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Dahlemer Museen: Die Weltkultur zieht weg – und Ersatz ist nicht in Sicht

In vier Jahren sollen das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst aus Dahlem nach Mitte ins künftige Humboldt-Forum verlagert werden. Politiker warnen vor einer kulturellen Verödung im Berliner Südwesten.

Für den Museumsstandort Dahlem zwischen Lansstraße und Arnimallee läuft die Zeit ab. 2018, wenn nach derzeitiger Planung das Humboldt-Forum auf dem Schlossplatz in Mitte fertig wird, sollen die weltweit einzigartigen, zum Teil jahrtausendealten Kulturgüter dorthin umziehen. Ein schmerzlicher Verlust für den Berliner Südwesten. Und die Überlegungen, wie die Dahlemer Gebäude künftig genutzt werden könnten,  bleiben seit Jahren ergebnislos.

„Es ist ein Skandal, dass immer noch kein konkretes Konzept auf dem Tisch liegt“, sagt der Berliner SPD-Abgeordnete Michael Arndt aus Steglitz-Zehlendorf. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) stehle sich aus der Verantwortung. Hinzu kommt der marode bauliche Zustand, speziell in den neueren Bauten. Statt in die dringend nötige Instandsetzung zu investieren, kritisiert Arndt, baue die SPK ein Depot in Friedrichshagen. „Für Dahlem bleibt dann kein Geld übrig.“

Nur das Museum Europäischer Kulturen soll länger bleiben

Die drei Museen gehören zu den Staatlichen Museen zu Berlin, die wiederum Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind. Der Altbau entstand 1914 bis 1917, dort ist das Museum für Europäische Kulturen untergebracht. In den 1960er und 1970er Jahren wurde der Komplex erweitert. Im neueren Bau befinden sich die außereuropäischen Sammlungen, das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst.

Nach Angaben der SPK steht fest, dass diese nach Mitte ziehen – voraussichtlich 2018/2019. Das Museum Europäischer Kulturen bliebe zunächst in Dahlem. Perspektivisch soll aber auch dafür ein neuer Standort gefunden werden. Außerdem bestätigt die Stiftung, dass in Friedrichshagen ein großes Depot entsteht. Wenn es fertig ist, werden auch die restlichen Bestände und Werkstätten verlagert.

Die Welt zu Gast in Dahlem. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst beherbergen einzigartige Kulturgüter, sollen aber 2018 nach Mitte ins Humboldt-Forum ziehen.
Die Welt zu Gast in Dahlem. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst beherbergen einzigartige Kulturgüter, sollen aber 2018 nach Mitte ins Humboldt-Forum ziehen.

© Cay Dobberke

Uwe Lehmann-Brauns, Abgeordneter der Berliner CDU-Fraktion mit Wahlkreis in Dahlem, befürchtet eine kulturelle Verödung. Auch das Alliiertenmuseum an der Clayallee verlasse ja wohl bald den Bezirk. „Die Archive der SPK sind zum Brechen voll“, sagt Lehmann-Brauns. In Dahlem sei eine neu konzipierte Ausstellung mit Exponaten aus den Museumsbeständen möglich.

Eine Begegnungsstätte für Forscher?

Grünen-Kreischefin Tonka Wohjan weist auf die Nähe zur Freien Universität hin. „Ich könnte mir eine Begegnungsstätte für Forscher vorstellen, oder es werden die unterschiedlichen Wissenschaften zum Erlebnis für Klein und Groß sichtbar gemacht“, schlägt sie vor. Darüber hinaus biete sich wegen der Nähe zum Botanischen Garten und zu den vielen Grünflächen und Seen des Bezirks eine naturwissenschaftliche Ausrichtung an.

FU-Präsident Peter-André Alt entwickelt ein Konzept für die Nachnutzung der Räume des Ethnologischen Museums an der Lansstraße. „Allerdings sind diese Ideen noch Zukunftsmusik und in einem nicht spruchreifen Stadium“, sagte er dem Tagesspiegel.

Schon eher spruchreif ist ein Vorschlag von Reinhard Baumgarten, der im Auftrag des Bezirks das „Regionalmanagement Südwest“ leitet. Baumgarten schlägt einen Workshop für die Nachnutzung der Museen vor - unter Leitung der SPK und mit Beteiligung internationaler Fachleute.

„Dafür müsste natürlich Geld in die Hand genommen werden“, sagt er und schätzt die Kosten auf bis zu 500 000 Euro. Sich Gedanken zu machen, sei die Aufgabe der Stiftung. „Sie geht aber zu zögerlich an das Thema heran.“ Laut Baumgarten ist es „der erklärte Willen des Bezirksamts, keinen Wohnungsstandort zu errichten“. Vielmehr solle Dahlem ein einzigartiger Ort bleiben, der Besucher aus Deutschland und Europa anzieht.

Der Sanierungsbedarf ist groß

SPK-Sprecherin Birgit Jöbstl legt sich nicht fest: „Die Art der Nachnutzung wird derzeit diskutiert, wobei ein Verkauf der Liegenschaft nur eine mehrerer Optionen darstellt“. Man führe darüber auch Gespräche mit Bezirksvertretern. Der bauliche Zustand der Museen sei schlecht, „es wird von einem erheblichen Sanierungsaufwand ausgegangen“. Weil die SPK den Standort langfristig aufgeben wolle, gebe es keine Sanierungspläne. Um die Nutzung bis zum Umzug zu sichern, habe es am neueren Gebäude aber Maßnahmen zur Erhaltung der Substanz und zur „Funktionsertüchtigung“ gegeben. Der ältere Bruno-Paul-Bau sei 2009 bis 2011 grundsaniert worden. Die Gesamtbaukosten in Dahlem betrugen rund 20 Millionen Euro.

Doch das reicht wohl nicht. Dem Vernehmen nach liegen die Kosten für eine Instandsetzung des Museumskomplexes in dreistelliger Millionenhöhe. Ende April findet die jährliche Gesprächsrunde zu den „Perspektiven und Nutzungsmöglichkeiten der Dahlemer Museen“ statt. Dann wollen unter anderem Vertreter des Bezirks, der FU, der Senatskulturverwaltung und des Regionalmanagements erneut nach Lösungen suchen.

Die Autorin ist freie Journalistin und schreibt unter anderem für die Evangelische Wochenzeitung "dieKirche". Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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