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Porträtbild Maren Schellenberg, Bündnis 90/Die Grünen, im Hintergrund grüne Blätter.

© privat

BVV-Wahl: Maren Schellenberg, Grüne Steglitz-Zehlendorf: „Sonderprogramme sind Flickschusterei!“

Seit 2006 sitzt Maren Schellenberg für die Grünen in der BVV Steglitz-Zehlendorf, seit zwei Jahren als Fraktionsvorsitzende. Am 18. September geht sie als Spitzenkandidatin der Grünen für die Wahl ins Rennen. Hier beantwortet sie unsere Fragen.

Sieben Kandidaten, acht Fragen - in den Wochen vor der BVV-Wahl am 18. September antwortet jede Woche ein anderer Spitzenkandidat dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf auf acht Fragen. Diese Woche: Maren Schellenberg, 54 Jahre, verheiratet. Sie hat einen Sohn (20) und eine Tochter (18). Aufgewachsen ist sie im Schwäbischen und in Nordrhein-Westfalen. Sie hat in Freiburg (Breisgau) Rechtswissenschaften studiert, ist dann 1987 nach Berlin Steglitz-Zehlendorf gekommen und gerne geblieben, wie sie sagt. Seit 1997 wohnt Maren Schellenberg mit ihrer Familie nahe des Fischtals. Sie arbeitet als Rechtsanwältin und war zuvor Rechtsreferentin sowie Leiterin der Abteilung Weiterbildung in der Ärztekammer Berlin. Seit 2006 sitzt sie für die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf, seit zwei Jahren als Fraktionsvorsitzende.

 

1. Es gibt etwa 100 offene Stellen in der Verwaltung des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf: Was würden Sie unternehmen, um das Bezirksamt (BA) als Arbeitgeber attraktiver zu gestalten und qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen?

Der Bezirk hat bei der Suche nach Beschäftigten das große Problem, dass Stellen auf Landesebene besser bezahlt werden. Deshalb muss es uns gelingen, die Arbeit im Bezirksamt attraktiv zu gestalten. Hierzu gehört, dass Arbeitszeiten flexibel und familienfreundlich gestaltet sind; die Möglichkeit eingeräumt wird, einen Teil der Arbeit von zu Hause zu erledigen. Auch ein Job-Sharing-Programm würde zu deutlich mehr Attraktivität führen. Letztlich muss der Arbeitsplatz so gestaltet sein, dass es Spaß macht, hier zu arbeiten. Dazu gehören Banalitäten wie angenehme Räume und eine funktionierende EDV-Ausstattung. Ganz wichtig ist, dass der Bezirk noch mehr ausbildet. Richtige Ansätze sind zum Beispiel die Ausbildung von Beamten auf Probe und der Kontakt mit Verwaltungsfachhochschulen.   

Auftraggeber. Das Bezirksamt von Steglitz-Zehlendorf und das Regionalmanagement Südwest.
Soll als Arbeitgeber attraktiver gestaltet werden: Das Bezirksamt von Steglitz-Zehlendorf

© Thilo Rückeis

2. Badestelle und/oder Hundebadestelle: Wie sieht Ihre Lösung für das friedvolle Miteinander von Hundebesitzern, Hunden und Nichthundebesitzern an den Seen im Bezirk aus?

Die Seen im Bezirk werden in den Sommermonaten viel genutzt. Es kommt zu Konflikten verschiedenster Art. Die Idee, in den Sommermonaten Hunde vom Uferweg auszuschließen, finde ich nicht falsch. Der Hund, der das Kind abschleckt oder am Bein der Joggerin schnüffelt, ist auch an der Leine ein Problem. In jedem Fall müssen Leinenzwang und Badeverbot für Hunde stärker kontrolliert und durchgesetzt werden. Für ein friedvolles Miteinander aller an den Seen wäre es zudem notwendig, dass mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam Lösungen auch für die anderen Probleme - sei es der Müll, sei es der Lärm - gefunden werden. Wir müssen versuchen, eine Stimmung der gegenseitigen Rücksichtnahme zu erzeugen. Hierzu sollten alle zukünftigen Fraktionen der BVV unter Moderation des Bezirksamtes konstruktiv beitragen.

3. Was ist Ihre Idee von einem Masterplan, um den immens hohen Sanierungsbedarf (-stau) an Schulen in Steglitz-Zehlendorf abzubauen?

Gäbe es hier eine einfache und billige Lösung, wäre das schön. Die Schulsanierungen müssen in Steglitz-Zehlendorf weiterhin Priorität haben. Der Sanierungsbedarf ist in allen Bezirken teurer als gedacht, deshalb muss ein Masterplan zunächst deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen. Das kann nicht durch einzelne Sonderprogramme geschehen. Das ist Flickschusterei! Im Abgeordnetenhaus hat unsere Fraktion ein Konzept vorgeschlagen, bei dem sich Bezirke für ein gemeinsames Gebäudemanagement zusammen schließen, Fachleute für den Schulbau einstellen und durch Synergieeffekte Geld und Zeit sparen könnten. Das wäre ein guter Weg. Dabei ist aber auch klar: Wir sind hier an den Schulen und Problemen in unserem Bezirk näher dran, als es eine Landesbehörde jemals sein könnte. Die Entscheidungsbefugnis muss daher vor Ort bleiben.

Nicht wirklich zum Lachen: Die Mädchentoilette im UG des Beethoven-Gymnasiums: Stützen tragen die nicht mehr selbsttragende Decke
Nicht wirklich zum Lachen: Die Mädchentoilette im UG des Beethoven-Gymnasiums: Stützen tragen die nicht mehr selbsttragende Decke

© privat

4. Wie sehen Sie die Situation zur Unterbringung von Flüchtlingen im Bezirk und in wie weit könnte sich das BA hierbei in Unterstützung des Senates (Lageso) künftig mehr einbringen?

Die Sporthallen müssen freigezogen werden. Hier ist ein menschenwürdiges Leben nicht möglich. Der Bezirk und seine Menschen haben im letzten Jahr hier Großartiges geleistet. Der Bezirk hat schnellstmöglich Sporthallen zur Verfügung gestellt, Nachbarinnen und Nachbarn haben Netzwerke gebildet und geholfen. Die einzelnen Ämter im Bezirk wie Schulamt, Gesundheit, Jugend und Soziales haben schnell und zum Teil sehr unbürokratisch reagiert. Das sollte so bleiben. In Zusammenarbeit mit dem Lageso muss das Bezirksamt künftig frühzeitig und mehrmals die Anwohnerinnen und Anwohner informieren, um Ängste und Ressentiments abzubauen. Und ich finde, dass der Bezirk bei der Suche nach Standorten für die weitere Unterbringung eine aktivere Rolle spielen muss. Nur dann können wir beeinflussen, dass die Unterkünfte gleichmäßig im Bezirk verteilt sind und keine Gettos entstehen.

 

5. Der Bezirk verkauft soziale Wohnungen, etwa in der Mudrastraße in Lankwitz: Was halten Sie davon? Wie und wo würden Sie neuen bezahlbaren, kommunalen Wohnraum schaffen?

Die Entscheidung, dem Verkauf der Seniorenwohnungen zu zustimmen, ist unserer Fraktion nicht leicht gefallen. Der Sanierungsbedarf war hier jedoch so hoch, dass der Bezirk sich dies nicht leisten konnte. Wir brauchen in der ganzen Stadt bezahlbaren Wohnraum – auch in unserem Bezirk. Kommunalen Wohnraum zu schaffen, kann jedoch keine reine Bezirksaufgabe sein. Wir können durch eine kluge Bauplanung an manchen Stellen, zum Beispiel in der Fischerhüttenstraße in Zehlendorf, die Träger kommunaler Wohnungsbaugesellschaften unterstützen und bei großen geplanten Neubauprojekten, wie etwa in Lichterfelde Süd, darauf achten, dass in der Planung die Voraussetzung für ein soziale Mischung, also auch mit günstigem Wohnraum, geschaffen wird. Wenn jedoch das Land, wie in Berlin, die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften verkauft, kann das im Bezirk nicht ausgeglichen werden.

Nicht ein Baum ist auf dem Kranoldplatz in Lichterfelde Ost zu entdecken.
Nicht ein Baum ist auf dem Kranoldplatz in Lichterfelde Ost zu entdecken.

© Anett Kirchner

6. Die Kiezzentren im Bezirk (Teltower Damm, Kranoldplatz, Schloßstraße) sollen schöner werden, um die Aufenthaltsqualität für die Bürger zu verbessern: Was kann das BA dafür tun?

Ich möchte die Gestaltung und Entwicklung der Zentren, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürger, orientiert an ihren Wünschen und Ideen, verwirklichen. In Zehlendorf-Mitte und am Kranoldplatz gibt es schon engagierte Bürger, die Ideen haben, die ich zu großen Teilen unterstütze. Auch andere Zentren, zum Beispiel der Steglitzer Damm oder Lichterfelde-West, sind lebendige Kieze, die mit kleinen und großen Maßnahmen - etwa Fahrradständer, Radstreifen, einem Kiezfest oder Markt - aufgewertet und gestützt werden können. Das BA kann hier koordinierend tätig werden und Räume schaffen, alle an einen Tisch bringen. Das Amt muss aber auch eigene Ideen entwickeln, informieren, konkret planen und umsetzen. Mir ist hier wichtig, dass im BA die verschiedenen Stellen zusammen arbeiten und sie dabei das Ganze im Auge behalten.

 

7. Zwei bedeutende Kulturangebote werden absehbar aus dem Bezirk verschwinden (Dahlemer Museen und Alliiertenmuseum): Wie kann das aufgefangen werden und welche Vereine, Künstler oder Museen werden Sie unterstützen?

Es ist für den Bezirk sehr schade, dass diese Museen Dahlem verlassen müssen. Die Kultur wird hier zunächst ärmer. Deshalb muss danach in den Gebäuden weiter kulturelles Leben stattfinden. Sei es durch Künstlerateliers, Galerieverbünde; gern auch durch Museen, die es in Berlin noch gar nicht gibt. Es ist nicht hinnehmbar, wenn die Gebäude in Dahlem zukünftig allein als Lagerstätte und nicht der Öffentlichkeit und der Kultur dienen. Das Outpost, in dem heute noch das Alliiertenmuseum ist, hat meiner Ansicht nach durchaus das Potential, als Kino mit kulturellem Treffpunkt weiter zu bestehen. Wir brauchen hier noch gute Anregungen und Ideen aus dem Bezirk und von außen. Für deren Umsetzung möchte ich mich gerne im Bezirksamt und gegenüber dem Land einsetzen.

 

8. Wie kann Ihrer Meinung nach das Problem mit den monatelangen Wartezeiten in den Bürgerämtern des Bezirks gelöst werden?

Dieses Problem kann nicht im Bezirk allein gelöst werden. Sparen, bis es quietscht, war jahrelang die Devise des Senates. Die Folgen dieser falschen Politik baden wir alle jetzt aus. Und es trifft nun ausgerechnet die, die jeden Tag ihr Bestes geben: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirke. Für die Bürgerinnen und Bürger führt der Terminstau teilweise zu echten Problemen. Wir brauchen einfach mehr Personal; vor allem in den Bürgerämtern. Hierfür muss das Land die Finanzen zur Verfügung stellen. Genauso wichtig ist aber eine funktionierende Ausstattung mit einer funktionierenden Software; und zwar landesweit. Auch hier ist das Land in der Pflicht und hat bisher versagt. Das alles zusammen genommen, würde zu einer für alle spürbaren Entlastung der Bürgerämter führen.

Die Fragen stellte Anett Kirchner.

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