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Spaß am Singen haben die 70 jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Adonia-Musicals

© promo

Musical-Aufführung in Zehlendorf: Esther - Persiens next top queen

Schönheitswettbewerb und Altes Testament – das soll zusammen passen? Am Samstag wollen das 70 Schüler und Jugendliche beweisen und führen in Zehlendorf, in der Evangelischen Kirchengemeinde Zur Heimat, ein biblisches Musical auf.

In der ersten Reihe wird noch getuschelt. Warnend hält die Dirigentin einen Finger an die Lippen. Die Chorsängerinnen und -sänger vor ihr sollen leise sein, damit endlich mit der Probe angefangen werden kann. Es ist erst der dritte Probentag im Adonia-Musicalcamp und gleichzeitig schon der letzte. Denn so funktionieren die Musicalprojekte von Adonia, einem christlichen Verein mit Sitz in Karlsruhe, der ursprünglich aus der Schweiz kommt. Drei Tage lang studieren rund 70 Jugendliche zusammen ein Musical ein, das sie an den darauf folgenden vier Tagen bei einer Konzerttournee an verschiedenen Orten aufführen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Teenagercamps, die zwischen zwölf und neunzehn Jahre alt sind, verbinden zwei Dinge: die Lust am Singen und der Glaube an Gott. Letzteres ist allerdings keine Voraussetzung für die Teilnahme, sagt Henrik Schmutz, Leiter des Musicalcamps in Berlin. Der 24-Jährige ist zum wiederholten Mal bei einem Musicalcamp als Mitarbeiter dabei. Geld bekommt er für seine Arbeit nicht, denn die meisten Adonia-Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich. „Ich finde es toll, zu sehen, wie motiviert und enthusiastisch die Jugendlichen sind, die bei Adonia mitmachen“, sagt er – das sei ihm Belohnung genug.

 54 Mädchen und 10 Jungen singen, tanzen und schauspielern gemeinsam

In vier Kirchengemeinden in Berlin und Brandenburg führen 54 Mädchen und 10 Jungen in diesen Herbstferien das Musical „Die Königin Esther“ auf - die Heimatgemeinde in Zehlendorf ist eine davon. Während der Probentage wohnen die Jugendlichen gemeinsam in der Baptistengemeinde in Schöneberg und anschließend bei Gastfamilien an den einzelnen Aufführungsorten. „Es ist immer wieder enorm, die Entstehung eines Adonia-Musicals mitzuerleben“, sagt Henrik Schmutz.

Ganz schön modern: Königin Esther beim Lesen der "InStyle" im königlichen Palast.
Ganz schön modern: Königin Esther beim Lesen der "InStyle" im königlichen Palast.

© Nora Tschepe-Wiesinger

Jedes Musical ist eine Mischung aus Chor-, Theater- und Tanzaufführung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entscheiden sich am ersten Camp- und Probentag, ob sie singen, schauspielern oder tanzen wollen. Den Ablauf des Musicals und die Lieder kennen sie bereits, denn zwei Monate vor Campbeginn wurden ihnen die Noten per Post zugeschickt. „Und dann hieß es üben“, lacht eine Teilnehmerin und erzählt, wie sie sich die Lieder beim Fahrradfahren auf ihrem iPod angehört hat.

Das Üben hat sich gelohnt. Den 70 Mädchen und Jungen merkt man nicht an, dass sie sich drei Tage zuvor zum ersten Mal getroffen haben. Jeder Liedtext und Tanzschritt sitzt, die Bandmitglieder greifen in die Saiten ihrer Gitarre und hauen auf die Tasten des Keyboards. Die Motivation der Jugendlichen wirkt ansteckend.

 König: Die Mädchen müssen nichts können, nur schön sein

Das Musical „Esther“ ist eine moderne Nacherzählung des gleichnamigen Buches aus der Bibel, in dem es um das jüdische Waisenmädchen Esther geht. Esther gewinnt einen Schönheitswettbewerb und wird dadurch die Frau des persischen Königs Xerxes und Königin über Persien. Schönheitswettbewerb und Altes Testament – das soll zusammen passen? Der Autor des Musicals und Gründer von Adonia in Deutschland, Markus Heusser, hat den Übergang von einer Geschichte, die 500 Jahre vor Christus spielt, ins 21. Jahrhundert geschafft: Aus dem Schönheitswettbewerb ist eine Castingshow à la Heidi Klum geworden – gesucht wird: „Persiens next top queen“. Der König nennt folgende Voraussetzungen: „Die Mädchen müssen nichts können, sondern nur schön sein.“

Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.
Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.

© privat

Auf der Bühne werden die einzelnen Kandidatinnen nacheinander zum König gerufen; eine nach der anderen wird abgelehnt und bricht verzweifelt in Tränen aus. Schließlich ist Esther an der Reihe. Sie fragt sich in einem Lied: „Werd’ ich genügen?“, der Chor hinter ihr stimmt mit ein, und sie genügt dem König tatsächlich und wird „Persiens next top queen“.

Katja Beifuß spielt die Hauptrolle der Esther und musste dafür viel Text lernen und zwei Solos einüben. Für Adonia ist sie extra aus Hamburg angereist. „Die Gemeinschaft in so einem Camp ist unglaublich“, sagt die 14-Jährige, „hier wird jeder so akzeptiert, wie er ist, und man findet total schnell Freunde“. Im letzten Jahr hat sie zum ersten Mal bei einem Musical mitgemacht und mit den Freunden, die sie damals kennen gelernt hat, das ganze Jahr über Facebook Kontakt gehalten. „Für uns war klar, dass wir dieses Jahr alle wieder mitmachen“, erzählt sie.

Anmelden musste sie sich direkt nach ihrem letzten Camp, denn die Adonia-Musicalcamps sind mittlerweile so begehrt, dass sie ein Jahr im Voraus ausgebucht sind.

Das Adonia-Musical "Esther, die Königin" wird am Samstag, 12. Oktober, in Zehlendorf in der Evangelischen Kirchengemeinder zur Heimat, Heimat 27, um 19:30 aufgeführt. Weitere Aufführungen: Donnerstag, 10. Oktober, in Spandau in der Josua-Gemeinde, Bismarckstraße 20, um 19:30 und im Konservatorium in Cottbus, Puschkinpromenade 14, auch um 19:30. Der Eintritt ist frei. Um Spenden wird gebeten.

Die Autorin arbeitet für den Tagesspiegel und lebt in Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Nora Tschepe-Wiesinger

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