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Berlin: Bezirksreform: Alte Technik für neue Aufgaben

Die scheidende Bürgermeisterin von Schöneberg, Elisabeth Ziemer (Bündnis 90 / Grüne), brachte das Problem auf den Punkt: Die Bezirke bekämen zum 1. Januar 2001 zwar neue Aufgaben, aber zu wenig Personal und Finanzmittel sowie eine "schrottreife Technik", mit der sich diese Aufgaben nicht sachgerecht erfüllen ließen.

Die scheidende Bürgermeisterin von Schöneberg, Elisabeth Ziemer (Bündnis 90 / Grüne), brachte das Problem auf den Punkt: Die Bezirke bekämen zum 1. Januar 2001 zwar neue Aufgaben, aber zu wenig Personal und Finanzmittel sowie eine "schrottreife Technik", mit der sich diese Aufgaben nicht sachgerecht erfüllen ließen. Das zentrale Fundbüro beispielsweise, das von der Haupt- in die Bezirksverwaltung verlagert wird, verfüge bis heute über keinen einzigen Computer. Kürzlich sei das erste Faxgerät angeschafft worden. Auch die Unterhaltsvorschuss-Kasse, die in die Obhut der Bezirke gegeben wird, arbeite mit völlig veralteter PC-Technik.

Weitere Beispiele für die miserable EDV-Ausrüstung von Behörden, die Anfang 2001 aus den Senatsverwaltungen ausgegliedert und den Bezirksämtern zugeschlagen werden, wurden gestern im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses bekannt. So müssen die Mitarbeiter, die für die Beseitigung von Autowracks zuständig sind, mit dem Uralt-Betriebssystem Windows 3.11 auskommen, und ein Mitarbeiter der Innenverwaltung teilte den Abgeordneten ergänzend mit: "Das ist, im Vergleich zu anderen Ämtern, nicht einmal die schlechteste Ausstattung." Ein Spezialproblem ist die zentrale Pass-Stelle des Landes Berlin, die ebenfalls in die Bezirke wandert. Diese Behörde besteht aus sechs Beschäftigten und fünf Pass-Schreibmaschinen, die sich nur schwer auf zwölf Bezirke verteilen lassen. Also wird diese Aufgabe regionalisiert - ein Bezirk nimmt die Aufgabe für alle anderen wahr.

In einigen Fällen akzeptieren die Bezirke auch die magere Ausstattung der "abgeschichteten" Aufgaben nicht. Im Bereich Umwelt- und Naturschutz seien noch 24 Stellen strittig, und auch die Verlagerung der Meldestellen in die bezirklichen Bürgerämter sei "nicht endgültig vorbereitet", kritisierte der Köpenicker Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) im Hauptausschuss. Er gab zu bedenken: "Bis Januar ist es nicht mehr lange hin, bis dahin müssen die Behörden auf Bezirksebene wieder arbeitsfähig sein, damit in der Stadt kein Chaos produziert wird." Immerhin werden fast 50 kommunale Dienstleistungen von der Hauptverwaltung in die Bezirksämter delegiert. Aber überall tun sich noch Probleme und Finanzierungslücken auf. Nicht nur der Steglitzer Bürgermeister Herbert Weber plädierte für eine zeitliche Übergangsregelung.

Die Haushälter waren beeindruckt. Auch der Innen-Staatssekretär Rüdiger Jakesch sprach von "berechtigten Anliegen" und Finanzsenator Peter Kurth bekundete Gesprächsbereitschaft gegenüber dem Rat der Bürgermeister. Letztendlich wollte der Hauptausschuss das Verwaltungsreform-Gesetz, dass die so genannte Abschichtung von Aufgaben auf die bezirkliche Ebene zum 1. Januar 2001 vorsieht, aber nicht blockieren. Dem Senat wurde auferlegt, gemeinsam mit den Bezirken eine "einvernehmliche Lösung" der noch vorhandenen Probleme zu finden und nach dem ersten Quartal 2001 darüber zu berichten. Der PDS und den Grünen war dies zu vage. Der Senat wolle keine Verhandlungen mit den Bezirken "auf gleicher Augenhöhe", bemängelte die Grünen-Abgeordnete Camilla Werner.

Verständigt haben sich Senat und Bezirke über jene Aufgaben, die regionalisiert werden: Die Jugendgerichtshilfe, die Krisen- und Notdienste, das Fundbüro, die Unterhaltsvorschusskasse, das Friedhofsrecht, Lebensmittelproben, der Hunde- und Katzenfang sowie die Überwachung der Straßenreinigung.

za

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