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Villa mit Bootshaus am Kleinen Wannsee - nur eines von vielen Motiven von Detlef Bischoffs Kamera

© Detlef Bischoff

Bildband über Berlin-Wannsee: Fotos aus "Preußens Arkadien"

Unser Leser Detlef Bischoff hat in den vergangenen fast vierzig Jahren viele Wanderungen in Berlin Wannsee unternommen. Die so entstandenen Fotos hat er nun zu einem Bildband gemacht.

Ich wohne seit 1977 im Ortsteil Wannsee und halte ihn für den landschaftlich schönsten und vielseitigsten Berlins. Als ich noch berufstätig war, nahm ich seine landschaftlichen Reize aus Zeitmangel oft nur beim Joggen oder einer kurzen Radtour wahr. Doch 2002 brachte eine Bootsfahrt mit Freunden und die Übernachtung in einer kleinen Bootskajüte ein solches Ur-Erlebnis, dass bei meiner Frau und mir über Nacht der Plan entstand, den Bootsführerschein zu machen und ein eigenes Boot zu erwerben. Dies war dann ein Boots-Oldtimer, der auf dem  Wannseer Stölpchensee seinen Liegeplatz fand.

In den folgenden Sommern wurden die Bootsausflüge von dort aus in die Berliner und Brandenburger Fluss- und Seenlandschaften unsere große Leidenschaft, und es entstand aus den fotografischen Eindrücken dieser Fahrten mein erster Bildband „Wasserlandschaften in Berlin und Brandenburg“, der 2007 erschien. Fotografiert habe ich schon immer. Schon als Schüler konnte ich manchmal als Sportfotograf für eine Lokalzeitung arbeiten.

Aus gesundheitlichen Gründen musste ich das Bootfahren aufgeben. An seine Stelle trat vor fünf Jahren unser Zwergschnauzer Jonny. Ein Hund will sich bewegen, und sein Herrchen musste sich bewegen. Und da liegt es nahe, die Wannseer Landschaft mit dem Hund an der Leine zu durchwandern. Ein Fotograf nimmt auf solche Wanderungen durch die abwechslungsreichen  Wälder mit ihren kleinen Erhebungen und einem wunderbaren alten Baumbestand und entlang der Ufer von Großem Wannsee, Havel und der kleineren Seen zwischen Kleinem Wannsee und Glienicker Brücke seine Kamera mit und fotografiert.

Je mehr Wanderungen ich bei jedem Wetter und zu allen Jahreszeiten unternahm, umso mehr begann ich zu verstehen, warum diese Landschaft als „Preußisches Arkadien“ bezeichnet wurde, warum die preußischen Könige und Adligen auf dem Weg zum Schloss in Potsdam sich hier kleine Schlösschen bauten und die Pfaueninsel mit Hilfe der großen preußischen Baumeister und Landschaftsgestalter wie Schinkel und Lenné, um nur die berühmtesten zu nennen, zu einem verträumten Märchenreich machten, das heute mit den Glienicker und Potsdamer Schlössern UNESCO-Weltkulturerbe ist.

Ich verstand auch, warum einige reiche Berliner Bankiers und Kaufleute Ende des 19. Jahrhunderts am Großen und am Kleinen Wannsee Villenkolonien mit prachtvollen Landhäusern und Gartenanlagen bauten, so weit vor den Toren der Stadt, dass sie sich die Eisenbahnverbindung zu diesen gleich noch mit bauen ließen.

Ich besuchte die Kirchen, von denen die Stölpchensee-Kirche und die Kirche Peter und Paul auf Nikolskoe mit königlicher Beteiligung geplant wurden, und die Friedhöfe, auf denen viele Prominente Berlins begraben sind, die neben vielen weniger Prominenten den Bankiers und Kaufleuten folgten und sich ihre eigenen Villen, aber auch bescheidenere Häuser bauten.

Auf den Friedhöfen stand ich auch an den Gräbern derer, die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bei der Verteidigung der „Insel Wannsee“ ihr Leben lassen mussten, obwohl sie nicht mehr zu verteidigen war, weil das Zentrum Berlins sich schon in den Händen der Roten Armee befand. Aber die neuen Herren, die nach 1933 viele der Villenbewohner aus ihren Häusern vertrieben hatte, weil sie Juden waren, ließen Junge und Alte noch hier sterben, obwohl sie sich längst an sicherere Orte verdrückt hatten.

So entstand ein immer größer werdendes Archiv an Fotos zu den vielen unterschiedlichen Seiten Wannsees, zu denen natürlich auch alle Formen des Wassersports und ein traditionsreicher Golfplatz gehören. Meine Wannseer Buchhändlerin regte irgendwann an, Ansichtskarten mit Wannseer Motiven zu produzieren. Dann kam ich auf die Idee, jährlich einen Wannsee-Kalender herauszubringen. Und so reifte schließlich der Gedanke, einen kleinen Bildband zu veröffentlichen, der unterschiedlichen Facetten des Ortes in Bild und Wort vorstellt.

Dabei geht es mir ein bisschen, wie es jedem wohl Reiseberichterstatter gehen muss. Man möchte anderen etwas präsentieren, was man eigentlich für sich behalten möchte. Andererseits möchte man aber auch etwas mit anderen teilen, was einem Freude macht. Letzteres hat überwogen. Und so ist dieses Buch über einen Berliner Ortsteil entstanden, der aus vielen Gründen ein Kleinod ist.

Detlef Bischoff war lange als Professor für Politikwissenschaft tätig und ist Autor vieler wissenschaftlicher Beiträge. Sein Bildband über Berlin-Wannsee ist sein neuestes Werk und im November 2015 im Culturcon-Verlag Berlin erschienen.

Der Text erscheint im Tagesspiegel Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Berliner Südwesten.

Detlef Bischoff

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