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Berlin: Bezirksfusion: Ohne Norden kein Süden

"Tiergarten" steht auf dem grünen Metallschild Potsdamer Ecke Kurfürstenstraße. Eine Bezeichnung von gestern, denn den Ortsnamen gibt es gar nicht mehr.

"Tiergarten" steht auf dem grünen Metallschild Potsdamer Ecke Kurfürstenstraße. Eine Bezeichnung von gestern, denn den Ortsnamen gibt es gar nicht mehr. Seit Anfang des Jahres sind Tiergarten, Wedding und Mitte vereint, "Mitte" heißt der neue Bezirk. Während Wedding die Chance hat, als Ortsteil verewigt zu werden, sieht es für Tiergarten schlecht aus. Denn es wird nur "Tiergarten-Süd" geben, ein Areal südlich der Spree, zu dem das gesamte Regierungsviertel, das Diplomatenviertel und der Große Tiergarten gehören.

Ende dieser, Anfang nächster Woche beginnt das Tiefbauamt damit, die Namensschilder in Mitte (alt) abzuschrauben, und sie an den Außengrenzen von Mitte (neu) zu befestigen, sagt Baustadtrat Dirk Lamprecht (CDU). Wie die neuen Ortsteile ausgeschildert werden sollen, müsse erst noch geklärt werden. Weil die Bezirksnamen "Wedding" und "Tiergarten" durch die Fusion verloren gingen, hatten die Bezirksverordnetenversammlungen vergangenes Jahr beschlossen, die Namen in Ortsteilen weiter leben zu lassen. Das sollte die "lokale Identität" im Fusionsbezirks stärken. Neben "Tiergarten-Süd" und "Wedding" haben künftig das Hansaviertel, Moabit, Gesundbrunnen und Mitte (alt) Ortsteilstatus.

Für die Tiergartener Stadtteile hatte Lamprechts Amtsvorgänger, Horst Porath (SPD), heute Bildungsstadtrat im Bezirk, sogar schon Schilder anfertigen lassen. Bevor sie montiert werden, will Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) aber, dass das neue Bezirksamt die Namen noch einmal bestätigt. Die Bezeichnungen "sind noch nicht rechtsgültig", sagt er. Ganz zufrieden mit der Namengebung ist der Bürgermeister nicht. Er und andere Kritiker monieren das "Süd" hinter dem Ortsteil Tiergarten. "Es gibt ja auch kein Tiergarten-Nord", sagt Zeller.

Die Vorstöße von Tiergarten und Wedding im vergangenen Jahr, Ortsteile auszuweisen, ist für Innenstadtbezirke ein Novum. Ortsteile waren nach der Gründung Groß-Berlins 1920 in den Randbezirken entstanden. Diese neuen Bezirke setzten sich aus vorher selbstständigen Dörfern und Städten zusammen. Namen wie Mariendorf, Frohnau oder Tegel konnten so als Ortsteile weiter bestehen. Nach Angaben des Statistischen Landesamts wurden im Laufe der Zeit neue Ortsteile gebildet, beispielsweise das Märkische Viertel in Reinickendorf und Plänterwald in Treptow. In Neukölln gibt es Bestrebungen, den Ortsteil Neukölln in Rixdorf umzutaufen. 85 Ortsteile sind im Landesamt zurzeit registriert.

Mittes Baustadtrat Lamprecht ist dagegen, zu viele Ortsschilder aufzuhängen, er fordert Augenmaß. "Das Ganze kostet einen Haufen Geld, das wir eigentlich nicht haben", sagt Bürgermeister Zeller. "Irgendetwas müssen wir uns aber einfallen lassen. Es hat keinen Sinn, überall Mitte ranzuschreiben." Jemand, der sich am Schild "Mitte" orientiere und dann in der Turmstraße (Moabit) oder in der Müllerstraße (Wedding) ankomme, sei möglicherweise verwirrt.

Kommende Woche wollen die Baustadträte der Bezirke und die Stadtentwicklungsverwaltung die Schilderfrage klären. Zur Debatte stehen nach Angaben der Sprecherin der Verwaltung, Petra Reetz, beispielsweise Hinweistafeln mit Bezirks- und Ortsteilnamen. Bei langen Bezeichnungen wie Friedrichshain-Kreuzberg könnte es es jedoch Probleme geben, sie aufs Schild zu bekommen, befürchtet Reetz. Denn die Schrift dürfe nicht zu klein ausfallen. Man müsse immer bedenken, wie die Beschilderung auf Auswärtige wirke. Bei dem Treffen wird es auch um neue Wegweiser an den Straßen gehen - keine Kleinigkeit. Reetz: "Es gibt etwa 1700 Kreuzungen, über die man sich einigen muss."

Tobias Arbinger

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