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Wiehert der Amtsschimmel? Die SPD wittert Vetternwirtschaft im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf

© Mike Wolff

"Grüne Mitte" Berlin: Rechtsamt befürchtet Loyalitätskonflikt bei Stellenvergabe

Eine fragwürdige Stellenvergabe sorgt für Ärger im schwarz-grünen Südwesten Berlins. Zur Pflege der "Grünen Mitte" in Steglitz-Zehlendorf wurde eine Naturschützerin vom Bezirksamt angestellt, die selbst auf der Fläche einen Reitstall betreibt. Selbst das Rechtsamt hegt Zweifel.

Im Berliner Südwesten ist die Zählgemeinschaft aus CDU und Grünen normalerweise eine gut geschützte Wagenburg. Schwarz-Grün funktioniert, weil man nichts auf den anderen kommen lässt. Nun erschüttert eine zumindest fragwürdige Stellenbesetzung die schwarz-grüne Harmonie. Konkret geht es um die Naturschutzpflege der „Grünen Mitte“ in Lichterfelde-Süd. Dort herum wird die Groth-Gruppe auf dem ehemaligen militärischen Übungsgelände der Amerikaner 2500 Wohnungen, Kitas, Schulen und Sportplätze bauen. Mittendrin liegt die „Grüne Mitte“, eine 56 Hektar große Weidelandschaft, die dort erhalten bleiben soll – und deshalb gepflegt werden muss.

SPD wird Große Anfrage in der BVV stellen

Seit 25 Jahren betreibt dort die Veterinärwissenschaftlerin und Landschaftspflegerin Anne Loba die Reitgemeinschaft Holderhof. Die Pferde sind auch im Winter draußen und damit fester Bestandteil der nachhaltigen Landschaftspflege. Das Problem: Ausgerechnet Anne Loba, die die Fläche formal im Auftrag der Groth-Gruppe bewirtschaftet, wurde nun vom Bezirksamt angestellt: Und zwar für die Pflege, wenn man so will, ihrer eigenen Fläche. Der Vertrag trägt zudem das Datum vom 12. Dezember 2014 – einen Tag zuvor hatte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) eine Haushaltssperre verkündet. Der Bürgermeister bat danach verärgert darum, der Vertrag möge auf keinen Fall verlängert werden. Offensichtlich sah er Fallstricke.

Norbert Buchta, SPD-Fraktionschef, sagt, die Stellenbesetzung sei rechtswidrig erfolgt. Tatsächlich wurde die Stelle ohne Ausschreibung besetzt, aber das sei, heißt es im Rechtsamt, bei einer befristeten Stelle möglich. Allerdings schreibt der Leiter des Rechtsamts in einem Vermerk, der dem Tagesspiegel vorliegt, auch: „Ungeachtet der rechtlichen Situation hatte ich deutlich gemacht, dass die Anstellung von Frau Loba mit Blick auf die von ihr gegenüber dem Bezirksamt zu wahrenden Treuepflichten durchaus Fragen aufwirft, da doch wegen ihrer Aktivitäten im Zusammenhang mit der Reitergemeinschaft sowie auch ihrer Vertragsbeziehungen zum Grundstückseigentümer das latente Risiko etwaiger Loyalitätskonflikte in diesem Beziehungsgeflecht nicht gänzlich fern liegt.“

Geplante Wohnbebauung in Lichterfelde-Süd.
Geplante Wohnbebauung in Lichterfelde-Süd.

© Simulation: promo

Das Umweltamt- und Naturschutzamt jedenfalls machte Druck, um die Stelle zu besetzen, so schrieb der Leiter im November: „Ich habe mit den Beschäftigtenvertretungen die ‚exotische‘ Stellensituation durchgesprochen und erwarte von dort (nun) keine Probleme mehr.“ Im Dezember dann: „Mir bereitet Sorge, dass bis 17.12. alle Einstellungsvorgänge durch den Personalrat sein müssen, sonst wird im nächsten 1/2 Jahr möglicherweise wg. Haushaltssperre nichts mehr laufen.“ Grünen-Stadträtin Christa Markl-Vieto erklärte auf Anfrage: „In Parks Range ist nach dem Abzug der Alliierten eine einmalige Naturlandschaft durch gezielte Beweidung entstanden Alle Fachgutachter haben dies bestätigt.“

So soll das neue Viertel in Lichterfelde-Süd einmal aussehen. Die Bebauung ist am Rand der alten Parks Range.
So soll das neue Viertel in Lichterfelde-Süd einmal aussehen. Die Bebauung ist am Rand der alten Parks Range.

© Simulation: promo

Der Bezirk sei in der Pflicht, um die Fläche zu erhalten.“ Markl-Vieto verweist darauf, dass Loba bisher „ehrenamtlich“ gearbeitet habe und dafür „die Bezirksmedaille und den Umweltpreis des BUND erhalten hat“. Angesichts der fachlichen Erfahrungen habe man sich für sie entschieden. Sie erfülle die Aufgaben auf Weisung des Amtes. „Eine Verknüpfung mit privaten Interessen ist damit ausgeschlossen.“ Die SPD sieht das anders und hat für die nächste BVV eine Große Anfrage vorbereitet: Dann soll es auch um die Verantwortung des Bezirksbürgermeisters gehen.
Anne Loba selbst findet, sie sei zwischen die Mühlsteine der Parteipolitik geraten. Dem Tagesspiegel sagte sie: „Ich betreibe dort seit 25 Jahren ehrenamtlichen Naturschutz. Es ist mein Konzept, und es ist eine Knochenarbeit. Ich habe alles dafür gegeben und nichts dabei verdient.“

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