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Eddy ist traurig. Und erklärt im Interview, warum er die Entscheidung für falsch hält.

© Uli Hansbuer

Hundeverbot: Interview mit einem Labrador: "Wir kacken nicht ins Wasser!"

Das Hundeverbot am Schlachtensee hat sehr viele unserer Leser bewegt, viele finden es richtig, andere finden es gar nicht gut. Es gibt heftige Diskussionen, aber der Zehlendorf Blog lässt nun erstmals und exklusiv einen Betroffenen zu Wort kommen. Eddy, ein Labrador.

Das Ausführverbot für Hunde am Schlachtensee, das am 15. Mai in Kraft treten wird, sorgt für viel  Unruhe in der Bevölkerung. Mit den Betroffenen hat keiner im Vorfeld geredet. Auch die Umfrage „Bürger-Feedback des Umwelt- und Naturschutzamtes" im Bezirk wurde erst nach dem Beschluss ins Netz gestellt und soll erst im September 2016 ausgewertet werden – außerdem funktioniert der Speicher der Umfrage nicht und ist zusammengebrochen. Der Zehlendorf Blog hat mit einem Betroffenen gesprochen, dem zwei Jahre alten Labrador Eddy, der jeden Tag den See nutzt.

Eddy, was halten Sie davon, dass Sie bald nicht mehr in den Schlachtensee und in die Krumme Lanke zum Schwimmen dürfen und das Sie nicht mehr am Ufer rumtollen können?

Ich bin sehr traurig und geschockt, vor allem weil ich ein Labrador bin, der Wasser liebt und der es in den Genen hat zu schwimmen. In den letzten Jahren war ich immer zusammen mit meinem Herrchen im Wasser, jeden Morgen und das war toll, wir sind zusammen geschwommen, das war herrlich. Was mach ich jetzt, wenn mein Herrchen alleine schwimmt?

Sind immer viele Ihrer Artgenossen schwimmen gegangen?

Überhaupt nicht -  die meisten meiner Freunde können gar nicht schwimmen, die finden Wasser blöd. Mein Freund Hunter, ein Irish Setter, der will gar nicht schwimmen… Es sind meist die Retriever und die Labradore, also die Familienhunde, die gerne schwimmen und die kommen aus sauberen Haushalten, meist mit vielen Kindern.

Ein Grund für das Verbot: Sie sollen sich im See entleeren und sollen für Exkremente im See verantwortlich sein und den See verschmutzen  – was sagen Sie dazu?

Hunde generell sind reinlich, sie pinkeln weder ins Wasser wie das die Menschen tun, noch kacken sie ins Wasser – dafür gehen wir in den Wald unter den Busch. Im Wasser? Das kann ein Hund gar nicht.

Wie gefährlich ist der Schlachtensee für Sie?

Im Sommer bin ich schon mal in Glas getreten, musste zum Arzt. Wenn wir am Wochenende morgens um den See joggen, ist es echt gefährlich. Überall der menschliche Schmutz, Bierflaschen, Dreck, weggeworfenes Grillgut. Rund um den Schlachtensee gibt es drei Mülleimer, im Sommer aber gefühlte 300 Griller pro Abend. Selbst wenn die aufräumen wollen, geht es nicht. Und dann kommen nachts die Füchse und die Wildscheine und verteilen den Unrat beim Suchen nach den Lebensmitteln. Außerdem müssten Sie mal schauen, abseits des Weges: volle Kondome, Taschentücher voll menschlicher Exkremente und Sonstiges. Die Menschen entleeren sich nicht nur im Wasser, sondern direkt am Uferweg, eine Sauerei. Vor Jahren gab es ja auch schon mal diese Diskussion, damals stellte sich aber auch raus, dass Reste der aus den Schiffen auf dem Wannsee abgelassenen Fäkalien durch unterirdische Kanäle in den Schlachtensee gelangen. Pfui! Aber auf unser empörtes Bellen reagiert natürlich keine Stadträtin...

Wie ist das, wenn man angeleint rumlaufen muss?

Versuchen Sie mal, angeleint spazieren zu gehen, Sie werden mit der Zeit neurotisch. Außerdem kann ich dann meinen Artgenossen gar nicht mehr richtig Hallo sagen. Für Sie mag ja ein Baum ein Baum sein, aber für uns ist ein Baum unser Facebook. Und haben Sie schon mal versucht, mit Ihren Freunden angeleint zu spielen. Das klappt nicht. Da verheddern wir uns nur. Außerdem fühlen sich viele meiner Artgenossen an der Leine viel schneller bedroht und reagieren dann aggressiver.

Was glauben Sie, sagt Ihr Herrchen zu der Situation?

Der wird auch neurotisch, wenn er mich immer anleinen muss. Dann ist er auch nicht mehr so locker wie früher. So wird es vielen Hundebesitzern gehen. Sie werden aggressiv, weil wir ja auch mal unsere Wege gehen wollen und dann ziehen….das schmerzt am Oberarm, in der Schulter und am Hals.

Eddy (li.) mit seinem guten Freund Hunter in der Fischerhütte beim Interview. Übrigens, Hunter mag Wasser gar nicht und geht nicht schwimmen.
Eddy (li.) mit seinem guten Freund Hunter in der Fischerhütte beim Interview. Übrigens, Hunter mag Wasser gar nicht und geht nicht schwimmen.

© Uli Hansbuer

Zurück zur schlimmen Wasserverschmutzung, für die Ihr verantwortlich sein sollt?

So ein Blödsinn. Mein Tierarzt Achim Kröger vom Hagenplatz hat mich gegen alle Krankheiten geimpft, tat übrigens weh, und selbst die Direktorin der Tierklinik Düppel, die Barbara Kohn, wundert sich ob der komischen Argumente und sagt, von badenden Hunden gehe kein Risiko aus. Das soll der Bezirk erstmal beweisen…Außerdem würde mein Herrchen ja nicht mit mir schwimmen gehen, wenn ich ansteckend wäre oder seine Gesundheit sonst wie gefährde.

Warum glauben Sie dann hat die Umweltstadträtin der Grünen, Frau Christa Markl-Vieto, das Ausführverbot für Sie am Schlachtensee verhängt?

Was mich ja mal interessieren würde, ob Frau Markl-Vieto selber einen Hund hat oder ob sie zu dem Thema so berufen ist wie unser Justizsenator Heilmann, der einen „Dogy Talk“ einrichtete ohne eine Ahnung vom Thema Hund als Haustier zu haben. Mein Papa, der ja schon erfahrener ist, sagt, dass sei mal wieder typisch Berlin. Da werden mit Hauruck Beschlüsse gefasst ohne zu überlegen, ob es auch vernünftige Kompromisslösungen gäbe. Seine Familie war gerade in New York und da dürfen Hunde zum Beispiel jeden Morgen bis 9 in den Central Park. So könnte man es hier doch auch machen.

Das wird die Hundebesitzer aber auch nicht glücklich machen....

Ich meine ja auch nur die Sommermonate. Ich habe mit meinem Papa gesprochen. Sein Frauchen badet immer Mitte Juni an, so auch er. Da gibt es noch sehr wenige Schwimmer. Spätestens Ende September wird das Wasser wieder zu kalt.  Wir reden also von einem Vierteljahr. In diesem Vierteljahr ist wirklich viel los an Schlachtensee und Krumme Lanke. Aber im restlichen Dreivierteljahr sieht die Sache anders aus. Und jetzt im Winter ist nix los, da treffen wir morgens niemanden. Und dann soll ich angeleint sein und darf da nicht mehr hin?

Das Hundeauslaufgebiet im Grunewald ist mit 810 Hektar das größte in Berlin. Künftig aber sollen die nordwestlichen Ufer der Krummen Lanke und des Schlachtensees nicht mehr dazugehören.
Das Hundeauslaufgebiet im Grunewald ist mit 810 Hektar das größte in Berlin. Künftig aber sollen die nordwestlichen Ufer der Krummen Lanke und des Schlachtensees nicht mehr dazugehören.

© TSP

Aber die Jogger sind doch ganzjährig  da....

Ja, das stimmt, aber im Winter auch weniger.  Wenn wir Hunde sie so stören, könnten sie ja auch an der Südseite laufen, an der wir angeleint sein müssen, außerdem jogge ich immer mit, wenn mein Herrchen joggt, das ist super…

Was soll nun getan werden?

Diese Verordnung überdenken, mit allen reden. Es  wäre doch viel sinnvoller, das Ordnungsamt würde mal die Einhaltung des Leinenzwangs kontrollieren oder das Einsammelns unseres Hundekots in den Wohngebieten. Wenn nämlich die Menschen nicht mehr vor ihrer Haustür ständig in unsere Hinterlassenschaften treten und sich verständlicherweise  ärgern- wir tapsen ja auch nicht gerne in menschliche Exkremente, wie am Schlachtensee häufig - , dann wäre die Stimmung gegen uns Hunde auch nicht so aufgeheizt und unsere grüne Stadträtin könnte sich an wirklich wichtigen Themen dieser Stadt profilieren…

Das Gespräch führte ein sehr guter Freund von Eddy, der mit ihm in Zehlendorf lebt. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Wenn Sie Fragen haben oder sich beteiligen möchten, können Sie diesen Text kommentieren oder Sie schreiben an zehlendorf@tagesspiegel.de

Ulrich Hansbuer

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