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Die Gatower Wiesen sind ein Biotop für bedrohte Tiere und Pflanzen.

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Streit um die Gatower Wiesen: Spandau droht dem Bund

Das vom Aussterben bedrohte Braunkehlchen und andere seltene Tierarten könnte Opfer eines Streites zwischen dem Bund und dem Land Berlin werden.

Weil sich Bund und Land nicht einigen können, geht es nicht voran mit dem Landschaftspark Gatow. Da sich niemand darum kümmert, beginnen die Wiesen zunehmend zu verwildern. Inzwischen ist der Lebensraum geschützter Tierarten wie dem Braunkehlchen akut bedroht. Deshalb schlägt das Bezirksamt jetzt Alarm. Der für den Umwelt- und Naturschutz zuständige Stadtrat Andreas Otti (AfD) hat dem Eigentümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), angedroht, die überfälligen Pflegemaßnahmen in Form einer Ersatzvornahme anzuordnen.

Seit 18 Jahren ist kaum etwas geschehen

Das Gelände umfasst rund 60 Hektar des ehemaligen Militärflugplatzes Gatow mit dem einstigen Schießplatz der britischen Streitkräfte. Es soll, wie berichtet, als Ausgleich für die Flächenversiegelungen beim Bau der benachbarten Landstadt Gatow zum Landschaftspark Gatow werden. Ein entsprechender städtebaulicher Vertrag wurde bereits 1999 zwischen dem damaligen Bundesbauministerium und dem einstigen Hauptstadtreferat des Senats geschlossen. Erst 2011 kam es dann zu einem landschaftsplanerischen Wettbewerb, danach sollte hier eine künstlich gestaltete Parklandschaft mit großen Plätzen entstehen. Die Pläne führten zu massiven Protesten von Anwohnern und Naturschützern, denn Gutachten belegen, dass dies nicht mit dem Artenschutz für eine ganze Reihe bedrohter Tierarten vereinbar ist. Seitdem soll die Planung angepasst werden, doch tatsächlich ist wenig geschehen.

"Anspruchsvolle" Verhandlungen zwischen Bund und Land

Für die weitere Planung sollte die landeseigene Grün Berlin GmbH zuständig sein. Doch zwischenzeitlich gingen die Verwaltung der Fläche und damit auch die vorgesehenen Baumitteln vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung an die BImA über. Die verhandelt seit nunmehr drei Jahren ergebnislos mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das Projekt werde 2016 zur Entwicklung und Umsetzung an die Grün Berlin übertragen, heißt es noch immer auf deren Website. Doch gibt es nach Angaben von Sprecherin Bettina Riese noch immer keinen entsprechenden Vertrag mit dem Land Berlin. Dieses hat sich hinsichtlich der geplanten Übernahme der Flächen mit dem Bund bisher nicht einigen können. Die Verhandlungen würden sich „aufgrund unterschiedlicher Zielvorstellungen anspruchsvoll gestalten“ und seien bislang ohne Ergebnis, so die Sprecherin der Senatsverwaltung, Katrin Dietl. „Die erforderlichen Abstimmungen mit verschiedenen Senatsverwaltungen und der Grün Berlin Stiftung dauern länger als ursprünglich angenommen“, teilte die BImA auf Tagesspiegel-Nachfrage mit.

Bezirk will jetzt "konsequent durchgreifen"

So wuchern die Wiesen zunehmend zu und bieten den nach europäischem Naturschutzrecht zu schützenden, wertgebenden Tierarten - allen voran dem Braunkehlchen - immer weniger Lebensraum, so die Leiterin des Spandauer Umwelt- und Naturschutzamtes, Anja Sorges. Obwohl man die BImA bereits Ende vergangenen Jahres auf den dringenden Handlungsbedarf hingewiesen habe, sei von dort keine Reaktion erfolgt, erklärte Andreas Otti. Inzwischen gefährde der Pflegerückstand die Erhaltung der Natur und der Artenvielfalt. Deshalb habe er der Bundesanstalt eine Frist bis zum 24. November für die Zusage gesetzt, die Pflegearbeiten bis Ende Februar nächsten Jahres in Abstimmung mit dem Umwelt- und Naturschutzamt vorzunehmen. Andernfalls werde Spandau mit der Ersatzvornahme „konsequent durchgreifen“. Die BImA wies auf Tagesspiegel-Nachfrage den Vorwurf der Untätigkeit zurück. Man habe in der Vergangenheit bereits landschaftspflegerische Maßnahmen durchgeführt. Gegenwärtig prüfe der Geschäftsbereich Bundesforst unabhängig von den Forderungen des Bezirks, ob weitere landschaftspflegerische Maßnahmen erforderlich seien. „Sollte sich danach Handlungsbedarf ergeben, werden die notwendigen landschaftspflegerischen Maßnahmen unter Beachtung des Naturschutzes selbstverständlich von der BImA durchgeführt.“

„Ich habe bereits deutlich darauf hingewiesen, dass ich die Gatower Wiesenlandschaft in der wertvollen Biotopqualität erhalten will und nur Eingriffe akzeptieren werde, welche der hohen Qualität des Gebietes Rechnung tragen“, erklärte Stadtrat Otti. „Die Zerstörung der Strukturen der Gatower Wiesenlandschaft, ob durch Untätigkeit oder unsachgemäßes Vorgehen, lehne ich kategorisch ab.“ Der Bezirk sei bereit, die ihm zugedachte Fläche im Zweifelsfall auch vorfristig zu übernehmen, um sich in eigener Regie darum kümmern zu können.

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