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Berlin: Bezirksbürgermeister zieht in eine Sozialwohnung

Mieterverein kritisiert Vergabe einer WBM-Wohnung an Joachim Zeller Der Rathauschef von Mitte ist zugleich Aufsichtsrat des Unternehmens

Der Berliner Mieterverein hat die Vermietung einer subventionierten Wohnung durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) an dessen Aufsichtsrat scharf kritisiert. Der Mieter ist Bezirksbürgermeister Joachim Zeller. „Es ist nicht einzusehen, dass Belegungsbindungen zugunsten von Bezirkspolitikern aufgehoben werden“, so der stellvertretende Geschäftsführer Reiner Wild. Diese verfügten über Einkommen, die ausreichten, um sich auch anderweitig am Wohnungsmarkt zu versorgen. Dagegen seien Haushalte mit geringen Bezügen auf das ohnehin stark geschrumpfte Angebot öffentlich subventionierter Wohnungen angewiesen.

Die neue Wohnung von Bezirksbürgermeister Zeller in der Nähe der Hackeschen Höfe wurde mit öffentlichen Subventionen saniert. Wohnungen in dem unter Denkmalschutz stehenden Altbau bekamen nach Förderrichtlinien bisher Bewohner des Gebietes, die wegen einer Sanierung umgesetzt wurden. Auch Menschen mit „sozialer Bedürftigkeit“ durften einziehen, wenn sie einen amtlichen „Wohnberechtigungsschein“(WBS) vorlegten. Diesen erhält man nur beim Bezug geringer Einkommen.

Zeller selbst erfüllt diese Bedingungen zur Belegung der Wohnung nicht. Er wohnt aber seit 18 Jahren in dem Sanierungsgebiet. Und der Vermieter holte eine Freistellung von der Belegungsbindung beim Bezirk ein.

Der Bezirksbürgermeister sagte auf Anfrage, er sei auf Wohnungssuche gewesen, weil zwei Söhne ausgezogen waren. Für die verbleibenden vier Personen habe er eine kleinere Wohnung gesucht. „Nach mehreren Besichtigungen wurde uns auch diese Vier-Zimmer-Wohnung zum Nachbezug angeboten“, so Zeller. Er habe einen Nachnutzungsantrag beim Vermieter gestellt. „Nach einer gewissen Wartezeit bestätigte uns der Vermieter, dass wir die Wohnung beziehen können“, so Zeller. Er gehe davon aus, dass der Vermieter die für den Wohnungsbezug notwendigen Formalitäten erledigt habe.

Zu diesen Formalitäten zählte auch die Aufhebung der sozialen Kriterien: „Der Bezirk Mitte hat uns schriftlich eine Freistellung von der Belegungsbindung erteilt“, sagt WBM-Sprecherin Steffi Pianka. Die Miete des Bezirksbürgermeisters sei nach dem Mietspiegel 2005 berechnet. Sie liege „weit über dem Betrag, den Mieter mit WBS zahlen müssten.“ Sollte Zeller wieder ausziehen, werde die Wohnung erneut unter die – gegenwärtig ausgesetzte – Belegungsbindung fallen. Zeller selbst sagte: „Die Preisbindung ist nach meinen Informationen bereits im Jahre 2001 aufgehoben worden.“

Der Vermieter des Hauses ist die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Joachim Zeller kontrolliert das Unternehmen: Er sitzt in dessen Aufsichtsrat. Die von Zeller gemietete Wohnung liegt mitten im Scheunenviertel nahe Alexanderplatz. „In dieser beliebten Innenstadtlage werden Mieten zwischen neun und zehn Euro für sanierte Altbauten bezahlt“, sagt Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland. „Leerstand gibt es so gut wie keinen“, so Schick.

Solche Mieten können sich viele Menschen mit geringen Einkommen nicht leisten. Deshalb werden Wohnungen mit Belegungsbindung an Mieter mit Wohnberechtigungsschein für 4,13 Euro pro Quadratmeter plus Nebenkosten vergeben. Wie viel der Bezirksbürgermeister für die Wohnung bezahlt, verriet die WBM nicht. Zeller selbst sagte, es sei mehr als „der Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete“: Diese beträgt 4, 68 Euro. Da das subventionierte Haus aber den Förderrichtlinien unterliegt, dürfe der Vermieter laut Mieterverein maximal rund 4,90 Euro verlangen – halb so viel wie Makler sonst in der Lage verlangen.

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