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Von der Adalbertstraße bis zur Zossener Straße: Kreuzberg, deine Straßen

Tagtäglich überqueren, durchfahren oder verweilen wir auf ihnen: Kreuzbergs Straßen sind oft laut und dreckig, aber auch bunt und vielfältig. Doch wissen wir überhaupt, welche Bedeutung sie haben? Und wer waren die Menschen hinter den Straßennamen?

(Frauen-)Quotenfans haben an Kreuzbergs Straßen sicherlich keine Freude: Denn von 104 Straßen sind nur zehn nach Frauen benannt. Zuletzt - nach einigem Hin und Her und jeder Menge Schlagzeilen - ist der Platz vor dem Jüdischen Museum nach dem Ehepaar Mendelssohn benannt worden. Und so heißt dieser seit 1. August 2013 Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz. Generell gilt in Friedrichshain-Kreuzberg: Man nimmt die Frauenquote ernst und hat sie sogar in der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen.

Adalbertstraße – Auf den Spuren des Prinzen

Sie beginnt dort, wo das Herz von SO 36 schlägt: am Kottbusser Tor. Die Adalbertstraße kreuzt sowohl die Oranienstraße als auch Bethanien- und Engeldamm, ehe sie ihr Ende in der Köpenicker Straße findet. Auf ihrem Weg findet sich das Kreuzberg Museum, viele beliebte Kneipen und Imbisse. Ihren Namen bekommt sie im Jahr 1847 nach dem Neffen von Friedrich Wilhelm III., Heinrich Wilhelm Adalbert, Prinz von Preußen.

Gneisenaustraße - Die Straße des Generalstabchefs

Will man wissen, wer Herr Gneisenau war, sollte man sich viele Namen merken können. August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von Gneisenau schlug ganz wie sein Vater, der Offizier war, eine Militärlaufbahn ein. 

So nahm der 1760 geborene Gneisenau auch am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil. Es folgten viele weitere Schlachten, so auch die Völkerschlacht bei Leipzig. Seinen Grafentitel verdankte er seinen Diensten als Generalstabchef für den preußischen Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher.

Für die sechsspurige Gneisenaustraße, die nach 1861 entstand, waren auch die Namen Neue Promenade und Obergürtel-Straße überlegt worden. Doch es kam anders. Mit der heutigen Namensgebung soll an die Befreiungskriege 1813–1815 gegen Napoleon I. erinnert werden.

Graefestraße - Kieznamensgeber

Die Straße, die dem Kiez, in dem sie liegt, ihren Namen gibt: die Graefestraße. Sein Namensgeber war im weitesten Sinne ein Berliner - und ein berühmter Mediziner. Friedrich Wilhelm Ernst Albrecht von Graefe, der 1828 in Finkenheerd bei Berlin geboren wurde, arbeitete als Augenarzt und war Chef der augenärztlichen Abteilung der Charité. Als erster Augenarzt benutzte er den Helmholtzschen Augenspiegel in der praktischen Augenheilkunde. Bekannt wurde er vor allem durch seine erfolgreiche Behandlung des Grauen Stars. Wenige Jahre nach dem Tod des Mediziners wurde ihm zu Ehren eine Straße benannt. Bevor die Graefestraße 1875 umbenannt wurde, hieß sie lediglich "Straße Nr. 7".

Mehringdamm – Kreuzberger Boulevard

Anderthalb Kilometer langer, vierspuriger Asphalt, durchzogen von einem Mittelstreifen aus Parklücken und Grünflächen: Das ist der Mehringdamm. Doch wer war Franz Mehring, der Namensgeber der Straße, die vom Platz der Luftbrücke bis zur Mehringbrücke verläuft? Schlägt man im Kauperts nach, lässt sich herausfinden, dass der 1846 geborene und 1919 in Berlin gestorbene Mehring Publizist und Politiker war. Sein Schwerpunktgebiet: der Marxismus. Er schrieb eine der bekanntesten frühen Biographien über Karl Marx.

Franz Mehring liegt auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde in der Gedenkstätte der Sozialisten begraben. Nicht nur der Mehringdamm erinnert an den Sozialisten, sondern auch der Mehringplatz am Halleschen Tor und der Franz-Mehring-Platz an der Straße der Pariser Kommune in Friedrichshain. In ganz Deutschland sind es an die siebzig Straßen, Wege oder Plätze, die seinen Namen tragen.

Zossener Straße - Etwas Brandenburg mitten in Kreuzberg

Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1874 erhielt die Zossener Straße ihren Namen. Doch ihr Namensgeber, die Stadt Zossen in Brandenburg, ist noch weitaus älter. Denn die Stadt im Landkreis Teltow-Fläming wurde erstmals im Jahr 1355 erwähnt. Erst zu Böhmen gehörend, erwarb sie 1490 Kurfürst Johann von Brandenburg. Die Stadt mit heute etwa 17.500 Einwohnern liegt südlich von Potsdam am Nottekanal. Auch die Zossener Straße startet an einem Kanal, dem Landwehrkanal, und läuft vom Waterloo-Ufer bis zur Bergmannstraße am Marheinekeplatz im Süden.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich in der Zossener Straße 31 die Brauerei „Belle Alliance“. Im Haus Nummer 1 war direkt nach dem Zweiten Weltkrieg die Kneipe „Leierkasten“, ein beliebter Treffpunkt der Berliner Malerpoeten.

Hier in der Zossener Straße soll schon Schluss sein? Was ist mit all den anderen Kreuzberger Straßen? Natürlich ist das hier nur ein winziger Überblick - und deshalb führen wir die Suche nach den Bedeutungen der Kreuzberger Straßennamen weiter – als Bildergalerie. Sie möchten wissen, was es mit dem ein oder anderen Namen auf sich hat? Schicken Sie uns eine E-Mail an kreuzberg@tagesspiegel.de, wir machen uns dann auf die Spurensuche. Das Ergebnis finden Sie hier.

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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