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Frei nach einer gängigen Kurvenmelodie: Ohne Platzwart haben wir keine Chance, ohne Platzwart ...

© dpa

Folgen für Vereine in Berlin: Mindestlohn auch für Fußballer und Platzwarte

Das neue Gesetz zum Mindestlohn gilt auch für Berlins Vereine mit ihren 600.000 Sportlern. Nicht immer geht die Rechnung aber auf - wie ein Beispiel von Hertha 03 Zehlendorf zeigt.

Die meisten Vereine leben von dem Engagement ihrer Mitglieder und könnten ohne diese nicht existieren. Sportvereine sind ohne ehrenamtliche Trainer nicht denkbar, Musikvereine nicht ohne Chorleiter und soziale Einrichtungen nicht ohne ihre Helfer. Manchmal aber bieten sie auch richtig bezahlte Arbeit und damit für manche Menschen zumindest eine teilweise Existenzgrundlage – oft in der Form von Minijobs mit einem Gehalt von bis zu 450 Euro im Monat. Und deshalb müssen sich auch Berliner Vereine mit dem seit Anfang des Jahres geltenden Mindestlohngesetzes auseinandersetzen. Dieses schreibt vor, dass ein Stundenlohn in keinem Fall unter 8,50 Euro liegen darf.

Der größte Verband ist der Landessportbund. Unter seinem Dach sind 2370 Vereine zusammengeschlossen mit insgesamt 608.000 Mitgliedern. Rund ein Zehntel von ihnen engagiert sich ehrenamtlich. Das können sie auch weiter tun, ohne dass dies mit dem Mindestlohngesetz kollidiert, so lange sie für eine normale ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr als 750 Euro im Jahr erhalten. Wer Jugendliche in einer Fußballmannschaft betreut oder die Kinder in einem Verein betreut, kann sogar 2400 Euro pro Jahr erhalten – die sogenannte Übungsleiterpauschale. Diese gibt es nicht nur bei Sportvereinen, sondern sie kann auch in anderen gemeinnützigen Vereinen etwa für künstlerische oder nebenberufliche Dozententätigkeit bezahlt werden. Diese Pauschale unterliegt nicht dem Mindestlohngesetz. Sie gilt nicht als Lohn und muss deswegen nicht auf ein Stundenentgelt heruntergerechnet werden.

Im Landessportbund und den Vereinen sei nicht viel Unruhe wegen des Mindestlohnes zu spüren, sagt Sprecher Dietmar Bothe. „Nur ein wenig Moserei.“ Probleme könne es eben bei Minijobbern geben oder bei Vertragsamateuren, die in der Regel eine Vergütung von rund 250 Euro erhalten. Laut Bothe fürchteten die Vereine aber vor allem einen größeren bürokratischen Aufwand. Minijobber, die etwa in der Geschäftsstelle der Vereine oder auf den Plätzen arbeiten, dürfen jetzt nicht mehr als 52 Stunden im Monat arbeiten, damit sie die Mindestlohngrenze nicht unterschreiten. Hier werde man wohl in manchen Fällen die Zahl der Stunden reduzieren müssen, sagt Bothe.

Bei den Platzwarten behelfen sich einige kleinere Vereine auch damit, dass sie keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, sondern Vereinbarungen über den Service getroffen haben. Sie zahlen also dafür, dass der Platz bewirtschaftet wird. Wie das aber genau geschieht, ist dann dem Platzwart überlassen. Die Vereine haben oft mit dem Bezirksämtern sogenannte Schlüsselverträge. Danach erhalten die Vereine eine Pauschale dafür, dass sie dafür sorgen, dass die Sportplätze bespielt werden können. Das ist auch für die Bezirke billiger, als wenn sie einen Platzwart einstellen müssten. Beim Berliner Fußball-Verband (BFV) überlegt man vor allem, welche Auswirkungen das neue Gesetz bei den Vertragsamateuren hat.

Training, Anreise, Spiel: Vertragsfußballer werden sich kaum ans Gesetz halten können

Die Fußballer sind auch am meisten davon betroffen. „Ich sehe aber keine Welle an Problemen auf den BFV zuschwappen“, sagt Sprecher Kevin Langner. In den Vereinen werde jetzt genau mit Experten geprüft, was das Gesetz bedeutet. Sie müssen klären, was beispielsweise bei einem in der fünftklassigen Oberliga spielenden Fußballer alles zur Arbeitszeit zählt: Training, An- und Abreise zu Auswärtsspielen, das Spiel an sich. Bei 250 Euro dürften sie nämlich nur etwas mehr als 30 Stunden im Monat für den Verein aktiv sein. „Damit kommt man nicht hin“, sagt Geschäftsführer Michael Stüwe-Zimmer von Hertha 03 Zehlendorf.

Schließlich wird in diesen Spielklassen drei, vier Mal trainiert – pro Woche – und sonntags gespielt. Und wenn dann beispielsweise Hertha 03 Zehlendorf in der fünften Liga zu den Spielen nach Greifswald, Neubrandenburg oder Schönberg (300 Kilometer, kurz vor Lübeck) reisen muss, kommen für so einen „Vertragsamateur“ schon mal 15 Stunden Arbeitszeit zusammen – allein in einer Woche. Für Hertha 03 ist es kein großes Problem, da nur ein Spieler bei ihm als Vertragsamateur beschäftigt ist. Aber dennoch will auch Stüwe-Zimmer mit dem Vorstand und einem Steuerberater jetzt klären, wie das Thema angegangen werden soll.

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