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Efeu wuchert auf diesem alten Maulbeerbaum in die Höhe. Die Ranken sollen ebenfalls bei den laut Baumgutachter "lebensrettenden Maßnahmen" entfernt werden

© Raack

Beschnitt der Maulbeerbäume in Zehlendorf Mitte: Vorsicht, Radikalschnitt!

Die Kronen der alten Maulbeerbäume an der Dorfkirche in Zehlendorf Mitte sollen bald radikal zurückgeschnitten werden. Der Förderverein informiert an dieser Stelle vorab über die geplante Maßnahme.

An einem der heißesten Tage im Sommer dieses Jahres war ein dicker Ast von einem der alten Maulbeerbäume auf dem Kirchhof an der Alten Dorfkirche in Zehlendorf abgebrochen. Er fiel auf die Kirchhofmauer und behinderte die Wartenden an der BVG-Haltestelle Zehlendorf Eiche. Auch eines der schmiedeeisernen Grabkreuze hatte der morsche Ast bei seinem Absturz aus dem Fundament herausgebrochen.

Die abgebrochenen Zweige ragten über die Friedhofsmauer bis weit über den Gehweg der Potsdamer Straße hinaus. Nach Meldung des Schadens durch die Polizei an die Paulus-Kirchengemeinde Zehlendorf beseitigten Helfer aus der Gemeinde die hinderlichen Äste.

Schon 1794 standen Maulbeerbäume auf dem Kirchhof

Die drei Maulbeerbäume neben der Alten Dorfkirche von 1768 sind Naturdenkmäler. Sie stehen unter strengem Schutz. Im Archiv sind Akten erhalten, in denen die Schäden durch den Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) aufgezeichnet sind. 1759 standen nach Kriegsverwüstungen nur noch drei Maulbeerbäume auf dem Kirchhof. Ob sie mit den drei heute noch dort stehenden Bäumen identisch sind? Gesichert ist nur, dass 1794 Maulbeerbäume auf dem Kirchhof gestanden haben. Ihre Blätter wurden nämlich vom damaligen Zehlendorfer Küster und Lehrer Ernst Ferdinand Schäde für seine Seidenraupenzucht gebraucht. Schäde war von 1794 bis 1854 im Dienst der Gemeinde. Sein Grabkreuz steht auf dem Kirchhof in der Nähe der Maulbeerbäume.

Im Sommer waren bereits ein paar Äste abgebrochen; hier gut sichtbar die Schnittstellen, an denen Helfer aus der Gemeinde die hinderlichen Äste beseitigten
Im Sommer waren bereits ein paar Äste abgebrochen; hier gut sichtbar die Schnittstellen, an denen Helfer aus der Gemeinde die hinderlichen Äste beseitigten

© Raack

Im Herbst untersuchte nun ein behördlich anerkannter Baumgutachter die drei Maulbeerbäume. Er dokumentierte ihren derzeitigen Zustand in einem Gutachten und schlug Maßnahmen zur Erhaltung der wertvollen Bäume vor. Die Vorschläge lassen sich vereinfacht und zusammengefasst so darstellen: Die Kronen der Bäume müssen sehr radikal verkleinert werden. Die Lebenskraft der Bäume ist aber noch so gut, dass eine kleinere Krone auf einem Stammtorso erhalten bleiben kann. Mehrere Jahre Lebensdauer sagt der Gutachter den Bäumen – vorsichtig geschätzt – noch voraus. Zur Zeit holt die Kirchengemeinde Kostenangebote für die Arbeiten von Baumpflegefirmen ein.

Die Zehlendorfer werden sich also an ein stark verändertes Aussehen der ihnen so vertrauten Bäume gewöhnen müssen. Sie sollten wissen und beachten, dass der Rückschnitt der Baumkronen kein Baumfrevel ist, sondern die „lebensrettende“ Maßnahme zur Erhaltung der seltenen Naturdenkmäler. Klar ist, dass die Arbeiten nur nach Genehmigung und mit Überwachung durch die Behörden ausgeführt werden. Beteiligt sind das Umwelt- und Naturschutzamt, Bereich Naturdenkmale, und der Bereich Gartendenkmalpflege der Unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf.

Die Kirchengemeinde prüft derzeit Kostenangebote von Baumpflegefirmen für die Maßnahmen. Der Förderverein Alte Dorfkirche wird sich je nach Höhe des erhofften Spendenaufkommens an den Kosten der Baumsanierung finanziell beteiligen. Spendenkonto: IBAN DE85 5206 0410 0003 9010 76.

Der Autor Dr. Eckard Siedke ist in Zehlendorf geboren. Er ist Mitglied des Heimatvereins Zehlendorf und Vorsitzender des Fördervereins Alte Dorfkirche und Mitglied des Gemeindekirchenrats der Paulusgemeinde.

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Eckard Siedke

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