zum Hauptinhalt

Predigt tief im Südwesten von Berlin: Gottes Baumhaus steht in Wannsee

Auf der Bäkewiese am Teltowkanal steht jetzt die Weidenkirche, Berlins einziges aus noch grünenden Bäumen gebautes Gotteshaus. Am Sonntag wurde sie eingeweiht.

Der Geruch gegrillter Würstchen zieht über die Bäkewiese am Teltowkanal. Leise Gitarrenmusik erklingt aus einer Ecke. In Kohlhasenbrück, kurz vor Albrechts Teerofen, dem äußersten Ende Berlins, tragen Jugendliche eine Bibel, eine Taufschale und Abendmahlskelche zu einer zeltartigen Konstruktion aus Weidenbäumen. Es ist die Weidenkirche, Berlins einziges aus noch grünenden Bäumen gebautes Gotteshaus. Am Sonntag wurde sie eingeweiht.

In der ersten Reihe sitzt Takeshi Otani, seine Augen glänzen. Denn es ist das Werk des Ehrenamtlichen aus der Evangelischen Schülerarbeit, dass auf dem traditionsreichen Zeltplatz kirchlicher Jugendgruppen gefeiert werden konnte. Takeshi Otani hatte die Idee für die Weidenkirche. Im Frühjahr war er mit einer Jugendgruppe in den Oderbruch gefahren, um Weidenruten zu schneiden. Und am Wochenende rund um den 1. Mai zelteten dann 120 Jugendliche auf der Bäkewiese.

Zum Beispiel der 18-jährige Paul: Er half mit, mehrere Tonnen Pflastersteine zum Bauplatz der Kirche zu schleppen. Andere errichteten ein Stahlgerüst und pflanzten die Weiden, die erneut Wurzeln geschlagen haben. Heute wachsen die Bäume am Gerüst in die Höhe. Eine grüne Kuppel ist entstanden, sogar ein Zaunkönig hat darin sein Nest gebaut. Und wer vor dem kleinen Altar nach oben schaut, hat den blauen Sommerhimmel über sich. „Ein tolles Gefühl, dass jetzt alles fertig ist“, sagt Paul. „Schritt für Schritt konnte man sehen, wie es wächst, wie die Zweige grünen und die Kirche fertig wird.“ „Komm Heiliger Geist, mit Deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft“, singen die Jugendlichen auf den Bierzeltbänken. Dann überreicht Takeshi Otani eine Gartenschere an Pröpstin Friederike von Kirchbach und Pfarrer Helmut Blanck. „In einer normalen Kirche würde man einen bei der Weihe einen Schlüssel überreichen“, sagt Otani. „Aber wir wollen ja alles in Schuss halten, und damit wir reinkommen, werden wir schnippeln müssen.“

Auf dem Areal campieren Jugendgruppen

Künftig soll das lebendige Bauwerk für die Andachten und Gottesdienste der auf dem Areal campenden Jugendgruppen wie auch für Taufen und Hochzeiten unter freiem Himmel genutzt werden. „Es ist eine Kirche entstanden aus lebendigem Material, das wächst und gedeiht“, sagt Friederike von Kirchbach. „Eine Kirche, die auch von innen her wachsen muss.“ Weswegen Jugendliche mit verteilten Rollen die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn lesen. Sie zeige, so von Kirchbach, wie Vergebung möglich sei. „Sie fordert uns auf, das Ungewöhnliche zu tun und Menschen zu vergeben.“ Eine Geschichte, die in den nächsten Jahren wohl noch häufiger auf dem Zeltplatz in Wannsee zu hören sein wird. „In der Landeskirche haben wir ja eher zu viele Kirchen mit zu wenig Menschen“, sagt Friederike von Kirchbach. „Nutzt die Kirche und habt den Mut, sie euch zu eigen zu machen.“

Sie möchten einen Ausflug nach Kohlhasenbrück machen? Wir haben da einen Tipp oder auch zwei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false