zum Hauptinhalt
Gründerinnen und Unternehmerinnen: Mara Diederich (Mitarbeiterin), Silke Landgraf-Bittner (Vorstand), Brigitte Märtens (Aufsichtsrat), Andrea Mayer-Lueen (Vorstand) und Zdenka Hruby (Mitarbeiterin) vom GUZSZ (v.l.n.r.).

© Anett Kirchner

Neues Gründerinnenzentrum in Steglitz-Zehlendorf: Die Netzwerkerinnen

Platz zum Arbeiten, freie Räume und jede Menge Hilfe und Beratung: Das Gründerinnen- und Unternehmerinnenzentrum will ganz gezielt Frauen im Bezirk unterstützen - vor allem durch ein starkes Netzwerk.

„Es ist immer noch so, dass Frauen in der Öffentlichkeit zu wenig vertreten und anerkannt sind“, findet Andrea Mayer-Lueen. Allein die Gehälter seien im Durchschnitt bei Frauen niedriger als bei Männern. Und während die männlichen Kollegen ganz selbstverständlich beruflich durchstarteten, bringe die Doppelbelastung von Familie und Beruf manche Frau an ihre sozialen Grenzen. Sie selbst habe die Erfahrung gemacht, als ihr erstes Kind kam, dass sie plötzlich für ihre Geschäftspartner uninteressant wurde.

„Bis dahin war ich erfolgreich in der Filmwirtschaft tätig und leitete ein Kino“, erzählt die Produzentin und Regisseurin, die inzwischen als selbstständige Unternehmerin arbeitet. Sie ist zudem frisch gewähltes Vorstandsmitglied in der Genossenschaft des neuen Gründerinnen- und Unternehmerinnenzentrums von Steglitz-Zehlendorf (GUZSZ) und möchte nun auch andere Frauen ermutigen, beruflich erfolgreich durchzustarten

Ebenfalls kürzlich in den neuen Vorstand gewählt, wurden Erika Wilhelm, systemische Organisationsberaterin, Felicitas Wlodyga, Leiterin des Gasthörercard-Programms der Freien Universität Berlin, Susanne Richter, Expertin für Finanz- und Nachlassmanagement und die Immobilienmaklerin Silke Landgraf-Bittner.

Im Moment wird noch viel improvisiert

„Ich habe mich leider drei Jahre zu früh selbstständig gemacht“, sagt Landgraf-Bittner; allerdings mit einem Augenzwinkern. Denn sie hätte es toll gefunden, Unterstützung von einem solchen Gründerinnenzentrum zu bekommen. „Dann wären mir bestimmt so einige Fehler erspart geblieben“, sagt sie offen heraus. Denn vor allem in den Bereichen Steuern, Werbung und Buchhaltung könne man als Existenzgründerin viel Geld sinnfrei ausgeben.

Hier gehts zur Geschäftsstelle. Seit Oktober letzten Jahres werden in der oberen Etage des Goerzwerkes in Lichterfelde die Büroräume hergerichtet.
Hier gehts zur Geschäftsstelle. Seit Oktober letzten Jahres werden in der oberen Etage des Goerzwerkes in Lichterfelde die Büroräume hergerichtet.

© Anett Kirchner

Um derartige Erfahrungen frühzeitig zu vermeiden und um unternehmerisch aktiven Frauen im Berliner Südwesten unter die Arme greifen zu können, entsteht derzeit ein Frauenwirtschaftszentrum im Goerzwerk in Lichterfelde. Seit Oktober letzten Jahres werden in der oberen Etage des denkmalgeschützten Industriebaus Büroräume hergerichtet.

Im Moment wird noch viel improvisiert. Allein der Weg zur Geschäftsstelle des GUZSZ, Raum 4666, ist abenteuerlich. Ein robuster Lastenaufzug führt hinauf in den vierten Stock - dann einmal abbiegen. Das Büro befindet sich am Ende eines langen, schmalen, verwinkelten Ganges. Links und rechts gibt es weitere, unterschiedlich große Büroräume, manche sind bereits hergerichtet und möbliert, andere müssen noch renoviert werden.

Im Büro wird man von zwei Mitarbeiterinnen empfangen; sie arbeiten jeweils in Teilzeit und kümmern sich um die Koordination. Das Projekt wird von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen finanziell gefördert.

„Den Platz können wir nach Bedarf individuell erweitern“, erklärt Brigitte Märtens. Die Steuerberaterin ist Mitglied im Aufsichtsrat der Genossenschaft und Mitbegründerin des GUZSZ. Das Gründerinnenzentrum wird demnach von einer Genossenschaft getragen, die im Herbst 2013 von Frauen aus dem Bezirk und der Umgebung gegründet wurde. Wer Mitglied werden möchte, sollte laut Satzung mindestens einen Genossenschaftsanteil für 100 Euro kaufen. Aktuell hat die GUZSZ-Genossenschaft 61 Mitglieder.

Das Gebäude bietet eine hohe Flexibilität

Warum sich die Frauen für den Standort an der Goerzallee entschieden haben? Das neu entwickelte Konzept in dem historischen Gewerbehof „Goerzwerk“ sei derzeit noch im Entstehen. Deshalb biete das Gebäude eine hohe Flexibilität und viele Gestaltungsmöglichkeiten. Die Unternehmerinnen des GUZSZ können hier bezahlbare Arbeitsplätze und Räume kurzfristig oder dauerhaft mieten. Erste konkrete Anfragen gibt es. Derzeit werden Gespräche geführt. Und neben den Räumen, die die Frauen nutzen können, sollen auch Beratungen, Fortbildungen und Vorträge stattfinden.

Der historische Gewerbehof bietet für das GUZSZ eine hohe Flexibilität und viele Gestaltungsmöglichkeiten.
Der historische Gewerbehof bietet für das GUZSZ eine hohe Flexibilität und viele Gestaltungsmöglichkeiten.

© Anett Kirchner

Vorrangiges Ziel des Projektes ist es, ein starkes Netzwerk von Unternehmerinnen im Berliner Südwesten aufzubauen. Der Slogan, der dabei über allem steht, lautet: Wir fördern weibliche Wirtschaftskraft. „Denn wir möchten speziell auch das Selbstbewusstsein der Frauen stärken“, betont Andrea Mayer-Lueen. Es sei wichtig, dass sie sich trauen, eigene Entscheidungen zu treffen, um Unternehmerin zu werden.

Im Allgemeinen seien Männer immer noch risikobereiter im Beruf. Womöglich auch, weil sie auf eine lange Tradition zurückschauen könnten und bereits ausgeprägte Netzwerke existierten. Nicht so bei Frauen. Mayer-Lueen lege deshalb auch durchaus Wert auf die zwei Buchstaben „in“ am Ende ihrer Berufsbezeichnung. „Weil damit mehr ins Bewusstsein rückt, dass ich eben eine UnternehmerIN bin.“

Am Dienstag, den 19. April, zwischen 16 und 18 Uhr, findet im GUZSZ Kurz-Beratungen zum Thema Steuerrecht statt.

Der Text erscheint auf Tagesspiegel-Zehlendorf, Ihrem digitalen Stadtteil- und Debattenportal. Folgen Sie der Redaktion Zehlendorf auch auf Twitter.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false