zum Hauptinhalt
Die „Condor“ rollt in Staaken zum Start nach New York.

© Lufthansa Archiv

Geschichten über den Flugplatz Staaken (3): Als das Sowjet-Flugzeug auf der Heerstraße zerschellte

1938 ging es von Staaken nonstop nach Amerika, 1948 sorgte eine Flugzeugkollision für das Ende des Flugplatzes.

Der Flugplatz Staaken war einst ein bedeutender Luftfahrt-Standort, aber auch eines der größten Filmstudios abseits von Hollywood. Historische Fotos und einige erhalten gebliebene Gebäude erinnern an dessen Geschichte. Hier erzählt Rainer W. During, der seit den 80ern für den Tagesspiegel schreibt, einige Geschichten über den vergessenen Flugplatz tief im Westen von Berlin. During hat einst auch ein Buch über den Flugplatz verfasst. Die Folge 2 ("Als Hollywood in Spandau lag") und die Folge 1 ("Spektakel in Spandau: 500.000 Menschen pilgerten zum Flugplatz") können Sie gern nachlesen unter den genannten Links.

+++

Das sonore Brummen der jeweils 750 PS starken BMW-Kolbenmotoren dröhnte am 10. August 1938 weit über die Grenzen des Staakener Flugplatzes hinaus. Die viermotorige Focke-Wulf „Condor“ ist das neue Flaggschiff der Lufthansa. Doch statt den Sitzen für die Passagiere befinden sich zusätzlichen Treibstofftanks in der Kabine der Maschine, die um 20.05 Uhr in den Himmel über Staaken steigt.

Wegen des so auf 18 Tonnen erhöhten Startgewichts hat sie eine besonders lange Rollstrecke gebraucht. Vor der Besatzung, dem Lufthansa-Flugkapitän Alfred Henke, dem Luftwaffen-Hauptmann Rudolf von Moreau als Co-Piloten sowie dem Maschinisten Paul Dierberg und dem Funker Walter Kober, beide ebenfalls von der Lufthansa, liegt eine lange Reise.

24 Stunden Flugzeit bis New York

Nach 24 Stunden, 36 Minuten und zwölf Sekunden hat das Flugzeug mit dem Kennzeichen D-ACON sein Ziel erreicht und landet auf dem New Yorker Floyd-Bennet-Field. Mit dem ersten Nonstopflug zwischen Berlin und New York wurden alle Rekorde für Transatlantikflüge in der wegen der starken Gegenwinde schwierigeren Ost-West-Richtung gebrochen. Zurück ging es dann dank der Rückenwinde in nur 19 Stunden und 15 Minuten. Gelandet und gefeiert wurde, weil man sich jetzt nicht mehr zu verstecken brauchte, dann aber in Tempelhof.

In den Hallen am Südrand des Platzes hatten sich diverse Flugschulen etabliert, aber auch die Wehrmacht errichtete hier Mitte der 30-ger Jahre einen Fliegerhorst. Mit dem deutschen Überfall auf Polen, der den Zweiten Weltkrieg auslöste, machten sich die Militärs immer breiter, wurde die Entwicklung des zivilen Luftverkehrs gebremst. Flugzeuge, die ursprünglich für die Lufthansa vorgesehen waren, landeten jetzt bei der Luftwaffe. So auch die Focke-Wulf „Condor“ mit dem Namen „Kurmark“, mit der Flugkapitän Henke und zwei weitere Besatzungsmitglieder am 20. April 1940 nach Umbauten in Staaken zu einem Probeflug starten.

So sah der Flugplatz Staaken 1928 aus

„Das Flugzeug wurde dicht über den Hallen abgefangen und dann gezogen, offenbar zur Einleitung einer hochgezogenen Linkskurve, die von dem verunglückten Flugzeugführer bei An- oder Abflug häufiger durchgeführt wurde“, heißt es im Untersuchungsbericht der Lufthansa. Dabei war in einer Flughöhe von nur 60 bis 100 Metern die äußere rechte Tragfläche infolge von Überlastung bei viel zu hoher Geschwindigkeit abgebrochen, hatte den Rumpf der Maschine getroffen und das Heck des Flugzeugs abgerissen. Die „Kurmark“ zerschellte in einer mächtigen Explosion, die Besatzung hatte keine Überlebenschance.

Am 26. April 1945 wurde der Flugplatz von sowjetischen Truppen eingenommen. Weil ein Großteil der Anlagen auf Spandauer Gebiet und somit im britischen Sektor West-Berlins lag, während sich Teile des britischen Flugplatzes Gatow in der Sowjetzone befanden, fällte der Alliierte Kontrollrat am 30. August 1945 einen folgenschweren Beschluss. Der Tausch des „Glienicker Zipfels“ gegen den westlichen Teil von Staaken führte sechs Jahre später zu dessen Eingemeindung in die DDR.

Direkte Linienverbindung von Gatow nach London - mit Stop in Hamburg

Am 1. September 1946 nahmen die British European Airways (BEA) den Linienflugverkehr zwischen London und Gatow mit Zwischenlandung in Hamburg auf. Am 5. April 1948 kam es zur Katastrophe. Eine zweimotorige Vickers Viking mit zehn Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern kollidierte im Landeanflug mit einem einmotorigen russischen Yak-3-Jagdflugzeug aus Staaken, dessen Pilot Kunstflugübungen veranstaltet hatte. Die rechte Tragfläche der Yak streifte die linke Tragfläche der Viking, die daraufhin kurz vor der Grenze beim Hahneberg abstürzte, während die sowjetische Maschine auf West-Berliner Gebiet nahe der Heerstraße zerschellte. Es gab keine Überlebenden, weil die Sowjets die Anhörung deutscher und amerikanischer Augenzeugen ablehnten, verließen die Briten die gemeinsame Kommission zur Klärung des Unglücksursache und setzten ein eigenes Untersuchungsgericht ein. Beide Seiten beschuldigten sich letztendlich gegenseitig, die Katastrophe verursacht zu haben. Bald darauf wurde der Flugbetrieb in Staaken eingestellt.

+++

Bei Facebook finden Sie uns unter www.facebook.com/tagesspiegelspandau

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false