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Christian Berkel taucht in der neuen Folge von "Der Kriminalist" in die digitalen Welten ein.

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Mord am Hacker: Die neue Folge von "Der Kriminalist": Christian Berkel und das Böse im Netz

Alle reden gerade über Hacker, Whistlebower, Geheimdienste und die Gefahren sozialer Netzwerke. Da kommt Schauspieler Christian Berkel alias Kommissar Bruno Schumann mit der neuen Folge von "Der Kriminalist" im ZDF genau zur rechten Zeit.

Vermutlich hat Christian Berkel das Rennen gegen die Zeit gewonnen, auch wenn er sich bis heute „nicht so super kompetent“ fühlt in der digitalen Welt und im Umgang mit sozialen Netzwerken. Vor über zehn Jahren, als es Facebook noch nicht gab, hat sich der Schauspieler geschworen, ein paar Dinge möglichst schnell zu lernen, bevor seine Söhne Moritz und Bruno, damals noch gänzlich unberührt von der Online-Welt, in das internetfähige Alter kommen würden.

Berkel, 56, verheiratet mit Schauspielkollegin Andrea Sawatzki, sitzt an einem Herbsttag Ende Oktober in der Fischerhütte am Schlachtensee in Zehlendorf, schwarzer Pullover, schwarze Blousonweste, Armeehosen, und erzählt, was ihm damals eine Kollegin schrieb. Vor allem ein Satz ist bei ihm bis heute wie eingebrannt: „Wir haben unseren Sohn verloren – ans Internet.“

Berkel guckt sanft und eindringlich zugleich

Berkel guckt jetzt ein bisschen so wie Kommissar Bruno Schumann, den er seit 2006 für das ZDF spielt und in dessen neuestem Fall das Internet eine Hauptrolle einnimmt. Beide, die Figur und der echte Berkel, können zwei eher unterschiedliche Dinge gleichzeitig: sanft und total eindringlich gucken, wenn ihnen etwas besonders wichtig ist. Berkel sagt, seine Bekannte konnte ihrem Kind einfach nicht mehr folgen in diese Welt, „sie verstand nichts von ihr, der Junge aber wurde süchtig“.

Christian Berkel freut sich im September 2009 in Köln bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises über den Gewinn in der Kategorie "bester Fernsehfilm" für den Film "Mogadischu".
Christian Berkel freut sich im September 2009 in Köln bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises über den Gewinn in der Kategorie "bester Fernsehfilm" für den Film "Mogadischu".

© dpa

Damals kaufte sich Berkel einen Computer, obwohl er, wie er sagt, „eigentlich ein klassischer Gegner“ des Internets war. Es war klug, was er tat. Vor allem Eltern, das belegen auch Studien, die sich nicht mit dem Thema beschäftigen, sehen das Internet ausschließlich als Gefahr. Das wiederum, sagt Berkel, führe dazu, dass das Internet einen „der größten Generationenkonflikte“ darstelle. Nicht bei ihm zu Hause. Sein ältester Sohn, mittlerweile 14 Jahre, ist auf Facebook, und auch Berkel hat einen Account, den er, so gut es geht, selbst pflegt.

Der größte Generationenkonflikt

Berkel ist schon lange im Geschäft und hat unzählige Filme gedreht. Man vergisst das manchmal, weil er deutlich jünger aussieht als seine 56 Jahre. Seine Filmkarriere begann 1976 in einer kleinen Rolle als Student in einem Film von Ingmar Bergman („Das Schlangenei“), er hat mit Paul Verhoeven und Quentin Tarantino gedreht. Er war der SS-Arzt Ernst-Günther Schenk in Oliver Hirschbiegels Kinofilm „Der Untergang“ oder Helmut Schmidt in „Die Sturmflut“. Und über Tom Cruise, mit dem er „Operation Walküre – das Stauffenberg Attentat“ drehte, sagte Berkel: „Ein Perfektionist, sehr höflich, an allem interessiert.“

Aber im deutschen Fernsehen gilt auch die gemeine Regel: Du bist erst ein richtig Guter, wenn du einen Serienhelden zum Erfolg verhilfst. Hat Berkel getan. „Der Kriminalist“ geht 2014 in sein achtes Jahr und hat sich zum Auftakt der neuen Folgen ein top-aktuelles Thema ausgesucht: Da trifft es sich gut, dass gerade alle Welt über Hacker, Whistleblower und Geheimdienste redet.

Fritzi Haberlandt ist die sozial Isolierte

Ein Mord an einen Mann, der für ein großes soziales Netzwerk („Topnet“) die Kundenbetreuung verantwortet, führt Kommissar Bruno Schumann in die Abgründe der digitalen Welt. Hier werden private Seiten gehackt und Informationen manipuliert, hier verändern sich soziale Tugenden in böse Träume, ja in Wahn und verdrängte Wirklichkeit. Parallelwelten ersetzen die Realität. Die Ehefrau des Ermordeten, gespielt von der großartigen Fritzi Haberlandt, lebt in dieser anderen, unsozialen und von menschlichen Kontakten gesäuberten Welt. Sie wird von den Kameras ihres eigenen Mannes beobachtet, sieht vor allem Fernsehen, und ihr wichtigstes Überlebensinstrument, glaubt sie, ist der Computer. Einmal sagt sie voller Abscheu in der Stimme: „In den Fernseh-Dokus zeigen sie gar keine Menschen, das sind alles Schauspieler!“

Berkel kann sich gut an diese Szene erinnern, und er ist sich sicher, dass es immer mehr Menschen gibt, die in den parallelen Welten des Internets oder des Fernsehens unterwegs seien. „Ich finde das unheimlich.“ Der Krimi zeichnet in kürzester Zeit drei Charaktere: den Hacker, der die Biografien seiner Kunden verändert, um sie bloßzustellen, den Online-Prominenten, der im Netz in eine Rolle schlüpft, die ihn sozial höher stellt, als er ist, und die sozial Isolierte, die nicht mehr aus ihrer computeranimierten Welt herausfindet.

"Da droht gähnende Leere"

In einer Szene sagt ein Computerspielehersteller: „Wir wollen heiteres Töten, strahlende Sieger.“ Berkel trinkt in der Fischerhütte seinen Cappuccino aus und schaut jetzt wieder sanft und eindringlich zugleich. Er findet, dass auch dieser Satz keine Übertreibung sei, sondern eine allgemeine Bedrohung ausspreche.

„Denn in dieser Welt der Computerspiele, aber auch in unserer Fernsehwelt, leben wir ja gerade in einer Zeit, wo es nichts Negatives geben darf, offensichtlich weil wir Angst davor haben, nicht damit umgehen zu können. Die Negation an sich soll weg, alles soll positiv sein. Da droht eine gähnende Leere, eine wirkliche Langweile, die man nicht mehr positiv besetzen kann.“

Beim Krimi muss sich niemand fremdschämen

Ein aktuelles Thema aufzunehmen, das schon oft diskutiert wurde, das ist für eine Krimiserie ein Risiko, weil der Grat zwischen gut gemacht und Klischee „sehr schmal“ ist, wie Christian Berkel bemerkt. In „Puppenspieler“ muss sich der Zuschauer allerdings nie fremdschämen. Im Gegenteil: Es bleibt spannend. Berkel jedenfalls ist die Thematik wichtig: „Ich denke, wir sind noch völlig am Anfang unserer Erfahrungen, gerade was die Konsequenzen für das soziale Verhalten angeht. Wir begreifen erst langsam, was das Internet in uns verändert.“

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel.
Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel.

© Kai-Uwe Heinrich

Soziale Medien, die digitale Welt, bedeuten für Menschen wie Berkel oder für seine Ehefrau Andrea Sawatzki, die beide als Schauspieler permanent in der Öffentlichkeit stehen, noch mehr ungewollte Dauerbeobachtung. Berkel sagt, er könne nicht wirklich beurteilen, ob es zugenommen habe. „Shitstorm“? Gab’s bei Berkel noch nicht. Er lacht und sagt: „Wenn man nur das ins Internet setzt, was man auch selbst von sich auf der Seite eins der „Bild“-Zeitung vertreten kann, dann kann einem nicht viel passieren.“

HINWEIS

„Der Kriminalist“, am Freitag, 8. November, ZDF, 20 Uhr 15.

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel und hat den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels konzipiert, das Online-Magazin aus dem Südwesten Berlins.

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