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Da rollt was an. Anwohner haben der Villa Mittelhof schon 30 Räder gespendet, damit Flüchtlinge mobil werden.

©  Kai-Uwe Heinrich

Gemeinsame Sache in Steglitz-Zehlendorf 2015: Zehlendorf: Mit Flüchtlingen am Miteinander schrauben

Räder für Flüchtlinge – im neuen Containerdorf in Zehlendorf wird am Aktionstag gewerkelt.

Gerald Saathoff freut sich. Gelb, blau oder rosa sind die 30 Fahrräder – Spenden von Anwohnern für die 322 Flüchtlinge, die in der letzten Woche in das neue Containerdorf in Zehlendorf am Hohentwielsteig eingezogen sind. „Mit den Rädern sind die Flüchtlinge flexibel und können sich selbstständig bewegen“, sagt Saathoff, Leiter der Villa Mittelhof, einem Stadtteil- und Nachbarschaftszentrum in Zehlendorf.

Die Villa Mittelhof koordiniert das ehrenamtliche Engagement der Bürger in den Träger der neuen Flüchtlingsunterkunft im Bezirk. „Die Bereitschaft ist riesig“, freut sich Saathoff. Über hundert Menschen haben sich bisher gemeldet und ihre Hilfe angeboten.

Der Mittelhof hat die Hilfsangebote in vier verschiedene Bereiche aufgeteilt: Sprachförderung, Begleitung und Patenschaften, Freizeitaktivitäten und ein Integrationscafé soll es geben. Bevor es mit den einzelnen Angeboten losgeht, müssen die neuen Bewohner im Bezirk aber erst richtig ankommen und sich einleben.

Damit das gelingt, hat die Villa Mittelhof zu Fahrradspenden aufgerufen. „Ich war erstaunt, wie viele ein altes Fahrrad vorbeigebracht haben“, sagt Katharina Kloß, die die Kontakt- und Koordinierungsstelle für freiwilliges Engagement betreut. Bei einigen Rädern ist der Reifen kaputt, bei anderen das Licht, aber insgesamt sind sie alle noch gut in Schuss. Kloss und Saathoff sind sich sicher: „Die kriegen wir schnell wieder verkehrstauglich“.

Sprachbarriere? "Eine Schraube ist eine Schraube"

Am Aktionstag wollen sie die Räder zusammen mit Anwohnern und den Flüchtlingen aus dem Hohentwielsteig wieder flottmachen. Das gemeinsame Werkeln soll ein erstes Kennenlernen sein. Dass viele Flüchtlinge noch kein Deutsch sprechen, sieht Saathoff nicht als Problem: „Handwerken kann man auch ohne Sprache. Eine Schraube ist eine Schraube“, lacht er.

Es gehe darum, dass man gemeinsam etwas mache und sich die Flüchtlinge integriert fühlten. Dabei müsse man nicht jedes Wort des anderen verstehen. „Jeder, der Lust hat, mit Menschen aus anderen Kulturen zu werkeln, ist eingeladen, mitzumachen“, sagt Kloß. Die „Grünen Radler“, eine Selbsthilfefahrradwerkstatt auf dem Gelände des Mittelhofs, stellen das Arbeitsmaterial und helfen bei den Reparaturen.

In der Einrichtung am Hohentwielsteig können die Flüchtlinge sie sich dann bei Mitarbeitern des Arbeiter-Samariter-Bundes, dem Heimbetreiber der Unterkunft, ausleihen. Auch mit der Verkehrsschule im Bezirk sei man im Gespräch, erzählt Saathoff. „Wenn es Bedarf gibt, werden wir einen Kurs anbieten, um Rad fahren zu lernen“. Die meisten Flüchtlinge in der Unterkunft kommen aus Syrien. Dort ist es nicht üblich und für Frauen sogar verboten, Fahrrad zu fahren.

Verein half schon DDR-Flüchtlingen und Vertriebenen

„Wir erleben eine große Welle der Hilfsbereitschaft“, sagt Saathoff und erzählt von einer Eltern-Initiative der Emil-Molt-Schule, die für die Flüchtlingskinder, die vorige Woche eingeschult wurden, spontan Schultüten und -ranzen mit Süßigkeiten und Arbeitsmaterialien zusammengestellt hat.

Der Mittelhof e.V. hat in seiner Geschichte als Nachbarschaftszentrum schon 1950 Flüchtlingen aus der DDR und Vertriebenen geholfen. Saathoff sagt: „Schon aus unserer Geschichte heraus ist es für uns Pflicht, den Menschen, die jetzt zu uns kommen, zu helfen“.

Wer bei der Fahrradwerkstatt mitmachen will, ist eingeladen, am Freitag, 18.9., von 16 bis 19 Uhr in die Königstraße 42–43 zu kommen. Zum Werkeln gibt es Essen vom Grill. Helfer melden sich bei Katharina Kloß unter 030/801975-33 vorher an.

Nora Tschepe-Wiesinger

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