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Schneller, als es dieses Schild erlaubt, kann man hier aufgrund der massiven Fahrbahnschäden sowieso nicht mehr fahren

© Anett Kirchner

Marode Hildburghauser Straße in Steglitz-Zehlendorf: „Die schlechteste Straße von Berlin“

Erst provisorisch ausgebaut, dann vor Jahrzehnten oberflächlich instand gesetzt - wegen der massiven Fahrbahnschäden gilt die viel befahrene Hildburghauser Straße in Lichterfelde als richtig gefährlich. Trotzdem könnte die Sanierung noch ein Weilchen auf sich warten lassen.

30 Kilometer pro Stunde sind erlaubt. Mehr geht eigentlich sowieso nicht: wegen deutlicher Fahrbahnschäden. Für viele Anwohner der Hildburghauser Straße in Lichterfelde ist das eine unangenehme Never Ending Story. Auch Heidelinde und Ullrich Klawiter haben die Nase voll. Seit mindestens zehn Jahren wird hier von einer Sanierung der maroden Straße gesprochen, die bei den Anwohnern den Beinamen „die schlechteste Straße von Berlin“ trägt. „Früher war sogar von einem vierspurigen Ausbau mit allen Raffinessen die Rede“, erinnern sich die Klawiters, die seit 1984 im Kiez wohnen. Ein Baubeginn ist jedoch bis heute nicht in Sicht. Und dass, obwohl die zuständige Bezirksstadträtin, Christa Markl-Vieto (Grüne), im Dezember letzten Jahres dem Tagesspiegel-Zehlendorf erklärte, dass es im Frühjahr 2015 losgehen soll.

Schon damals war es zu Verzögerungen gekommen, die Markl-Vieto mit bürokratischen Hürden begründete. Die Umleitung, die während der zweijährigen Bauzeit über den Lichterfelder Ring führen soll, musste nach ihren Angaben zunächst mit der Berliner Verkehrslenkungsbehörde (VLB) abgestimmt werden. „Dabei haben wir ein halbes Jahr gewartet, um einen Termin bei der VLB zu bekommen“, sagte die Bezirksstadträtin seinerzeit. Und jetzt?

Laut dem Straßen- und Grünflächenamt von Steglitz-Zehlendorf läuft im Augenblick ein Rechtsstreit beim Kammergericht, dem Berliner Oberlandesgericht, wegen der Vergabeentscheidung bei den Baufirmen. „Ein unterlegener Bieter fühlt sich benachteiligt“, erklärt Markl-Vieto. Daher sei es dem Bezirk momentan untersagt, eine Firma mit der Durchführung der Baumaßnahme zu beauftragen. Zunächst müsse die Entscheidung des Kammergerichtes erfolgen. „Wann die zu erwarten ist, kann ich nicht vorhersagen.“

Familie Klawiter wohnt zwar nicht unmittelbar an der Hildburghauser Straße, weil jedoch die Straße eine wichtige Lebensader hier ist, betrifft die Situation den ganzen Kiez. Für die Begründung des Bezirksamtes haben die Klawiters deshalb kein Verständnis. „Kann so ein Rechtsstreit denn nicht von vornherein verhindert werden“, fragt sich Ullrich Klawiter. Schließlich mache das Bezirksamt doch nicht zum ersten Mal eine derartige Ausschreibung. Durch diese jahrelangen Verzögerungen der Sanierung - jedes Mal anders und neu begründet - werde er das Gefühl nicht los, dass in dem zuständigen Amt unüberlegt und dilettantisch gearbeitet werde. Und während die Zeit weiter vergeht, müssen immer größere und tiefere Schlaglöcher, manchmal auch ganze Teilbereiche der Straße ausgebessert werden.

Besonders gefährlich sei es mit dem Fahrrad, erklärt der Anwohner. Denn weil die Straße sehr befahren ist, könne man nicht jedem Schlagloch ausweichen. „Und im Dunkeln geht es gar nicht, da schieben wir unsere Fahrräder gleich“, sagt er weiter. Inzwischen versucht Familie Klawiter, wenn möglich der Hildburghauser Straße auszuweichen. Einen Supermarkt dort fahren sie seit geraumer Zeit nicht mehr an. Mit dem Auto über diese Holperpiste ist anstrengend.

Dabei ist die Hildburghauser Straße in Lichterfelde keine unscheinbare Nebenstraße, sondern eine so genannte Hauptverkehrsstraße mit erheblichem LKW-Verkehr, wie das Straßen- und Grünflächenamt mitteilt. Sämtliche Fahrzeuge, die aus den südöstlichen Stadtteilen wie Marienfelde oder Tempelhof kommen und nach Zehlendorf wollen, fahren hier entlang. Pro Tag sind das etwa 11.800 Autos, LKW und Busse. Und auch aus dem Bezirksamt heißt es, dass der Zustand der Straße als „sehr schlecht“ zu bezeichnen sei. 1952 sei sie provisorisch ausgebaut worden, dann 1962 und 1969 oberflächlich instand gesetzt. „Im Allgemeinen sollte eine Straße alle 20 Jahre ausgebessert beziehungsweise saniert werden“, sagt Christa Markl-Vieto.

Sie erklärt weiter: Dass die Planungen für eine Sanierung vor vielen Jahren scheiterten, lag an dem damals noch geltenden Berliner Straßenausbaubeitragsgesetz. Danach sollten die Anlieger in die Straßenplanung einbezogen werden; im Klartext mitbezahlen. Doch die Anwohner wehrten sich dagegen, gründeten eine Bürgerinitiative. „Die Meinungsverschiedenheiten mussten in langwierigen und zeitaufwendigen Gesprächen geklärt werden“, schildert die Bezirksstadträtin, die zu dieser Zeit noch nicht im Amt war. Damals war der Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) zuständig.

Hinzu kam wohl, dass die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die vom Gesetz vorgeschriebene Zustimmung zu diesem Bauvorhaben verweigert habe, heißt es zudem. Erst nachdem das Straßenausbaubeitragsgesetz im September 2012 vom Senat abgeschafft worden sei, habe man die Planung überarbeiten und die Ausschreibung vornehmen können. Bei der Sanierung soll nun die gesamte Fahrbahnkonstruktion in einer Höhe von 65 Zentimetern grunderneuert werden, dazu gehören unter anderem der Asphalt, die Schottertragschicht und der Frostschutz.

Vierspurig wird die Hildburghauser künftig aber nicht. Die Breite der Fahrbahnen bleibt wegen der Bäume erhalten. Zwischen den Bäumen sollen neue Parkbuchten entstehen. Die Gehwege werden ausgebaut und dort, wo es möglich ist, sollen auch Fahrradwege angelegt werden. Die Kosten der Sanierung belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro und werden vom Land Berlin bezahlt. Fast alles ist demnach geregelt, muss jetzt nur noch einer den Startknopf drücken – zur Freude von Heidelinde und Ullrich Klawiter.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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