

Kita-Kinder fischten sagenhafte Schätze aus dem Gebüsch, Kronkorken-Zacken gruben sich in die Erde. Das passierte bei der "Sauberen Sache" in Mitte

Am Mariannenplatz spart das Aufräumen Geld

„Jedes Jahr machen mehr Anwohner mit, und jedes Jahr sammeln wir mehr Müll“, sagt Nesrin Demir vom Wohnungsunternehmen degewo. Am Kreuzberger Mariannenplatz haben am Sonnabend drei Wohnblöcke massenhaft Sperrmüll gesammelt, und die BSR holt alles ab. „Wir wollen ja zufriedene Mieter und ein schönes Wohnumfeld.“

Damit nicht das ganze Jahr Sperrmüll in den Hinterhöfen landet, macht die degewo einmal im Jahr eine Sammelaktion für ihre Mieter. Nicht zuletzt, weil sonst die Betriebskosten in dem sozialen Wohnungsbau steigen würden. Und auch die Nachbarn selbst sind engagiert für ein schönes Zuhause: Einen großen Garten haben sie angelegt, über den eine Mieterin verantwortungsbewusst Aufsicht führt. Zucchini, Tomaten, türkischen Kohl und Mangold bauen die Bewohner im Hof an. Und die einst grauen Stelen rundherum haben Kinder bunt bemalt.

Tafelstaub runter von den Friedrichshainer Heizkörpern

Samstags in die Schule? Die Kinder der 6a der Justus-von-Liebig-Grundschule in Friedrichshain machen das sogar freiwillig. Sieben Schüler und ihre Eltern sind gekommen, um das Klassenzimmer aufzumotzen: Die Elternvertreterin wischt den Boden, die Schüler sortieren die Klassenbibliothek und die Arbeitsfächer für jedes Kind neu und putzen den Heizkörper.

Die Klasse 6a kam gar am Sonnabend in die Justus-von-Liebig-Grundschule in Friedrichshain, um dem Tafelstaub den Kampf anzusagen.
Die Klasse 6a kam gar am Sonnabend in die Justus-von-Liebig-Grundschule in Friedrichshain, um dem Tafelstaub den Kampf anzusagen.

© Jana Scholz

„Den hat nämlich ewig niemand sauber gemacht, der ist voller Tafelstaub“, sagt Klassenlehrerin Jenny Skubella. Nur zwei Reinigungskräfte für die gesamte Schule gibt es, und die schaffen einfach nicht alles. „Hier ist noch ein Kaugummi“, ruft ein Junge, „aber der klebt extrem fest!“ So fleißig, wie die 6a sogar am Wochenende ist, wird sie mit Sicherheit auch dieses Problem lösen.

Butterbroteffekt macht Landwehrkanal zu schaffen

„Ich bin die Kippenbeauftragte“, sagt eine Helferin mit einem kleinen Beutel in der Hand. Darin sollen nämlich Zigarettenstummel zum Recyceln gesammelt werden.

20 Helfer aus dem Gemeinschaftsnetzwerk „Service in the City“ haben sich am Freitag schon die Admiralbrücke vorgeknöpft. Rund um den Landwehrkanal wollen sie Müll entfernen.

"Einfach sauberhaft": Die Freiwilligen am Landwehrkanal bekämpfen den Butterbrot-Effekt
"Einfach sauberhaft": Die Freiwilligen am Landwehrkanal bekämpfen den Butterbrot-Effekt

© Jana Scholz

Kerstin Jäger vom Hotel- und Gaststättenverband hat beim Saubermachen schon einiges erlebt. „Aber ich finde es gut, einen kleinen Beitrag zu leisten um eine kleine Ecke ein klein wenig hübscher zu machen.“ Mit einer anderen Helferin hat sie schon zwei Schwangerschaftstests eingesammelt, aber ein größeres Problem sind die Kronkorken. „Das ist der Butterbrot-Effekt.“

So wie das Butterbrot immer auf der Butterseite landet, graben sich auch die Kronkorken mit ihren Zacken tief in die Erde. Aber mit der Kraft und dem Feingefühl der Helfer landen endlich alle Kronkorken am Landwehrkanal in der Mülltonne. Heldenhaft.

Adolf-Glaßbrenner-Schule: Nur die Hunde machen nicht mit

„Wir haben Flaschen gefunden“, ruft ein Junge begeistert und zeigt seinem Lehrer vier große Plastikflaschen. Allerdings versteckt sich weitaus unangenehmerer Müll im Gebüsch der Hagelberger Straße.

„Iiiiehh, ein Hundehaufen!“, kichern die Kinder von der Kreuzberger Adolf-Glaßbrenner-Schule. Einige der sechs- bis neunjährigen Kinder haben reichlich Erfahrung und schon in den vergangenen Jahren rund um die Schule aufgeräumt.

Hände zum greifen, Handschuhe zum Hände schützen. Die Adolf-Glaßbrenner-Schule packt an
Hände zum greifen, Handschuhe zum Hände schützen. Die Adolf-Glaßbrenner-Schule packt an

© Jana Scholz

Denn die Grundschule macht bereits seit vier Jahren bei den Aktionstagen mit. Nicht nur die Hagelberger Straße, auch der Schulhof wird gesäubert und mit Frühlingszwiebeln bepflanzt.

„Die Kinder lernen, sich verantwortlich zu fühlen und den Schulweg nicht als Müllstation zu verstehen“, sagt Klassenlehrer Bruno Gräßer. Wenn das auch noch die Hunde verstehen würden, wäre alles, alles gut.

Ein kleines Paradies, das soll man pflegen

Einen riesigen Garten galt es in der Integrationskita „hör-höchste“ zu verschönern. „Alle 204 Kinder waren dabei und haben ihren Fertigkeiten entsprechend mitgeholfen“, sagt Erzieherin Katrin Föhre.

Schon zum vierten Mal machte die Kita beim Aktionstag mit. Die Kinder harkten Laub, fegten den Boden, schütteten neue Erde auf und pflegten die Beete.

Und nachmittags kamen die Eltern dazu und halfen ebenfalls mit. Die Erzieher der Kita in Friedrichshain führen die Kinder schon früh an die Natur heran: Im Garten wächst ein Kirschbaum, im Hochbeet wachsen Beerensträucher und Tomaten, und alles gilt es zu pflegen – und regelmäßig zu ernten.

Letzteres macht den Kleinen natürlich besonders großen Spaß.

Ein Segen für das Flüchtlings-Wohnheim

Salam Hallow kam 1996 als kurdischer Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland. Er lernte Deutsch, studierte an der Technischen Universität Berlin Soziologie und legte noch ein Promotionsstudium nach.

Heute ist Hallow Sozialarbeiter im Wohnheim für Flüchtlinge in der Kreuzberger Zeughofstraße. „Damals fragte man mich, woher ich komme und wann ich wieder gehe“, sagt er. „Was heute passiert, ist ein Segen.“

Denn das Engagement für Flüchtlinge sei inzwischen viel größer. Das beweist auch das Unternehmen „Immbilienscout GmbH“ und spendete dem Wohnheim vor allem Winterkleidung, Taschen und Schuhe.

Es bewegt sich was für Flüchtlinge: Am Wohnheim Zeughofstraße tragen Helferinnen und Helfer Kartons mit Kleiderspenden.
Es bewegt sich was für Flüchtlinge: Am Wohnheim Zeughofstraße tragen Helferinnen und Helfer Kartons mit Kleiderspenden.

© Jana Scholz

Fast fünfzig Kisten an Spenden haben die Mitarbeiter insgesamt gesammelt. „Wir wollten unsere direkte Nachbarschaft unterstützen“, sagt Jessica D’Ovidio. „Das Wohnheim ist nur fünf Minuten mit dem Fahrrad von unserem Arbeitsplatz entfernt.“

Zwei Mal im Jahr machen die Mitarbeiter die Sammelaktion für verschiedene Einrichtungen. Der 43-jährige Hallow sammelt die Spenden und stellt sie im Erdgeschoss auf Kleiderstangen auf. So können sich die Bewohner nehmen, was sie brauchen.

Der Rest geht an „Kreuzberg hilft“ und an Kleidercontainer. „Sie haben uns erst gefragt, was wir genau brauchen. Das war wunderbar“, sagt Hallow. „Wenn jetzt noch eine steinerne Tischtennisplatte für den Garten des Hauses gespendet werden würde, wäre das himmlisch.“

Kita Fröbelspatzen: Wer findet den spannendsten Schatz?

Ganz viele ganz kleine Helfer sorgen in Friedrichshain für Sauberkeit. Über 40 Kinder aus dem Kindergarten Fröbelspatzen waren auf der Grünfläche vor der Kita, auf der Palisadenstraße und auf zwei Spielplätzen unterwegs. „Einen ganzen Haushalt haben wir gesammelt“, sagt die Erzieherin Britta Gutknecht.

Ein Fahrrad-Schutzblech, Löffel, Gabeln, Sektflaschen, Zeitungen, Zigaretten und einen Schuh haben die Drei- bis Sechsjährigen gefunden.

Mit Feuereifer waren sie dabei, immer aufregendere Schätze aus den Gebüschen zu fischen. Die BSR verteilte morgens Warnwesten, Mülltüten und Zangen und holte nach der Aktion die Müll-Kuriositäten ab.

Jana Scholz

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