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Der Wolgograder Knabenchor - für viele seiner Mitglieder mehr als "nur" ein Chor

© Kirchengemeinde Schlachtensee

Knabenchor aus Wolgograd zu Gast in Zehlendorf: Mehr als ein Chor: er gibt Halt

Vom 25. Juni bis 4. Juli weilt der Wolgograder Knabenchor in der Stadt- bereits zum achten Mal. Für viele der Sänger ist die Mitgliedschaft in ihrem Chor vergleichbar mit einer Familie, die Halt gibt.

Mit großer Vorfreude erwarten der Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf und die Kirchengemeinde Schlachtensee den achten Besuch des Wolgograder Knabenchores. Er wird in der Zeit vom 25. Juni bis 4. Juli zahlreiche Konzerte in der Stadt geben.

Die 24 Kinder und jungen Männer aus Russland erwartet ein buntes Programm mit Stadtführung, Besuchen in der Oper, im Zoo und Reichstag, einer Probe mit dem Schlachtenseer Kinderchor, CD-Aufnahmen und Jugendbegegnungen mit der Kirchengemeinde Nikolassee und der Johannes-Tews-Grundschule in Zehlendorf. Einen besonderen Höhepunkt werden die russischen Sänger gleich zu Beginn erleben, wenn sie beim Familientag in Berliner Familien eintauchen können. Hierzu wird jeder Familie, wenn nötig, ein Dolmetscher zur Seite gestellt.

Die Initiative „Arbeitskreis Partnerschaft Wolgograd“, ehemals Stalingrad, wurde von der Kreissynode im Jahr 1988 ins Leben gerufen. Ziel war und ist, die bereits vorhandenen Kontakte nach Wolgograd zu vertiefen und die Versöhnung zu fördern. 1996 gastierte der Knabenchor hier zum ersten Mal. Der Evangelische Kirchenkreis Zehlendorf (vor der Fusion mit Teltow) hatte ihn zur Friedensdekade „Kinder für den Frieden“ eingeladen. Seitdem verbindet den Knabenchor eine freundschaftliche Beziehung mit dem Kinderchor der Kirchengemeinde Schlachtensee.

In der Zehlendorfer Paulus-Kirche tritt der Wolgograder Knabenchor bei einer Matinee mit anschließendem Gemeindefest auf.
In der Zehlendorfer Paulus-Kirche tritt der Wolgograder Knabenchor bei einer Matinee mit anschließendem Gemeindefest auf.

© Anett Kirchner

Gisela Krehnke bereitet die Reisen vor und begleitet die jungen Sänger aus Russland, liebevoll unterstützt von vielen ehrenamtlichen Helfern. Beim letzten Besuch vor drei Jahren stellte sie fest: „Besonders begeistert sind die Knaben von unserer Orgel in Schlachtensee, die in der Russisch- Orthodoxen Kirche als Musikinstrument für Kirchenmusik nicht üblich ist.“ So wird auch die geplante Begegnung mit dem Kirchenmusiker Igor Schestajew mit großer Spannung erwartet. Wenn die Knaben auch noch wie beim letzten Mal sich selber an der Orgel ausprobieren dürfen, werden sicherlich für einige kleine Träume wahr.

Sergej Lopatin hat den Chor 1985 gegründet und ist heute noch sein Leiter und Dirigent. Ihm gehören 16 Knaben (Sopran und Alt) und acht Jugendliche (Tenor und Bass) aus dem Wolgograder Bezirk „Zentrum“ an. Die Männerstimmen sind ehemalige Knaben, die nach dem Stimmbruch wieder im Chor singen und inzwischen studieren oder im Beruf stehen.

Beim letzten Besuch von Jugendlichen unseres Kirchenkreises in Wolgograd erinnert sich die Reiseleiterin an eine eindrückliche Begegnung mit einem 30-jährigen Arzt aus dem Chor. Er verriet ihr, dass er schon oft überlegt habe, sein Land zu verlassen. Doch der Chor gebe ihm Halt. Seit seiner Kindheit singe er in dem Knabenchor. Nach einer Pause während des Stimmbruches habe er seine Leidenschaft für das Singen in dem Chor fortgesetzt. Heute begleite er junge Knaben als Mentor und unterstütze sie in ihrer Entwicklung. „Das gibt mir Kraft und Freude weiter zu machen, auch wenn es in unserem Land nicht immer einfach ist“, so seine Worte. Der Chor fühle sich wie eine Familie an.

In der Johanneskirche Schlachtensee wird der Knabenchor mit dem Schlachtenseer Kinderchor singen.
In der Johanneskirche Schlachtensee wird der Knabenchor mit dem Schlachtenseer Kinderchor singen.

© Anett Kirchner

Der junge Mann habe sich besonders gern an die vielen bereichernden menschlichen Begegnungen erinnert, die der Chor ihm auf den Konzertreisen nach Zehlendorf und in andere interessante Orte ermöglicht habe: „Die Welt des Reisens hat meinen Horizont erweitert und zeigt mir, wie wichtig es ist in unserem Land zu sein und zu helfen.“

Die Chormitglieder proben bis zu drei Mal in der Woche und erhalten eine intensive Stimmbildung, außerdem eine Ausbildung in Musiktheorie. Alle spielen mindestens ein Instrument. Bevor sie in den Hauptchor aufgenommen werden, absolvieren sie eine Ausbildung in einem „Vor-Chor“.

Sorge bereitet dem Chorleiter die bevorstehende Umstrukturierung des ehemaligen Institutes der Künste, zu dem der Chor gehört. Das Institut heißt inzwischen Konservatorium Wolgograd und gehört zur Hochschule. Die Situation ist noch nicht eindeutig geklärt. An ihr hängen wichtige Fragen, wie die Finanzierung der Gehälter und des Chores. Bislang können auch Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen Teil des Chores sein.

Die bevorstehende Konzertreise wird von vielen Spenden unterstützt, ohne die es nicht möglich wäre, ein solch umfangreiches und schönes Programm zu ermöglichen.

Der Chor in Aktion

Sie können den Chor in Aktion erleben am Sonntag, 26. Juni, um 11.30 Uhr bei einer Matinee mit anschließendem Gemeindefest in der Zehlendorfer Paulus-Kirche mit Superintendent Johannes Krug, am 29. Juni um 19 Uhr in der Schinkelkirche in Großbeeren und am 30. Juni um 17 Uhr in der Schlachtenseer Johanneskirche bei einem gemeinsamen Konzert mit dem Schlachtenseer Kinderchor. Hier werden Sie Ausschnitte aus Orpheus und Eurydike erleben und ein breites Musikspektrum von Pop bis zu russischen Werken. Am 2. Juli wird der Chor um 19.30 Uhr in der St. Jakobi-Kirche in der Kreuzberger Oranienstraße singen. Ihren letzten Konzerttag haben die Sänger am Sonntag, dem 3. Juli. Hier werden sie im Gottesdienst um 10 Uhr in Nikolassee singen und das Abschlusskonzert um 17 Uhr beim Hofkonzert in Güterfelde/Stahnsdorf geben.

Wir freuen uns auf eine besondere Woche. Wer gerne noch weitere Informationen haben möchte über den Chor, seine Aktivitäten und die Möglichkeiten, mit den Kindern und jungen Menschen zusammen zu treffen, kann sich gerne an Gisela Krehnke wenden: gukkrehnke@versanet.de, Telefon 030/ 803 15 38

Karen von Redecker gehört zum Organisationsteam der Konzertreise. Sie ist verheiratet, Mutter von vier Kindern, Apothekerin und Montessori-Lehrerin. Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit der Kirchengemeinde Schlachtensee.

Der Text erscheint auf Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Südwesten. Folgen Sie der Redaktion Steglitz-Zehlendorf gerne auch auf Twitter. 

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