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Jürgen Elsässer, hier auf einer Konferenz des Magazins Compact, dessen Chefredakteur er ist.

© dpa

Auftritt in Berlin-Zehlendorf: Die AfD-Basis jubelt Jürgen Elsässer zu

Der Ex-Marxist Jürgen Elsässer wirbt bei „Montagsdemos“ für Wladimir Putin und dessen Ukraine-Politik. Deutschland sieht er als Teil einer amerikanischen Front, die Kanzlerin werde vom Finanzkapital gesteuert. Die Basis der AfD in Zehlendorf jubelt ihm zu.

„Genau, das hab ich schon immer gesagt“, ruft eine ältere Frau und hebt ihr Bierglas. Sie prostet Jürgen Elsässer zu. Der steht vorne an einem Bistrotisch, wippt mit seinem Oberkörper und referiert über „unsere Souveränität“ sowie „deren betrübliche Lage“. Elsässer ist einer der Organisatoren der neuen russlandfreundlichen „Mahnwachen“ und „Montagsdemos“. Am Revers seines Anzugs steckt ein deutsch-russisches Freundschaftsabzeichen. „Der arme Putin, der ist so allein, der tut mir leid“, murmelt die Frau.

Elsässer spricht auf einer Veranstaltung des AfD-Kreisverbands Steglitz-Zehlendorf. Im Stil einer Eilmeldung („+++Elsässer kommt+++“) hatte die Partei per internem Verteiler für Donnerstagabend in den „Alten Krug“ nach Dahlem geladen. Im Internet tauchte der Termin nicht auf. Denn der als „erfolgreichster Publizist Deutschlands“ angekündigte Ex-Marxist Elsässer ist umstritten. Vom AfD-Landesvorstand lässt sich an diesem Abend niemand blicken.

Der Begeisterung für den Referenten tut dies keinen Abbruch. „Ich war ein Linker von altem Schrot und Korn“, erzählt Elsässer stolz. 2005 habe er die Linke gewählt, 2009 die Piraten. Aber die seien unterwandert worden. „Ja, ja, von der Antifa“, ruft ein Zuhörer dazwischen. Im September 2013 habe er dann für die AfD gestimmt, sagt der Referent: „Ich gehe da nach Trial und Error vor.“ Elsässer hört sich gerne reden, und nach einer Viertelstunde ist er so richtig in Fahrt gekommen. Vor ihm sitzen rund 70 Damen und Herren, die nach West-Berliner Bürgertum aussehen. Ein paar ehemalige CDU-ler sind gekommen. Andere waren früher in der Berliner FDP, bei den „Nationalliberalen“, wie einer betont.

Seine Erzählung: Deutschland wird von den USA aus regiert

Elsässer spricht da gerade über Ernst Thälmann und dass auch dieser „ein deutscher Patriot“ gewesen sei. Seine Sympathien für Sahra Wagenknecht kann er nicht verhehlen – „die hat immerhin den ganzen Faust auswendig gelernt.“ Regiert aber werde Deutschland nun leider von der „amerikanischen Kanzlerin“. Elsässer sagt, er fühle sich im Moment an die „Endphase der DDR“ erinnert, kein Politiker sage mehr die Wahrheit. Seine Erzählung geht so: Deutschland ist seit 1945 nicht souverän, die Politik werde vom „amerikanischen Imperium“ bestimmt, das „Finanzkapital“ drucke unentwegt Geld, das es sich in die eigenen Taschen stecke: „Wir müssen uns aus der amerikanischen Front herausnehmen“, fordert er. „Da krieg ich Gänsehaut“, sagt einer.

Die Luft im „Alten Krug“ ist stickig nach zwei Stunden, als AfD-Kreischef Hans-Joachim Berg, ein Bundestagsbeamter, Tumulte befürchtet. Zwei Besucher fragen, ob Elsässer Wladimir Putins Anti-Homosexuellen-Gesetz wirklich gut finde. Der sagt „ja“ und erklärt länglich, dass das Gesetz eigentlich nur vor Pornographie schützen solle. Als einer der beiden nachhakt, muss Berg für Ruhe sorgen. „Hören Sie auf! Ihre Frage ist eine Belästigung“, schimpft eine Frau.

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