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Auf dem Grundstück befand sich früher die Gärtnerei des Bezirks.

© Boris Buchholz

Bezahlbarer Wohnraum in Zehlendorf: Parkplätze und sechs Geschosse erregen die Gemüter der Nachbarn

In der Fischerhüttenstraße sollen in den nächsten Jahren 273 Wohneinheiten entstehen. Davon sollen 144 auch für Normal-Bürger bezahlbar sein, verspricht die HOWOGE.

„Wir kann man nur so unhöflich sein?“, fragte die Leiterin des Stadtentwicklungsamts, Sabine Lappe, in den gut gefüllten Bürgersaal. Zuvor hatte ein Verkehrsplaner der Freien Planungsgruppe Berlin über die Parkplatzsituation rund um die Fischerhüttenstraße in Zehlendorf-Mitte referiert - über die aktuelle und die prognostizierte nach dem Neubau von 257 Wohnungen (und 16 Reihenhäusern) auf dem Gelände der ehemaligen Bezirksgärtnerei.

Streitpunkt Parkplätze

Etwa neunzig Bürgerinnen und Bürger waren letzte Woche der Einladung des Bezirksamts gefolgt, um mehr über das Bauvorhaben in der Fischerhüttenstraße 39-43 zu erfahren. Der Verkehrsexperte hatte die zu erwartende Situation nach dem Einzug der neuen Nachbarn als nicht dramatisch beschrieben: Die Bauherren planen mit Tiefgaragen für 174 Fahrzeuge, auf der Sven-Hedin- und der Fischerhüttenstraße seien ausreichend Kapazitäten vorhanden. Lediglich wenn 1200 Fans ein Spiel von Hertha 03 gegen Blau-Weiß auf dem benachbarten Sportplatz sehen wollten, würde es eng werden. Aber: „Das sind Ausnahmesituationen.“

Die denkmalgeschützte Zinnowwaldsiedlung am Hartmannsweilerweg grenzt direkt an das zu bebauende Grundstück.
Die denkmalgeschützte Zinnowwaldsiedlung am Hartmannsweilerweg grenzt direkt an das zu bebauende Grundstück.

© Boris Buchholz

Die Anwohner des neuen Bauvorhabens haben ihre eigenen Erfahrungen mit der Parkplatzssuche. Eine Bürgerin klagte, jetzt sei es schon so, „wenn Sie nachts aus dem Theater nach hause kommen, finden Sie in der Sven-Hedin-Straße und im Hartmannsweiler Weg keinen Parkplatz mehr“. Andere widersprechen, doch der Unmut von einigen bricht sich Bahn, es kommt zu lautstarken Zwischenrufen, Inkompetenz wird dem Experten vorgeworfen.

Bezahlbare Wohnungen für Steglitz-Zehlendorf

Im Kern sehen die Planungen vor, dass auf dem südlichen Teil des 38.000 Quadratmeter großen Geländes die Allgemeine Bauträgergesellschaft (ABG) 16 Reihenhäuser, 113 Wohnungen und eine Kita mit fünfzig Plätzen errichten wird. Auf dem deutlich kleineren nördlichen Teil des Grundstücks zur Sven-Hedin-Straße wird die stadteigene HOWOGE tätig: “Wir sehen uns als Garant für Mietwohnungen“, erklärte Jens Wadle, Leiter Development bei der HOWOGE. Von den 144 geplanten Wohneinheiten entstünden fünfzig Prozent im geförderten Wohnungsbau, die zu Mieten zwischen 6,50 und 8,50 Euro angeboten werden würden. Auch die anderen 72 Wohnungen „werden zu bezahlbaren Mieten entstehen“, ergänzte die HOWOGE-Geschäftsführerin Stefanie Frensch: „Wenn man bei ImmoScout schaut, stellt man fest, dass es diese Angebote in Zehlendorf nicht mehr gibt.“ Der Bau bezahlbarer Wohnraum sei das, „was Zehlendorf tatsächlich braucht“ – es befinde sich eben in einem wachsenden Bezirk.

Die Plüschowstraße wird zum "Plüschow-Pfad" und ist ein von Radfahrern und Fußgängern gerne genutzter Weg.
Die Plüschowstraße wird zum "Plüschow-Pfad" und ist ein von Radfahrern und Fußgängern gerne genutzter Weg.

© Boris Buchholz

Ob der private Investor seine Wohnungen im südlichen Teil vermieten oder verkaufen werde, „sei noch nicht entschieden“, erklärte ABG-Geschäftsführer Guido Wiese. Auf den zu erwartenden Baulärm und -verkehr angesprochen, erwiderte er, „wir legen großen Wert auf einen die Nachbarschaft schonenden Umgang“. Aktuell errichtet die ABG unter anderem ein Wohn- und Geschäftshaus am Humboldthafen in der Nachbarschaft des Hauptbahnhofs sowie weitere Wohngebäude von Kiel bis München. „Sie haben hier einen Investor, der unter Beweis gestellt hat, dass er so ein Vorhaben verantworten kann“, sagte Wiese.

Sechs Geschosse am Friedhof

Tatsächlich hatten es die ABG-Mitarbeiter an diesem Abend leichter als die Vertreter der HOWOGE. Da auf dem viel kleineren Grundstück im Norden genauso viele Wohnungen entstehen müssen wie im südlichen, geht die HOWOGE in die Höhe: An der Grundstücksgrenze zum Friedhof Zehlendorf wird eines der HOWOGE-Gebäude sechs Geschosse haben, die übrigen Gebäude weisen zwei bis fünf Stockwerke auf. Als der Architekt das simulierte Bild des Sechs-Geschossers projiziert, geht ein Raunen durch den Saal.

In der geplanten Realität wird das höchste Haus des Ensembles allerdings weitgehend aus der Sichtachse genommen: Bäume verdecken größtenteils die Sicht der Bewohner des Hartmannweilerwegs auf die neuen Häuser; ein über die Jahre entstandenes Wäldchen und ein Grünbereich werden erhalten und bilden einen Puffer zwischen der denkmalgeschützten Zinnowwaldsiedlung und der neuen Bebauung. Deutlich sichtbar werden die sechs Geschosse vom Friedhof aus sein.

HOWOGE entlastet privaten Investor beim geförderten Wohnungsbau

Eine Anwohnerin, selber Stadtplanerin, regte an, den Anteil des geförderten Wohnungsbaus über das gesamte Gelände - also sowohl auf den HOWOGE- als auch den ABG-Teil - zu verteilen und dadurch den Baudruck im Norden zu verringern. Das Amt und die Grundstückseigentümer wiesen auf die gültige Vertragslage hin: Die HOWOGE habe sich verpflichtet, den 25-Prozent-Anteil an geförderten Wohnungen des privaten Investors mit zu übernehmen; dafür sei es Sache der ABG, die Kita zu errichten.

Anwohner in der Plüschowstraße wollen nicht, dass ihre Straße asphaltiert wird.
Anwohner in der Plüschowstraße wollen nicht, dass ihre Straße asphaltiert wird.

© Boris Buchholz

Letzter Diskussionspunkt des Abends war die Zukunft der Plüschowstraße - nach einem kleinen Stück unbefestigter Straße ist es eher ein von Bäumen gesäumter Plüschow-Pfad - an der Seite zum Friedhof. Stadtplanerin Lappe erklärte, dass die Plüschowstraße eine „komfortable Situation“ schaffe: Da dort Fußgänger und Radfahrer geschützt seien, könne das neue Wohnprojekt über eine parallel zum „Plüschowpfad“ verlaufende Straße von der Fischerhüttenstraße aus erschlossen werden, die sehr schmal - „vielleicht 4,5 Meter breit“ - sein könnte: „wie eine Spielstraße“. Der Ausbau der Plüschowstraße sei nicht geplant.

Die Veranstaltung, endete nach zwei Stunden mit dem Hinweis der Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU), dass es sich bei allen gezeigten Planungen um einen Zwischenstand handele. Der Bebauungsplan werde jetzt ausgearbeitet und dann öffentlich ausgelegt. Die HOWOGE hofft, dass sie 2018 mit dem Bauen beginnen kann. Den aktuellen Planungsstand hat das Bezirksamt jetzt auf seiner Website veröffentlicht.

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