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Vor dem Abriss. In der zweiten Augustwoche beginnen die Bauarbeiten an der Clayallee 342. Die Santander-Bank ist umgezogen in die „Zehlendorfer Welle“.

© Cay Dobberke

Noch ein neues Geschäftshaus für Zehlendorf: Die nächste Bau-Welle an der Clayallee

Im Zentrum Zehlendorfs gibt es längst genug Läden. Trotzdem entsteht jetzt ein weiterer Neubau mit Einzelhandel und Büros: Ab August rollen die Bagger an der Clayallee 342 in der Nachbarschaft des Einkaufszentrums „Zehlendorfer Welle“.

Passanten können schon erahnen, dass sich die Clayallee weiter verändert, denn zwischen dem Kaiser's-Markt und dem Café Lebensart steht der Flachbau der Santander-Bank leer. Ein Schild weist auf deren Umzug in die „Zehlendorfer Welle“ hin. Im hinteren Gebäudeteil zogen Arztpraxen aus. Innen laufen bereits Abrissarbeiten, und ab der zweiten Augustwoche wird das schmucklose Gebäude auch außen abgetragen. Bis zum dritten Quartal 2014 soll an der Clayallee 342 ein Geschäftshaus mit 1300 Quadratmetern Fläche für Läden plus zwei Büroetagen entstehen.

Es wird an die Bebauungslinie des Gehwegs heranrücken und so eine Flucht mit dem angrenzenden Café und der Targo-Bank bilden. Aus dem Bezirksamt heißt es, Hauptmieter solle ein Drogeriemarkt werden. Die Bauherren nennen noch keine Ladenmieter, stellten aber auf Nachfrage klar, dass sie weder eine Apotheke noch einen Optiker oder Hörgeräteläden ansiedeln wollen. Solche Geschäfte ballen sich schon jetzt an der Clayallee und am Teltower Damm.

Hinter dem Projekt steht das Unternehmen Rokeach und Süsskind mit seiner Verwaltungsgesellschaft Terra-Contor. Zu deren Immobilien gehören auch das Haus von Apollo Optik am Teltower Damm und das Geschäftshaus Schlossstraße 110 in Steglitz mit Hugendubel, der Post und einem Fitnesscenter (für den ausgezogenen Saturn-Markt sucht man dort noch einen Nachmieter). Yves Süsskind, einer der Investoren, beschreibt die Bauherren als „alte Berliner, die sich gerne im Südwesten engagieren“.

Die geplanten 1300 Quadratmeter Handelsfläche liegen klar unter der Dimension der umstrittenen Zehlendorfer Welle – die mit 6000 Quadratmetern übrigens selbst noch als eher klein gilt und in der Shoppingcenter-Liste der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin gar nicht vorkommt. Zum Vergleich: Das Steglitzer Center „Das Schloss“ ist sechs Mal größer.

Im Modell. Bis zum dritten Quartal 2014 soll das Geschäftshaus an der Clayallee 342 zwischen Kaiser's und dem Café Lebensart entstehen. Diese Simulation spiegelt das geplante Gebäude, zeigt aber noch nicht, wie es genutzt wird.
Im Modell. Bis zum dritten Quartal 2014 soll das Geschäftshaus an der Clayallee 342 zwischen Kaiser's und dem Café Lebensart entstehen. Diese Simulation spiegelt das geplante Gebäude, zeigt aber noch nicht, wie es genutzt wird.

© Simulation: promo

Andererseits fragen sich nicht nur einige Händler und Kunden, wie viele neue Läden Zehlendorf-Mitte noch verträgt. Berlins Stadtentwicklungsverwaltung hat als Maximum 25 000 Quadratmeter Verkaufsfläche festgelegt, diese Grenze wurde im Herbst 2008 mit der Eröffnung der Zehlendorfer Welle erreicht. Offensichtlich sieht der Bezirk im neuen Geschäftshaus aber keine Bedrohung der Mittelständler in der Nähe.

Selbst einer der Ärzte, die ihre Praxen räumen mussten, äußert keine Kritik: Der Allgemeinmediziner Wolfgang Kreischer sagte dem Zehlendorf Blog: „Es ist alles fair abgelaufen, wir durften sogar 14 Tage länger drin bleiben. Jetzt bin ich mit meiner Praxis an die Truman Plaza gewechselt.“

Auch dort entstehen Läden: Zum Projekt „Fünf Morgen Dahlem Urban Village“ des Investors Stofanel gehören neben einer Luxuswohnsiedlung und einem Ärztehaus ein Reichelt-Supermarkt und ein Biomarkt; beide wollen im September öffnen. Bewohner der nahen Bruno-Taut-Siedlung hatten gegen die Größe dieses Vorhabens protestiert.

Bei der Zehlendorfer Welle hält sich die Begeisterung der Bürger bis heute in Grenzen. Der Projektentwickler OFB hatte das Zentrum als Ersatz für das seit 2002 geschlossene Stadtbad Zehlendorf schmackhaft gemacht. Aber es entstand ein nur wenige Stunden pro Tag öffentlich zugängliches Becken, das mit 1,35 Metern Tiefe zu flach für Vereinssportler ist; Forderungen nach einem Kleinkinderbecken blieben unerfüllt.

Die Fluktuation der Mieter in dem Zentrum ist hoch, einzig der amerikanische Diner und das Fitness-Center sind Institutionen geworden, die die Bürger annehmen. Bei Saturn und C&A sieht man in der Regel wenige Kunden. Die Boutique Claudia Tiefenbach spricht ohnehin einen speziellen Käuferkreis an.

Es kursieren Um- und Auszugsgerüchte, für die der Zehlendorf-Blog jedoch keine Bestätigung fand. Der Saturn-Marktleiter und die Filialchefin von C&A zeigten sich „nicht unzufrieden“. C&A wies außerdem den Eindruck vieler Zehlendorfer zurück, man verkaufe nur die untersten Teile des Sortiments. Richtig sei allerdings, dass es wegen geringerer Fläche nicht dieselbe „Sortimentstiefe“ wie etwa am Kurfürstendamm gebe, sagte die Filialleiterin.

Beim Drogeriemarkt, der am Neubau in der Clayallee 342 interessiert sein soll, handelt es sich wohl nicht um die in der Zehlendorfer Welle präsente Kette „dm“. Man sei dort „mit der Entwicklung unseres Marktes zufrieden“, sagte dm-Akquisiteur Jens Weigel.

Der Betreiber des Zentrums kann die Auszugsgerüchte „nicht nachvollziehen“. Es handelt sich um die Investorenfirma des Shoppingcenter-Spezialisten Harald Huth. Er ist bekannt als Gründer der Neuköllner Gropius-Passagen und des Steglitzer „Schloss“-Centers. Derzeit errichtet Huth ein Einkaufszentrum am Leipziger Platz in Mitte – und in Zehlendorf einen Neubau des Ausflugslokals Wannsee-Terrassen. In Zehlendorf-Mitte wurde ihm der Bau eines Einkaufszentrums verwehrt, das mehr als doppelt so groß wie die Zehlendorfer Welle werden sollte. Diese hat er nicht gebaut, aber später übernommen.

Der Steglitz-Zehlendorfer Baustadtrat Norbert Schmidt (CDU) sagt: „Architektonisch ist die Welle ein völliger Missgriff, aber als Bezirk sind uns da die Hände gebunden.“ Es gebe „leider keinen Geschmacksparagrafen“, man müsse Anträge rein baurechtlich prüfen. Nun hofft Schmidt, dass sich der aktuelle Neubau besser in die Tradition der Straße eingliedert.

Der Autor Cay Dobberke ist Reporter des Tagesspiegels, Armin Lehmann ist Redakteur für besondere Aufgaben. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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