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Eigentlich Vergangenheit:

© dpa

Kabelfernsehen in Pankow: Einfach mal abschalten

Vodafone Kabel Deutschland hat an Pankower Kunden Kündigungen verschickt. Dem Anbieter ist das Netz abhanden gekommen. Dahinter steckt eine kleine technische Geschichte der Wiedervereinigung.

Dietmar Bergmann war ziemlich verblüfft, als er vor einigen Tagen ein Schreiben seines Kabelanbieters "Vodafone Kabel Deutschland" im Briefkasten vorfand: Die Kündigung. "Leider können wir Ihnen die TV- und Rundfunkversorgung ab dem 19.10.2015 aus technischen Gründen nicht mehr anbieten", heißt es in dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt. Ausgerechnet zur dunklen Jahreszeit sitzt Bergemann, der in der Pankower Schulstraße wohnt, nun ohne Fernsehanschluss da. "Dabei war ich so froh, dass nun alles gut lief", erzählt er. Denn wie viele Pankower hat auch Bergmann schon einige "technische Schwierigkeiten" hinter sich. So kann er nun auch nicht einfach auf digitales Antennenfernsehen (DVB-T) umsteigen, denn in seiner Hochparterre-Wohnung hat er keinen Empfang.

Ursache vieler Probleme in Pankow ist das Netz der Telekom. Die investierte nach der Wende Millionen in ein Opal-Netz (Opal = optische Anschlussleitung), sprich in Glasfaserkabel. Vor allem im Osten, wo es dringenden Modernisierungsbedarf gab. Auch in Pankow wurde ein Opal-Netz aufgebaut. Das schien anfangs eine gute Sache, nicht nur, weil es dafür üppige Subventionen gab und die Technik als zukunftsweisend galt. Auch Kabelanbieter profitierten, denn die konnten ihre Dienste ebenfalls über das Opal-Netz einspeisen und mussten keine eigenen Netze betreiben. Private Telefonanbieter hingegen wurden aus den Opal-Gebieten ferngehalten. Wegen der hohen Investitionen durfte die Telekom im Festnetz das Monopol behalten. Zuzügler, die einen Vertrag mit einem Privatanbieter hatten, waren gezwungen zur Telekom zurückzukehren. Doch das ist eine andere Geschichte.

Kurze Geschichte der Glasfaser

Die Geschichte der Glasfaser ist allerdings auch schnell erzählt. Denn sie ist bereits wieder beendet, weshalb Dietmar Bergmann und viele andere Pankower im Keller oder auf dem Dachboden nun nach ihren alten Transistorradios suchen müssen, wollen sie nicht vom Weltgeschehen abgeschnitten werden. Die Telekom stellt in Pankow den Betrieb des Opal-Netzes ein. Denn inzwischen setzt sie voll auf DSL. Diese Technik ermöglicht einen sehr schnellen Datenaustausch, doch ist sie leider auf Kupferkabel angewiesen. Eine schnellere Datenübermittlung wäre zwar auch über Glasfasernetze möglich, die technisch laut Experten ohnehin viel mehr Möglichkeiten bieten als Kupferleitungen. Doch müsste die Telekom dafür neue Dienste entwickeln, also Geld investieren. Die Technik, auf der DSL basiert, wurde hingegen schon im vorigen Jahrhundert in den USA entwickelt und drohte im Zuge der Liberalisierung des Telefonmarktes zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für die Telekom zu werden. Und deshalb wird in Pankow nun umgesattelt - von Glasfaser auf Kupfer.

Jeder macht Seins

Der Haken an der Sache: Kabelfernsehen kann über das Kupfernetz nicht verbreitet werden. "Vodafone Kabel Deutschland" muss daher dort, wo es sich bisher an die Telekom gehängt hatte, eigene Kabel verlegen. Laut einer Sprecherin betrifft das nicht nur Pankow, sondern auch Stadtteile in Leipzig und Dresden. Kann Dietmar Bergmann also hoffen, dass auch er bald wieder Anschluss hat? Aller Voraussicht nach nicht. Vodafone teilt zwar auf Anfrage mit: "Für den Neubau des Netzes in Pankow haben wir auf 12 km Tiefbaustrecke neue Kabel verlegt." Die Arbeiten seien fast abgeschlossen. Doch in der e-Mail heißt es auch, leider könnten nicht alle bisherigen Kunden versorgt werden. "Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein, angefangen bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit  bis hin zur fehlenden Gestattung seitens der Eigentümer oder Verwalter", heißt es. Dietmar Bergmann fällt offenbar unter die Kategorie "mangelnde Wirtschaftlichkeit", denn er ist der einzige Kabelkunde von Vodafone in seinem Mehrfamilienhaus. Insgesamt sind laut Vodafone rund 150 Kunden künftig ohne Kabelanschluss. Nachprüfen lässt sich das nicht. Dietmar Bergmann hat jedenfalls auch schon andere Betroffene getroffen - im Telekomshop beispielsweise. "Da stand eine Frau mit ihrem Kündigungsschreiben von Vodafone Kabel Deutschland in der Hand und war ebenso ratlos wie ich", sagt er.

Dietmar Bergmann wird aber wohl nicht ewig auf das Fernsehen verzichten müssen. Seine Hausgemeinschaft denkt inzwischen darüber nach, eine Satellitenschüssel anzuschaffen.

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