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Applaus, Applaus. "Candy Bomber" Gail Halvorsen vor der ehemaligen 9. Integrierten Gesamtschule Steglitz-Zehlendorf, die nun seinen Namen trägt. Jetzt ist auch die neue Schul-Website online.

© Thilo Rückeis

Schule für den "Candy Bomber": Zehlendorf feiert die Gail Halvorsen Schule

Gail Halvorsen war der "Candy Bomber", der ab 1948 kleine Fallschirme mit Schokolade für Berliner Kinder abwarf. Nun trägt eine Schule in Dahlem den Namen des Luftbrücken-Piloten.

Im Militärjeep kommt er vorgefahren, der 92-Jährige mit dem breiten Grinsen im Gesicht. Es ist dasselbe Grinsen wie auf den Fotos, die links und rechts des Haupteingangs der Schule in Dahlem Gail S. Halvorsen als jungen Mann zeigen.

Wenige Tage vor dem Berlin-Besuch von US-Präsident Obama hatte Dahlem am Sonnabend einen eigenen kleinen Staatsempfang. Halvorsen, Luftbrücken-Pilot und „Candy Bomber“, ließ ab 1948 Taschentuchfallschirme mit Schokolade für die Berliner Kinder aus seinem Flugzeug fallen. Jetzt hat die ehemalige 9. Integrierte Sekundarschule Steglitz-Zehlendorf seinen Namen erhalten. Halvorsen ist extra aus den USA angereist, um das Namensschild der Gail S. Halvorsen Schule zu enthüllen. Noch hat die Schule zwei Standorte, doch im kommenden Jahr werden sie zusammengelegt, kündigte Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles auf dem Festakt an. Unter den Rednern waren auch Vize-US-Botschafter James D. Melville und Bezirksbürgermeister Norbert Knopp.

Nach den Schwierigkeiten, die die Schule nach der Fusion hatte, auch in Hinblick auf die zwei Standorte, hoffen nun Lehrer, Schüler und Eltern auf eine bessere Zukunft. Die soll sich an den Werten des Namensgebers orientieren. „Mit einer Empathie, mit einer Freundlichkeit Menschen gegenüber zu treten, dafür steht Gail Halvorsen“, sagte Staatssekretär Rackles, der seinen sechsjährigen Sohn mitgebracht hatte.

Neben seinem Grinsen hat Gail Halvorsen auch den Humor nicht verloren. Als er bei strahlendem Sonnenschein an das Rednerpult am Haupteingang der Schule trat, sagte er zunächst, wie froh er sei, zurück in seiner „zweiten Heimat“ zu sein. „Ein 92-Jähriger ist froh, überhaupt irgendwo zu sein“, fügte er hinzu und war dabei offensichtlich in bester Verfassung. Noch in diesem Winter soll Halvorsen in Colorado im Ski-Urlaub gewesen sein.

Der Luftbrücken-Pilot erzählte, wie West-Berliner Kinder ihm während der Berlin-Blockade sagten, sie bräuchten nicht genug zu essen. Er dürfe sie bloß nicht aufgeben. Halvorsen gab den Kindern zwei Streifen Kaugummi durch den Stacheldrahtzaun am Flughafen Tempelhof. Sie teilten den Kaugummi und die leer Ausgegangenen schnüffelten immer wieder am Verpackungspapier. Da beschloss er, künftig für sie Schokolade aus seinem Flugzeug fallen zu lassen – daraus wurden die „Rosinenbomber“. „Aus zwei Streifen Kaugummi wurden 23 Tonnen Süßigkeiten“, sagte Halvorsen in seiner Rede am Sonnabend.

Der Candy Bomber hat inzwischen selbst fünf Kinder, drei hat er dieses Mal mit nach Berlin gebracht. 24 Enkel und 35 Urenkel habe ihr Vater inzwischen, sagt Marilyn Halvorsen-Sorensen, 57. Ihr Vater habe immer ein Tongefäß voll mit Kaugummi gehabt. „Er hatte es aus Berlin mitgebracht, wir haben es den Berlin-Topf genannt.“ Den Enkeln hat er immer Kaugummi gegeben, wenn sie ihn besuchen kamen, deshalb war er für sie „Gum Grandpa“ – Kaugummi-Opa.

Der Kaugummi-Opa Gail Halvorsen befreite am Sonnabend schließlich das Namensschild neben dem Eingang von der Abdeckung. Gleichzeitig wanderten über ihm die Flaggen der Alliierten USA, England und Frankreich nach unten, die bislang den Schriftzug über dem Eingang verdeckt hatten: Gail S. Halvorsen Schule.

Immer wieder grinst Gail Halvorsen sein breites Grinsen und winkt ins Publikum. Er kennt hier viele. Anita Lieblang, 86, etwa, die ihn kennenlernte, als er in den siebziger Jahren als Kommandant an den Tempelhofer Flughafen zurückkehrte. Wenn er in Berlin ist, lädt sie ihn jedes Mal zu sich nach Staaken zum Essen ein. „So wie letztes Jahr“, sagt Lieblang – Halvorsen kommt oft in seine zweite Heimat.

Unter den Zuschauern war auch Mercedes Wild, 72, aus Friedenau, die als Kind einen Brief an den Candy Bomber geschickt hatte, weil sie selbst nie das Glück hatte, die Schokolade zu bekommen. Er schickte ihr einen Brief mit Kaugummi und einem Lutscher. „Den Kaugummi habe ich auf dem Kinderschwarzmarkt gegen eine Glasmurmel getauscht“, erinnert sich Mercedes Wild. Heute ist sie eng mit der Halvorsen-Familie befreundet.

Eine Woche bleibt Gail Halvorsen in Berlin und besucht seine alten Berliner Freunde. Am Mittwoch ist die Familie zur Rede Barack Obamas eingeladen.

Die Autorin ist freie Mitarbeiterin beim Tagesspigel, der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin dieser Zeitung.

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