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Unterwegs nachgefragt: „Hertha Zehlendorf ist mein Leben“

Er ist offiziell der Geschäftsführer des Fußball-Klubs Hertha 03, aber eigentlich ist er eine Art Vereinsvater. Der gebürtige Zehlendorfer Michael Stüwe-Zimmer, genannt „Zippo“, ist seit seinem 8. Lebensjahr „03“er. Hier erzählt er über seine Liebe.

Er muss lachen, als er sich erinnert. Natürlich gibt es da ein klares Bild, dass er vor Augen hat an seine Kinderzeit bei Hertha 03 Zehlendorf. Bevor wir diese kleine Episode erzählen, muss man wissen, dass Michael Stüwe-Zimmer, von allen nur „Zippo“ genannt, und er weiß gar nicht warum, einen wirklich entscheidenden Satz über diesen Fußballverein gesagt hat: „Hertha 03 Zehlendorf ist mein Leben.“

Diese Beziehung ist also eine besondere. Und deshalb, man ahnt es, liegt dem 57-jährigen, gebürtigen Zehlendorfer die Zukunft des Klubs besonders am Herzen. Er weiß schon, dass man die alten Zeiten nicht wieder beleben kann, und alles, was damals war, war auch nicht gut. Zum Beispiel hatte er in seinen Hochzeiten als Fußballer, Mitte der Siebzigerjahre, keinen Berater, keinen väterlichen Freund, keine Vertrauensperson, die ihn mal hätte zur Seite nehmen können und sagen: „Pass mal auf, Michael, du hast so viel Talent, jetzt beiß dich einfach mal durch!“ Heute sei das normal, fast jeder erfolgreiche Jugendspieler habe einen Berater. Was, das gibt er schon zu, auch nicht immer so gut ist.

In seinem Falle aber wäre es hilfreich gewesen, findet er: Damals spielte Zimmer nach vielen Jahren in der Jugend von Hertha 03 bei den lila-weißen Veilchen von Tennis Borussia – erste Liga! Seine Mitspieler hießen Benny Wendt oder Volkmar Groß, und sein Trainer war Rudi Gutendorf, der später sozusagen als Pionier der Spezies Trainer-Weltenbummler den Namen verlieh.

Michael Zimmer (Spieler rechts), genannt „Zippo“, heute 57 Jahre und eingefleischter Zehlendorfer, kickte 1976 mit Tennis Borussia in der Bundesliga.
Michael Zimmer (Spieler rechts), genannt „Zippo“, heute 57 Jahre und eingefleischter Zehlendorfer, kickte 1976 mit Tennis Borussia in der Bundesliga.

© Archiv/Tsp/imago

„Zippo“ kam nie zurecht mit diesem Herren, er weiß bis heute nicht so recht warum, jedenfalls ist er irgendwann gegangen, um Spaß zu haben. Da war es Aus mit der Karriere. „Ich hatte gar nicht begriffen, wo ich damals schon war, nämlich in der Bundesliga.“ Immerhin hat er dort ein Tor geschossen, gegen St. Pauli, er hat aber auch mal 0:9 verloren. Aber heute, wo die Champions League vom FC Bayern dominiert wird, darf man verraten, dass diese Niederlage in München stattfand. Auch eine Erfahrung!

Aber beim Stichwort Erfahrung sollten wir jetzt doch mal die Episode vom Anfang auflösen, an die schöne Erinnerung, die gleichzeitig ein Anliegen ist für Michael Stüwe-Zimmer, der seit 2001 als Geschäftsführer bei Hertha 03 arbeitet. Er war sieben oder acht, als er zu Hertha 03 kam, damals gleich in die D-Jugend, weil es keine jüngeren Mannschaften gab. Hat man halt vier Jahre in der D gespielt.

Zimmer erinnert sich, wie er damals mit seiner Oma in die Onkel-Tom-Halle in der gleichnamigen Straße musste, dort durfte man sich anmelden. „Man konnte sich anmelden ohne eine Mannschaft zu haben. Heutzutage geht das gar nicht mehr, weil viel zu viele zu uns wollen, aber wir nicht ausreichend Mannschaften haben“, sagt Zimmer. Der Jugendleiter hat dann in den 60er Jahren bestimmt, wo man hinkommt, bei Zippo war es die 3d.

Aber was ihm viel mehr in Erinnerung geblieben ist, sind die gemeinsamen Stunden, der Zusammenhalt und Spaß, das pulsierende Vereinsleben. Es gab skurrile Situationen, zum Beispiel wenn alle Jugendmannschaften sich einmal in der Woche entweder in der Onkel-Tom-Straße oder im Jugendheim Bredtschneiderstraße trafen. Dort wurde verkündet, welche Mannschaft wo und wann und gegen wen spielt. „Und dann wurde immer einer ausgewählt, der einen Spielbericht schreiben musste, den man wiederum in der nächsten Woche vorzulesen hatte.“ Zimmer lacht wieder: „Na ja, kann sich jeder vorstellen, was das für literarische Beiträge waren.“

Heute haben es selbst die Sportvereine schwer, ehrenamtliche Trainer und Betreuer zu bekommen. Die Zeiten sind andere, ein geregeltes Vereinsleben ist nur noch schwer hinzubekommen. Vereine werden als Dienstleister betrachtet, die Identität, der Zusammenhalt bleibt auf der Strecke. Bei Hertha 03 haben sie das erkannt und wollen gegensteuern. Michael Zimmer ist das ein Herzensanliegen, dafür arbeitet er jetzt mit einer Gruppe von Vereinsmitgliedern und Eltern. „Den Zusammenhalt stärken, ein wirkliches Vereinsleben wieder auf die Beine stellen und nach außen zeigen, dass wir noch immer der Verein für die Jugend sind“, das ist es, was sich Zimmer am meisten wünscht.

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