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Tanne aus Lichterfelde für die City West: Sonne, 23 Grad - und Berlin findet seinen Weihnachtsbaum

Berlin, deine Weihnachtsbäume - ein herrlich-absurdes Kapitel. Mal sind sie aus Schrott, mal knicken sie ab. In diesem Jahr ist der Baum grün. Und groß. Und steht noch bei Herrn Spranger im Vorgarten.

Horst Spranger ist ziemlich aus der Zeit gefallen. Das klingt gemeiner als gemeint, aber wie soll man das bitte anders formulieren? Jetzt, da im Frühherbst die Sonne so herrlich scheint bei 23 Grad und alle ihre Eisbecher auslöffeln – da ist Herr Spranger, 66, ganz besinnlich zumute.

Herr Spranger denkt an Weihnachten. Und das liegt an dieser gewaltigen Tanne im Vorgarten seines Häuschens im Ortsteil Lichterfelde Ost. Die stattlichen Fakten: 25 Meter Höhe. Alter: 55 Jahre.
Die Nordmanntanne von Herrn Spranger wird bald in der City West aufgestellt auf dem Breitscheidplatz, einem Örtchen, an dem mit einer gewissen Routine Weihnachtsbäume entweder zusammenbrechen, gekappt werden oder so luftig aussehen wie so ein Bäumchen nach einem Taifun-Kontakt.
„Sogar einen Plastikbaum hatten die mal da, und so ein Kunstwerk“, erinnert sich Spranger und schiebt gleich hinterher, was er davon gehalten hat: „Furchtbar!“ Na, und weil er eh schon länger mit dem Gedanken spielt, seinen Vorgarten etwas auszudünnen, hat er das Ungetüm dem Schaustellerverband angeboten. Nadelhölzer sind einfach zu fällen, nur leider kostet das ein paar Euro. „Zwee Mille“, sagt Spranger, ein bemerkenswert gut gelaunter Versicherungsagent, der sich noch genau erinnert, wie alles anfing: 1978 ist er hier eingezogen, „da war der Baum vielleicht vier Meter hoch“.

Die Vorbesitzer hatten ihren Mini-Weihnachtsbaum aus dem Topf geholt und im Garten eingepflanzt (was auch kein so einfaches Anliegen ist, weil viele Wurzeln verkümmert sind). Der Nordmanntanne ging es prächtig, sie überstand Pilz und Sturm, und wuchs und wuchs in den Südberliner Himmel. „Ganz oben komme ich nicht mal mehr mit einer Spezialleiter ran“, sagt Spranger, „und Weihnachten schmücken wir längst einen anderen Baum.“ Im November rücken die Spezialisten mit Kran und Säge an in der kleinen Seitenstraße, dann wird die Tanne inmitten des Weihnachtsmarktes auf dem Breitscheidplatz hochgewuchtet. Spranger gibt den Baum gratis; dafür zahlen die Schausteller den Einsatz von Kran und Säge . „Ich pflanz’ bei mir dann was anderes im Vorgarten“, sagt Spranger, „Rosen vielleicht.“

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