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Die Kunsthistorikerin Katja Blomberg leitet das Haus seit 2005 für den freien Trägerverein.

© Cay Dobberke

Perle der Kunst: Zehlendorfs Haus am Waldsee: Katja Blomberg: Ich spüre, dieser Ort ist liberal

Entspannung und Kreativität zugleich, das strahlt der idyllische Ort aus, an dem das „Haus am Waldsee“ angesiedelt ist. Katja Blomberg hat es als Leiterin seit 2005 neu inspiriert und zu großen Erfolgen geführt. Der Zehlendorf Blog hat mir ihr über Lage und Konzept gesprochen.

Ein kleiner See, ein wunderschöner Garten mit ungewöhnlichen Skulpturen, ein charmantes Café mit sonniger Veranda und dazu die alte schöne Villa. Das ist ein idealer Ort für Reflexionen, den Zehlendorf mit diesem Grundstück hat. Das „Haus am Waldsee“ ist natürlich längst stadtbekannt und weit darüber hinaus, aber seit 2005 hat das Haus sich unter der Leitung von Katja Blomberg mit zeitgenössischen Künstlern, die in Berlin leben und arbeiten und weltweit agieren, erneuert. Wir haben mit der Kunsthistorikerin und Journalistin über das Haus und seine wunderbare Lage gesprochen.

Was bedeutet die Lage am Waldsee für das Haus?

Die Lage am Waldsee in einer Villa aus den 20er Jahren in der Umgebung eines schönen Parks ist natürlich das Kapital des Hauses. Deshalb machen wir das auch zum Thema. Man ist hier naturnah, wir sind an einem Ausflugsort. Wir machen professionelle Ausstellungen, aber die schöne Lage beziehen wir mit ein. Unser ganzes Programm orientiert sich ein bisschen an diesem Ort. Wir haben einen Skulpturenpark, wo eben zeitgenössische Tendenzen der Skulptur gezeigt werden. Wir machen Ausstellungen hauptsächlich mit einzelnen Künstlern, bei denen man das ganze Werk kennen lernen kann. Es ist der Versuch, entspannt und trotzdem tief in Ausstellungsinhalte einzutauchen. Mehr Hintergründe verstehen, sich mehr Zeit und Muße nehmen – dazu regt dieser Ort automatisch an.

Wie kam es zur Gründung des Museums?

Das Haus am Waldsee zählt seit 1946 zu den ersten Ausstellungshäusern für zeitgenössische Kunst in Deutschland. Als private Villa 1922/23 erbaut, war es seit 1942 Sitz der Außenstelle der Allgemeinen Film-Treuhand der UFA. Unmittelbar nach Kriegsende zog das Bezirksamt Zehlendorf in das unbeschädigte Haus ein, und es gab bald die ersten Ausstellungen. Zehlendorf war ein Ort, wo sich viele Künstler trafen und wo sich nach Kriegsende eine eigene Dynamik entwickelte. Die Künstler haben sich hier getroffen, und sie hatten wieder kreative Ideen. Hier hat man auch Konzerte gemacht. Die Berliner Philharmoniker haben hier im Garten ihr erstes Konzert nach dem Krieg gegeben.

Welche Vorteile und Nachteile hat der Standort weit weg vom Zentrum?

Es kommen weniger Tagesgäste, weniger Touristen, die einfach so vorbei schlendern. Dafür haben wir hier ein Publikum, das sehr gezielt kommt und besonders interessiert ist. Steglitz-Zehlendorf ist ein Bezirk mit knapp 300 000 Einwohnern, es ist eine kleine Stadt! Und wir sind das größte Haus für zeitgenossische Kunst. Wir spielen hier im Berliner Südwesten eine große Rolle und messen uns nicht nur mit dem, was in Mitte passiert. 

Welche Veranstaltungen waren besonders gut besucht in diesem Jahr?

Es gibt zwei Veranstaltungen die ich als Höhepunkt bezeichnen würde, wobei wir bis jetzt erst die Hälfte des Jahres um haben. Das war schon sehr erfolgreich, beispielsweise die Ausstellung von Ina Weber. Wir hatten dann eine Design-Ausstellung mit Werner Aisslinger, die innerhalb von sechs Wochen 7000 Besucher angesprochen hat, und das ist sehr viel. Das ist viel mehr, als manch andere in Berlin haben. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass die Menschen so viel Interesse an der Zukunft haben, denn die Ausstellung hat sich mit der Zukunft der Wohnung beschäftigt. Noch ein Höhepunkt war sicherlich unsere Sommerakademie im Juli, wo wir von Freitag bis Sonntag sechs Vorträge zu der Frage gehört haben, wie kommt das Neue in die Welt. Ein Gehirnforscher, ein Philosoph, ein Kunsthistoriker, ein Theologe sprachen über diese Frage. Das war sehr aufregend und schön.

Welche Veranstaltungen sind noch für dieses Jahr geplant?

Ein Blick in die aktuelle Ausstellung über Søren Kierkegaard.
Ein Blick in die aktuelle Ausstellung über Søren Kierkegaard.

© Cay Dobberke

Wir arbeiten mit Formaten, das heißt, jede Ausstellung wird begleitet von einem Künstleressen und einem Künstlergespräch, zu denen Menschen sich öffentlich anmelden können. Wir haben auch Konzerte in der Kunst. Das sind klassische Konzerte, die in der Ausstellung mit jungen Interpreten stattfinden, die in den großen Orchestern Berlins meistens schon spielen. In diesem Jahr bis Ende 2013 haben wir den Gesang in den Mittelpunkt gestellt.

Erzählen Sie bitte über den Skulpturengarten. Welche Bedeutung hat er, wie entwickelt er sich?

Wir haben einen Park mit einer Fläche von 10000 Quadratmetern, das ist alles potenzielles Ausstellungsterrain. Und das war auch die Idee. Ich frage Künstler, die ich schätze, ob sie uns Leihgaben zu Verfügung stellen. Wir haben nicht das Budget, die Arbeiten anzukaufen. Ich habe zum Beispiel eine sehr schöne Ausstellung in Frankfurt gesehen mit Arbeiten von Michael Sailstorfer und habe dann zu ihm Kontakt aufgenommen und konnte eine von diesen Arbeiten für den Skulpturenpark gewinnen. Ähnlich bei Tony Cragg, den ich persönlich schon lange kenne, der uns eine wunderbare Skulptur extra in Bronze hat gießen lassen, die als Leihgabe vor unserem Haus steht.

Was mögen Sie selbst an Zehlendorf?

Man spürt in Zehlendorf, dass es ein sehr liberaler Ort ist, dass hier sehr viele Kulturschaffende leben, viele Musiker, auch viele Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Es gibt weniger bildende Künstler, die hier ihre Ateliers haben, aber es gibt  viele Kulturschaffende aus anderen Bereichen, Schriftsteller zum Beispiel. Und es gibt viele interessante junge Familien.

Was bedeutet das Haus für die Einwohner Zehlendorfs?

Häufig kommen ältere Leute vorbei, die sagen, dass sie das Haus schon seit ihrer Kindheit kennen. Ich habe oft das Gefühl, dass es vielen Menschen sehr am Herzen liegt. Wir haben das Programm auf ein ganz anderes Niveau gehoben, das heißt, wir stellen nicht wie in den 50er oder 60er Jahren auch lokale Künstler aus dem Bezirk aus, sondern wir stellen bekannte Künstler die aus Berlin sind und hier arbeiten und leben aus, weil ich mit sehr guter Qualität und sehr innovativer, ausgereifter Kunst am meisten Besucher ansprechen kann.

Die Autorin des Interviews ist Praktikantin beim Tagesspiegel und stammt aus Russland. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Indira Valeeva

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