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Cerstin Richter-Kotowski, CDU-Spitzenkandidatin für die Wahl zur BVV und Bürgermeisterkandidatin

© Laurence Chaperon

BVV-Wahl: Cerstin Richter-Kotowski, CDU Steglitz-Zehlendorf: „Mein Appell wurde nicht ernst genommen“

Am Sonntag ist es soweit. Berlin wählt. Spitzenkandidatin der CDU für die BVV-Wahl in Steglitz-Zehlendorf und Bürgermeisterkandidatin ist Cerstin Richter-Kotowski, Bezirksstadträtin für Bildung und Kultur. Hier beantwortet sie unsere Fragen.

Sieben Kandidaten, acht Fragen - in den Wochen vor der BVV-Wahl am 18. September hat  jede Woche ein anderer Spitzenkandidat dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf auf acht Fragen geantwortet.

Cerstin Richter-Kotowski ist 1962 in Berlin geboren und aufgewachsen. Ihr Abitur hat sie in Zehlendorf am Droste-Hülshoff-Gymnasium gemacht und danach an der Freien Universität Rechtswissenschaften studiert. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn. 1978 trat Cerstin Richter-Kotowski in die Junge Union ein, seit 1979 ist sie Mitglied der CDU und der Frauenunion. Beruflich arbeitete die Volljuristin jahrelang im Öffentlichen Dienst des Landes Berlin. Von 1985 bis 1992 war sie Bezirksverordnete in Steglitz (vor der Bezirksfusion), danach neun Jahre lang Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus. Seit 2006 ist Cerstin Richter-Kotowski als Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf vor allem für Bildung und Kultur zuständig. In ihrer Freizeit musiziert sie gern: Am liebsten spielt sie Cello.

1. Es gibt etwa 100 offene Stellen in der Verwaltung des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf. Was würden Sie unternehmen, um das Amt als Arbeitgeber attraktiver zu gestalten und qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen?

Das Bezirksamt ist ein attraktiver Arbeitgeber, der sich intensiv um die Einstellung und Betreuung Auszubildender kümmert. Hier ist es wichtig, etwa auf Messen präsent zu sein, um jungen Menschen die Vorzüge des Öffentlichen Dienstes näher zu bringen. Unsere Führungskräfte müssen zudem ein Gefühl für Wertschätzung ihren Mitarbeitern gegenüber verinnerlichen; begleitet durch Schulungs- und Trainingsmaßnahmen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es sein kann, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Daher muss endlich das „Familienfreundliche Bezirksamt“ zum Leben erweckt werden. Spontan fallen mir dazu flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, eine bessere Kinderbetreuung ein. Begrüßen würde ich auch, wenn in der öffentlichen Diskussion der schlechte Zustand der öffentlichen Gebäude, wie zum Beispiel das Rathaus Zehlendorf, thematisiert würde, damit der Bezirk die Sanierungen seiner Amtsgebäude in Angriff nehmen kann.

2. Was ist Ihre Idee von einem Masterplan, um den immens hohen Sanierungsstau an Schulen in Steglitz-Zehlendorf abzubauen?

Bereits vor zwei Jahren habe ich einen Sanierungsbedarf nur für die Steglitz-Zehlendorfer Schulen von 410 Millionen Euro benannt. Damals wurde ich für diese „waghalsige Äußerung“ scharf kritisiert. Nachdem die Senatsverwaltung in diesem Jahr endlich eine berlinweite Überprüfung des Sanierungsbedarfs in Auftrag gegeben hat, sind die Ergebnisse in unserem Bezirk bestätigt worden und ergaben in anderen Bezirken ähnlich hohe Werte. Leider wurde mein damaliger Appell zur schnellen Beseitigung des erheblichen Sanierungsstaus nicht ernst genommen. Die zwei Jahre sind also verschenkt. Ohne eine erhebliche Erhöhung der finanziellen Baumittel, verbunden mit einer starken personellen Aufstockung im Baubereich ist jeder Masterplan nur Makulatur. Außerdem haben wir in Berlin zu viele Vorschriften. Wenn es uns nicht gelingt, diese zu vereinfachen und damit Bauvorhaben zu beschleunigen, wird es Jahrzehnte dauern, den Sanierungsstau aufzulösen!

Flüchtlingsunterkunft in der Sporthalle der FU in Dahlem. "Jetzt muss es uns gelingen, vernünftige dauerhafte Unterkünfte bereitzustellen, damit die zwischenzeitlich genutzten Sporthallen endlich wieder freigezogen werden können", sagt Cerstin Richter-Kotowski, CDU
Flüchtlingsunterkunft in der Sporthalle der FU in Dahlem. "Jetzt muss es uns gelingen, vernünftige dauerhafte Unterkünfte bereitzustellen, damit die zwischenzeitlich genutzten Sporthallen endlich wieder freigezogen werden können", sagt Cerstin Richter-Kotowski, CDU

© Björn Kietzmann

3. Badestelle und/oder Hundebadestelle: Wie sieht Ihre Lösung für das friedvolle Miteinander von Hundebesitzern, Hunden und Nichthundebesitzern an den Seen aus?

In einer „Wachsenden Stadt“ prallen oft unterschiedliche Interessen aufeinander. Ein friedvolles Miteinander benötigt immer, dass ich meinem Gegenüber Toleranz entgegenbringe. Die Hundebesitzer sind die Gruppe, die sich am lautstärksten öffentlich Gehör verschaffen konnte. Das Bezirksamt hat aber viele Briefe erhalten, die durchaus Verständnis für das Hundeverbot gezeigt haben. Denn einige Hundebesitzer sind ungehalten und unbelehrbar, wenn sie darauf angesprochen werden, dass ihre Hunde Kinder verängstigen oder neben Badenden ihr Geschäft verrichten. Vielleicht gelingt es dem Bezirksamt nach der Aufregung, einen Dialog zwischen Hundebesitzern und den anderen Besuchern der Seen in Gang zu bringen; damit gegenseitiger Respekt zu gegenseitiger Rücksichtnahme führt. Ich gebe aber zu, dass sich die Fronten verhärtet haben, sodass ein friedliches, generationsübergreifendes Miteinander nur schwer ohne Regeln erreichbar sein wird.

4. Wie sehen Sie die Situation zur Unterbringung von Flüchtlingen und inwieweit könnte sich der Bezirk dabei in Unterstützung des Senats bzw. des neuen Flüchtlingsamts Berlin künftig mehr einbringen?

Der Bezirk hat sich bereits viel für eine angemessene und schnelle Unterbringung für Flüchtlinge eingesetzt. Jetzt muss es uns gelingen, vernünftige dauerhafte Unterkünfte bereitzustellen, damit die zwischenzeitlich genutzten Sporthallen endlich wieder freigezogen werden können. Im Bezirk gibt es eine hervorragende Willkommenskultur, die von vielen Ehrenamtlichen tatkräftig geleistet wird. Ihnen gilt mein ausdrücklicher Dank. Zusätzlich wurden an vielen Schulen Willkommensklassen eingerichtet. Sprachkurse an der Volkshochschule unterstützen die Flüchtlinge und Kulturangebote runden das Angebot ab, um Integration schnell zu fördern. Dies hilft, insbesondere den oft traumatisierten, unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern.

Nicht wirklich zum Lachen: Die Mädchentoilette im UG des Beethoven-Gymnasiums. Die nicht mehr selbsttragende Decke ist abgestützt.
Nicht wirklich zum Lachen: Die Mädchentoilette im UG des Beethoven-Gymnasiums. Die nicht mehr selbsttragende Decke ist abgestützt.

© privat

5. Der Bezirk verkauft soziale Wohnungen, etwa in der Mudrastraße in Lankwitz: Was halten Sie davon? Wie und wo würden Sie neuen bezahlbaren, kommunalen Wohnraum schaffen?

Der Verkauf der Seniorenwohnungen in der Mudrastraße erfolgte, weil der Bezirk die acht Millionen Euro Sanierungskosten aus seinem Haushalt nicht aufbringen kann. Die Wohnungen werden aber ausschließlich an städtische Wohnungsbaugesellschaften verkauft; mit der Zweckbindung „Seniorenwohnungen“. Ich gehe deshalb davon aus, dass hier nicht nur die notwendige Sanierung erfolgt, sondern auch der soziale Aspekt bei den Mieten erhalten bleibt. Ansonsten werden leider auch in unserem Bezirk viele Wohnungen zweckfremd genutzt und stehen dadurch dem Wohnungsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz versuchen wir jetzt, dieses Problem anzugehen und den vorhandenen Wohnraum den Menschen in Steglitz-Zehlendorf wieder zur Verfügung zu stellen.

6. Die Kiezzentren im Bezirk (Teltower Damm, Kranoldplatz, Schlossstraße) sollen schöner werden, um die Aufenthaltsqualität für die Bürger zu verbessern: Was kann das Bezirksamt dafür tun?

Die zahlreichen Kieze und unterschiedlichen Stadtbilder sind ein besonderes Merkmal unseres Bezirks und müssen geschützt werden. Ich genieße es sehr, am Wochenende über Märkte zu schlendern und in den kleinen Geschäften zu stöbern. Ich bin unter anderem für den kiezorientierten Präventionsbeirat zuständig, der zum Beispiel die „Runden Tische“ unterstützt. Begleitet werden diese Initiativen von Mitarbeitern des Bezirkes, der Polizei und themenorientiert von den vor Ort vertretenen Institutionen. Hier werden, auf kurzem Wege Wünsche und Anregungen, aber auch Probleme aufgenommen, Lösungsvorschläge angeboten und umgesetzt. So können die Bürger in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren ständig zur Verbesserung der Lebensbedingungen in ihren Ortsteilen beitragen. Dieses Konzept ist so erfolgreich, dass inzwischen andere Bezirke dieses Verfahren teilweise übernommen haben.

Nicht ein Baum ist auf dem Kranoldplatz in Lichterfelde Ost zu entdecken.
Nicht ein Baum ist auf dem Kranoldplatz in Lichterfelde Ost zu entdecken.

© Anett Kirchner

7. Zwei bedeutende Kulturangebote werden absehbar aus dem Bezirk verschwinden (Dahlemer Museen und Alliiertenmuseum). Wie kann das aufgefangen werden, und welche Vereine, Künstler oder Museen werden Sie unterstützen?

Die von mir gestartete Initiative „Jenseits von Mitte“ hat zum Ziel, dass Kunst- und Kulturangebote im Berliner Südwesten gestärkt werden. In den letzten Jahren sind bereits viele neue Projekte entstanden. Dazu gehört auch die Partnerschaft mit dem Center „Boulevard Berlin“. Dort treffen sich „Kunst und Kommerz“. Mit der Schlüsselübergabe des alten Frauengefängnisses in der Söhtstraße ist in diesem Frühjahr der Startschuss für ein weiteres aufregendes Projekt gefallen. Hier entstehen Ateliers, Bühnen und Ausstellungsräume in einer einzigartigen Umgebung. Zu guter Letzt konnte mit dem Kunsthaus Dahlem ein neues Museum in unserem Bezirk eröffnet werden. Und mit der Gründung der Jugendkunstschule im Haus der Jugend Albert Schweitzer können Kinder und Jugendliche ihre künstlerischen Fähigkeiten weiterentwickeln.

8. Wie kann Ihrer Meinung nach das Problem mit den monatelangen Wartezeiten in den Bürgerämtern gelöst werden?

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich großes Verständnis für die Unzufriedenheit vieler Steglitz-Zehlendorfer habe, eine Verbesserung der Serviceleistung der Bürgerämter für mich eine große Priorität hat. Wir haben versucht, diesem Problem entgegenzusteuern. Die vom Senat nur befristet bewilligten neuen Stellen wurden vom Bezirk dauerhaft besetzt und aus bezirklichen Mitteln aufgestockt. Im Verhältnis der Zahl der Sachbearbeiter im Bürgeramt zur Bevölkerung steht Steglitz-Zehlendorf berlinweit gegenwärtig auf dem zweiten Platz. Die ungewöhnlich große personelle Aufstockung stellt eine fundamentale strukturelle Verbesserung dar. Deshab erwarte ich langfristig eine spürbar positive Wirkung auf die Serviceleistungen der Bürgerämter für die Bürgerinnen und Bürger; sofern auch in den anderen Berliner Bezirken mehr Personal eingesetzt wird.

Die Fragen stellte Anett Kirchner.

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