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Vom Spiel gegen Tennis Borussia noch in der Berlin-Liga vom 1. März 2014. Damals gewann Hertha 03 mit 3:0.

© Kerstin Kellner

Tennis Borussia gegen Hertha 03 Zehlendorf: Flüchtlingsarbeit und ein Klassiker

Am Freitag kommt es mal wieder zum West-Berlin-Derby zwischen TeBe und Hertha 03. Die Zehlendorfer aber denken zurzeit, wie Tausende andere in der Stadt, auch über andere Dinge nach und versuchen die Themen Fußball und Flucht zu verbinden.

Wenn man es ein bisschen pathetisch betrachtet, dann haben sie in Zehlendorf gerade wirklich wichtigere Themen als ein Fußball-Spitzenspiel. Wobei, genau genommen, dieser Satz natürlich für alle Berliner Fußball-Klubs gilt. Aber was der Satz bedeutet, kann beispielsweise ein Fußball-Klub wie Hertha 03 Zehlendorf zurzeit ganz gut nachvollziehen. Eigentlich steht an diesem Freitag das Spitzenspiel in der NOFV-Oberliga Nord an, ein Klassiker, Tennis Borussia gegen die kleine Hertha aus Zehlendorf.

Bei Hertha 03 kümmern sie sich aber gerade auch um die Flüchtlinge, nicht die erste Mannschaft als solche, aber doch der Klub insgesamt. Nur ein paar Meter vom Vereinsgelände entfernt, sind knapp 200 Flüchtlinge in der Onkel-Tom-Halle untergebracht, wiederum nur wenige Kilometer in die andere Richtung der Onkel-Tom-Straße steht das Containerdorf für Flüchtlinge am Hohentwielsteig. Die Onkel-Tom-Halle ist die "Heimhalle" der Zehlendorfer, in der Wintersaison ist sie hochfrequentiert von den Jugendmannschaften - jetzt werden viele keine Hallenzeiten haben und nur wenige woanders unterkommen.

Die Leistungsmannschaften trainieren auch in der Jugend sowieso auch im Winter draußen. Aber es murrt auch niemand, im Gegenteil, alle arrangieren sich, und der ehrenamtliche Jugendtrainer Martin Goldbach hat umgesetzt, was er sich schon vor den Sommerferien fest vorgenommen hatte: helfen. Und natürlich ist dann der Fußball doch wiederum auch in diesen Zeiten hilfreich und gut: Er lenkt ab, er bringt Spaß und schafft Gemeinschaft.

Die Zehlendorfer haben eine Trainingsgruppe für die Erwachsenen eingerichtet, rund 20 Flüchtlinge sind bisher zusammengekommen, ehrenamtliche Trainer werden auch noch gesucht, und sie waren mit einer Torwand und vielen Sachspenden beim Tag der offenen Tür am Hohentwielsteig anwesend. Zudem sind einige Kinder und Jugendliche in die Jugendteams der Zehlendorfer integriert worden. Das will man fortführen.

Der Verein hat, wie viele Tausende anderer in der Stadt, die ehrenamtliche Helfer geworden sind, seinen eigenen Horizont erweitert, man hat hinausgeblickt über den eigenen Tellerrand, und Geschäftsführer "Zippo" Stüwe-Zimmer hat sich gefreut, dass "wir den Kindern ein Lächeln auf die Gesichter zaubern konnten". Am Donnerstag hatte er den Wagen nochmals vollgeladen mit Windeln, Shampoo und anderen Dingen des täglichen Lebens, die gebraucht werden am Hohentwielsteig. Er sagt: "Die Hilfsbereitschaft ist einfach überragend."

Hertha 03 am Hohentwielsteig: Geschäftsführer "Zippo" Stüwe-Zimmer (hinten links) und der Ideengeber und Koordinator für die Flüchtlingsarbeit von Hertha 03, Martin Goldbach, gemeinsam mit den Kindern.
Hertha 03 am Hohentwielsteig: Geschäftsführer "Zippo" Stüwe-Zimmer (hinten links) und der Ideengeber und Koordinator für die Flüchtlingsarbeit von Hertha 03, Martin Goldbach, gemeinsam mit den Kindern.

© privat/H03

Aber man muss dann an dieser Stelle auch deutlich sagen - eines hat die Situation rund um die Flüchtlinge nicht geschafft, denn es gibt da dann doch noch einen anderen Fokus, und der ist auch völlig legitim, weil sportlich: Tennis Borussia, den alten Rivalen im Südwesten, der ja dann doch meist der erfolgreichere Klub war, zumindest bei den Männern, den wollen sie schon noch sehr gerne schlagen an diesem Freitagabend (19 Uhr) im Mommsenstadion.

Sehr viele Jahre hatten sich die Wege beider Südwest-Teams getrennt, TeBe spielte in der Bundesliga oder in der zweiten Liga, Hertha 03 Zehlendorf hat diesen Sprung nie geschafft, trotzdem ist der Klub bundesweit durch seine Jugendausbildung bekannt geworden. Aber mittlerweile, nach dem schmerzhaften Absturz und dem wirtschaftlichen Desaster mit Insolvenz von TeBe und der Neufindung sind beide Klubs wieder auf Augenhöhe. Erst stiegen die Zehlendorfer in die Oberliga auf, jetzt folgten die Borussen. In den 60er Jahren spielten die beiden Klubs auch schon mal vor über 6000 Zuschauern, vor 20 Jahren wiederum, im September 1994, als Hertha 03 TeBe 3:2 besiegte, kamen auch noch rund 1500 Menschen in der damaligen Regionalliga Nordost. Aber das ist alles lange her.

Trainer Schatte: Wir schlottern sicher nicht vor Angst

Die Rivalität beider Klubs, vor allem im Jugendbereich, ist nach wie vor sehr groß. Jetzt kommt hinzu, dass ausgerechnet der ehemalige TeBe-Trainer Markus Schatte nach Zehlendorf gewechselt ist, auch in den Funktionärsteams gibt es viele Verbindungen untereinander. Und dann ist da schließlich noch Stüwe-Zimmer, der Geschäftsführer von Hertha 03, der einst für TeBe in der Bundesliga spielte. Er hofft vor allem auf viele Zuschauer, "vielleicht kommen ja mal wieder 1200 oder 1500, wäre toll für die Teams". Sportlich ist den Zehlendorfern ohnehin nicht bange, auch wenn sie wissen, dass die starken Gegner jetzt erst alle vor der Tür stehen, allen voran TeBe. Aber wie sagte Trainer Schatte: "Wenn jetzt größere Aufgaben kommen, werden wir sicher nicht vor Angst schlottern." Tsp

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