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Es gab Lob für mehr Geld für die Schulsanierungen und für mehr Personal - doch kritisierten SPD und FDP "Rechentricks".

© Anett Kirchner

Doppelhaushalt 2018/2019 für Steglitz-Zehlendorf beschlossen: Für die einen ein Erfolg, für die anderen “Rechentricks“

Schwarz-grün legte einen ausgeglichen Bezirkshaushalt vor: mehr Mitarbeiter, mehr Ausbildung, mehr Geld für die Sanierung öffentlicher Gebäude. SPD, FDP, AfD und Linke stimmten dagegen.

Das Wichtigste zuerst: Der Doppelhaushalt 2018/2019 des Bezirks Steglitz-Zehlendorf mit einem Umfang von 1,2 Milliarden Euro wurde Mittwochabend von der Bezirksverordnetenversammlung mehrheitlich beschlossen. CDU und Bündnis 90/Die Grünen stimmten für das Zahlenwerk, die Fraktionen von SPD, FDP, Linke und AfD lehnten es ab.

Zuvor war es erst einig, dann hitzig im Bürgersaal zugegangen. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) zeigte sich sichtlich stolz und zufrieden: Der Haushalt sei ausgeglichen, eine "schwarz-grüne" Null sei erreicht - eine deutliche Verbesserung, denn die Haushalte der letzten Doppel-Jahre seien stets nicht ohne Defizite in Form von "pauschalen Minderausgaben" ausgekommen. Svea Bernhöft, Haushälterin der Grünen, sagte: "Dieser Bezirkshaushalt bringt die Wende: 200 zusätzliche Stellen, über dreißig Millionen Euro an Investitionen." Der Haushaltsentwurf zeige "unsere Investitionen in die Zukunft": Schulen, Radwege, Straßen, Spielplätze, Toiletten auf Friedhöfen.

Über Zwölf Millionen Euro sind alleine für die Instandhaltung und Wartung der Schulen und der schulischen Sportanlagen vorgesehen - eine Verdopplung der Mittel im Vergleich zum Haushaltsjahr 2017. Außerdem seien für sieben große Schulsanierungen im Bezirksetat für die kommenden zwei Jahre weitere 26 Millionen Euro an Investitionen vorgesehen, erklärte Bernhöft. Hinzukämen Sonder-Mittel des Senats zur Schulsanierung.

„Zeit des Sparens ist vorbei“

Auch der Vorsitzende des Haushalts-Ausschusses, Norbert Buchta (SPD), jubelte: "Die Zeit des Sparens ist vorbei." Über zehn Prozent betrage der Geldzuwachs, der dem Bezirk für die nächsten beiden Jahren vom Senat zur Verfügung gestellt werden wird. Neben der Sanierung der Schulen und anderer öffentlicher Gebäude setzten die Bezirksverordneten einen politischen Schwerpunkt bei den Mitarbeitern.

Die Bezirksverordnetenversammlung debattierte über den Haushalt: SPD, FDP, Linke und AfD lehnten ihn ab.
Die Bezirksverordnetenversammlung debattierte über den Haushalt: SPD, FDP, Linke und AfD lehnten ihn ab.

© Boris Buchholz

Der Bezirk habe einen „immensen Nachholbedarf“ beim Personal, erläuterte die Bezirksbürgermeisterin. In den letzten Jahren sei der Personalbestand durch Sparvorgaben des Landes zu sehr ausgedünnt worden. „Wir brauchen eine breit aufgestellt Verwaltung, die agieren und nicht nur reagieren kann.“ Alleine sechzig Stadtinspektoren, Beamte in Ausbildung, sind im neuen Haushalt eingeplant, 42 davon könne die Verwaltung „im Vorgriff auf den Haushalt“ noch in diesem Jahr einstellen, gab Richter-Kotowski bekannt. Auch moderne und innovative Ausbildungswege wie einen dualen Studiengang im Verwaltungsbereich soll es 2018 wieder geben. Aber, warnt sie als oberste Personalchefin des Bezirks, „es wird nur gelingen, die Probleme bei der Personalsuche zu reduzieren, nicht sie zu lösen“. Haushaltsexperte Norbert Buchta ist überzeugt, dass die Investitionen in die eigene Ausbildung von Fachleuten richtig sei. Allerdings „bleibt zu hoffen, dass die neu ausgebildeten Mitarbeiter dauerhaft beschäftigt werden können.“

Personal müsse ausfinanziert werden

Denn ein Problem sahen alle Fraktionen, die sich am Mittwochabend zu den Personalplanungen äußerten: Die Senatsannahme, dass alle Stellen gleichermaßen 45.000 Euro im Jahr kosten würden (plus 5000 Euro Sachmittel), sei absurd. Zum Beispiel sei der Bezirk vom Land aufgefordert, 18 Stellen in der Musikschule zu schaffen, rechnet Richter-Kotowski vor. Doch eine Fachkraft der Entgeltstufe 10 koste den Bezirk 72.000 Euro im Jahr: „45.000 Euro reicht nicht einmal für die Entgeltstufe 5.“ Der Senat müsste die Stellen, die jetzt neu geschaffen werden, auch ausfinanzieren.

Dann war Schluss mit der Einigkeit. Weil die schwarz-grüne Bezirksamtsmehrheit aus der Erfahrung, dass am Ende eines jeden Jahres Geld im Personaltopf übrige bleibe, den Schluss gezogen hatte, mit dieser "Reserve" weitere Stellen finanzieren zu können, steckten CDU und Grüne harsche Kritik ein. Den Hintergrund erklärte Richter-Kotowski so: Oft würden auslaufende oder freiwerdende Stellen im Amt nicht sofort wieder besetzt, vorgesehene Gelder würden dann nicht ausgegeben. Mit diesem Umstand plante das Haushaltsamt nun und verteilte das Geld (rechnerisch 3,1 Prozent jeder Personalstelle) neu. Der Bezirksverordnete Jan Kellermann (SPD) nannte diese 3,1 Prozent den "Richter-Kotowski-Koeffizienten", sein Parteikollege Martin Matz warf der schwarz-grünen Zählgemeinschaft "Rechentricks" vor.

Streit um Gegenfinanzierung

Sozialdemokrat Matz mahnte das Bezirksamt, die neuen Stellen auch sofort auszuschreiben und bald zu besetzen. Denn er freue sich zwar, dass sich die Mittel für die bauliche Unterhaltung verdoppelt hätten, es sei aber „gar nicht so einfach, so viel Geld zu verbauen“. Es brauche qualifizierte Mitarbeiter, „Sie werden mit Ihrer Stadträtin da noch viel basteln müssen“. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe hingegen zeigte sich zuversichtlich, dass Baustadträtin Maren Schellenberg von den Grünen diese Probleme lösen werde: Ihr Arbeitsanfang „ist vielversprechend“. In der Vergangenheit sei ja das Hauptproblem beim Bauen gewesen, dass die Bauabteilung vom jetzigen Verkehrsstadtrat Michael Karnetzki (SPD) geleitet wurde, polemisierte Hippe, Karnetzki habe „ständig für Verzögerungen gesorgt“.

Im Bürgersaal des Zehlendorfer Rathauses wurde heftig um den Bezirkshaushalt gestritten.
Im Bürgersaal des Zehlendorfer Rathauses wurde heftig um den Bezirkshaushalt gestritten.

© Anett Kirchner

Kritik am Haushaltsentwurf äußerte die FDP: Rolf Breidenbach erinnerte an die fünf Änderungsanträge, die die Liberalen in die Haushaltsberatungen eingebracht haben, und die im Haushaltsausschuss mit großer Mehrheit abgelehnt worden sind (einzig die FDP stimmte im Haushalt für die Anträge). Die Liberalen wollten mehr Personal im Rechts-, Bürger- und Standesamt, mehr Geld sollte auch für mehr „bezirkliche eGovernment-Prozesse“ bereitstehen. Doch die inhaltlichen Argumente und vor allem die Vorschläge zur Gegenfinanzierung überzeugten im Haus nicht - unter anderem hatte die FDP bei Kulturangeboten kürzen und 100.000 Euro pauschal einsparen wollen.

SPD, FDP, AfD und Linke lehnten den Haushalt ab

Auch die SPD hatte drei Änderungsanträge gestellt: Sechs weitere Mitarbeiter hätte das Ordnungsamt aus ihrer Sicht bekommen sollen; finanzieren sollten sie sich aus Bußgeldern für Ordnungswidrigkeiten - es ging um 360.000 Euro. Vor allem die CDU hielt dagegen: Es könne nicht sein, dass man Bezirksamtsmitarbeiter mit dem Ziel auf Streife schicke, Geld bei den Bürgern einzutreiben, damit die Gehälter bezahlt werden könnten. Ein Argument, das bei der SPD-Fraktion Kopfschütteln auslöste: Denn natürlich würden mehr Ordnungsamtsmitarbeiter auch mehr Verstöße ahnden - es sei ja gerade ein Manko, dass das Ordnungsamt oftmals nicht präsent sein könne. Neben den zusätzlichen Ordnungskräften wünschte sich die SPD einen eigenen Etat für bezirkliche Schulgremien (1500 Euro) und einen Zuschuss für Arbeitsgemeinschaften an Schulen (10.000 Euro). Auf den letzten Wunsch antwortete Svea Bernhöft (Grüne), dass bereits der Senat die AGs finanziere, ein bezirklicher eigener Topf sei daher überflüssig.

Der Haushälter der AfD-Fraktion, Volker Graffstädt, lobte neben der Aufstockung der baulichen Unterhaltungsmittel auch, dass der Fuhrpark des Grünflächenamts erneuert werden solle: „Es ist Zeit, die Fahrzeuge mal auszutauschen.“ Als unverständlich empfand er allerdings die unterschiedliche Entlohnung auf Landes- und Bezirksebene: Bis zu zwei Entgeltgruppen würden Bezirksmitarbeiter bei einer ähnlichen Tätigkeit weniger verdienen als in einer Senatsverwaltung, er sprach vom „Bezirks Pay Gap“ - Martin Matz rief dazwischen: „Weisen Sie das mal nach!“

Am Ende der Debatte lehnten SPD, FDP, AfD und die Linken, die sich nicht an der Haushaltsdebatte beteiligt hatten, den Haushaltsentwurf ab, die schwarz-grüne Mehrheit stimmte zu.

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