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Der Journalist Jörg Thadeusz vor seiner rbb-Sendung "Thadeusz". Den Zehlendorf Blog hat er hinter seine eigenen "Kulissen" blicken lassen.

© Oliver Ziebe, rbb

Jörg Thadeusz: Eine Liebeserklärung an Zehlendorf: „Bürgerlich sein, finde ich toll!“

Seine Hobbies sind Joggen und Radfahren - und er genießt die Nähe zu den Menschen. Seit fünf Jahren lebt Jörg Thadeusz in Zehlendorf und weiß genau, wo er sich wohl fühlt und was er nicht mag. Dem Zehlendorf Blog hat er's verraten.

Er hat fünf Fahrräder, ist Porzellanfan, mag Frauen im Porsche Cayenne überhaupt nicht und sagt von sich selbst, er sei spießig. An all diesen Dingen ist Zehlendorf nicht ganz unschuldig. Denn Jörg Thadeusz wohnt hier. Der Journalist, Fernseh- und Radiomoderator ist vor allem aus den rbb-Sendungen „Thadeusz“ und „Thadeusz und die Beobachter“ bekannt. Bevor er 2010 in den Berliner Südwesten zog, lebte er in Pankow. Dort war es ihm allerdings zu laut, zu hektisch, zu viel Szene.

„Bürgerlich sein, finde ich toll“, verrät der 46-Jährige und trinkt einen Schluck von seinem Pfefferminztee. Zum Interview mit dem Zehlendorf Blog in das Café „Milch & Honig“ ist Jörg Thadeusz zu Fuß gekommen, in Sportklamotten. Denn gleich nach dem Gespräch will er noch im nahe gelegenen Fischtalpark joggen; obwohl es draußen äußerst ungemütlich nasskalt ist.

„Ich mag den Geruch der Natur“, sagt er. Im Sommer sei er fast täglich im Grunewald oder in den Zehlendorfer Parks unterwegs. Natürlich überwiegend mit dem Fahrrad. Thadeusz hat ein Rennrad, ein Tourenrad, ein Mountainbike und zwei weitere Räder; passend für jede Gelegenheit. „Können Sie sich vorstellen, wie das aussieht, wenn ich - fast 1,90 Meter groß und 100 Kilogramm schwer - mit dem Rad auf Sie zufahre?“ Er erwartet keine Antwort, lächelt nur, in seiner typisch spitzbübischen Art.

Was er in Zehlendorf vor allem genießt, ist die Nähe zu den Menschen. Sich miteinander austauschen und etwas von seiner Umgebung mitbekommen, andocken, wie er es nennt - das findet der gebürtige Dortmunder wichtig.

Zum Beispiel, wenn er mit Eberhard Hilliges spricht, der in der Clayallee das älteste Berliner Porzellanfachgeschäft betreibt. Wenn Thadeusz gelegentlich hier vorbeiläuft, geht er hinein. Nicht, um etwas zu kaufen. „Das kann ich mir gar nicht leisten.“ Er lächelt wieder. Nein, um mit Hilliges zu plaudern, einfach so, über dies, über das und vor allem über Porzellan. „Seitdem weiß ich sehr viel darüber und bin Porzellanfan!“ Und dann fällt ihm plötzlich ein, dass er hier doch schon etwas gekauft hat: einen Aschenbecher. Denn Jörg Thadeusz raucht manchmal, aber immer nur abends.

Er fühlt sich in Zehlendorf augenscheinlich wohl, keine Frage. Denn er schwärmt nicht nur von seinem Kiez, er kennt sich auch aus, die Orte, an denen es ruhig ist, Cafés, Geschäfte, die Menschen. Zum Beispiel am Roseneck am Hohenzollerndamm kauft Thadeusz sein Gemüse, Blumen, Schokolade und lässt sich die Haare schneiden. Besonders liebevoll spricht er von Annelie Tietz und Julia Stolte, zwei Buchhändlerinnen am Mexikoplatz. Denn sie hätten immer und für jeden ein offenes Ohr. „Weil es die beiden gibt, muss ich nicht zum Psychiater“, sagt er, auch das nicht ganz ernst, wieder mit Augenzwinkern.

Auf die Frage, ob es auch negative Erfahrungen für ihn in seinem Kiez gibt, fallen ihm spontan die gut betuchten Frauen im Porsche Cayenne ein. „Die tragen 5000 Euro teure Textilien am Leib, essen den ganzen Tag nichts und können nicht einmal richtig Guten Tag sagen“, macht er seinem Ärger Luft. „Zwar gefällt mir das gar nicht, ist aber auch eigentlich nicht wirklich schlimm.“

Schlimm und peinlich dagegen findet er den gigantischen Sanierungsstau bei den Schulen in Steglitz-Zehlendorf. Das zeige die Verlogenheit in dieser Stadt. „Berlin präsentiert sich nach außen gern weltoffen und kreativ“, sagt er. Die Kinder in den Schulen müssten jedoch befürchten, dass ihnen die Decke über dem Kopf zusammen fällt. Schule sei öffentliche Aufgabe. „Wenn ich schon derart viele Steuern bezahle, wie ich bezahle, möchte ich wenigstens, dass die Kinder vernünftig unterrichtet werden“, findet Thadeusz.

Und dass er nicht nur redet, sondern auch für eine Sache einsteht, zeigt sein Einsatz im letzten Jahr für das Willkommensbündnis für Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf. Er gehörte zu den prominenten Erstunterzeichnern des Aufrufs zur Unterstützung des Bündnisses.

Und zum Schluss erzählt er noch, dass er seit geraumer Zeit Mitglied im Tennis-Club Grün-Weiß Nikolassee ist. „Ich spiele nicht sehr gut, gehe dort aber gern hin“, sagt er und schaut dabei skeptisch zum Fenster hinaus. Draußen wird es immer dunkler. Schnee ist angekündigt. Pfefferminztee und Kaffee, den er noch bestellt hat, sind ausgetrunken. Jörg Thadeusz verabschiedet sich, höflich, charmant, und ist wenig später zur Tür hinaus. Es war eine Begegnung, die anders verlief, als gedacht, Eindruck hinterlässt. Nicht, weil er prominent ist, sondern, weil er Mensch ist.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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