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Bilanz: Benjamin-Franklin-Klinikum soll bleiben

Rot-Rot legt sich im Parlament fest. Auch das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Schöneberg soll gerettet werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Im Südwesten Berlins wird sich an der Gesundheitsversorgung und medizinischen Lehre und Forschung wohl nichts ändern. Jedenfalls nicht vor der Abgeordnetenhauswahl 2011. Das Universitätsklinikum Benjamin-Franklin (UKBF) in Steglitz soll als Bestandteil der Charité erhalten bleiben und das Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK) in Schöneberg nicht geschlossen werden. Langfristig sollen die Charité und der landeseigene Krankenhauskonzern Vivantes fusionieren. Aber bis dahin brauchen beide großen Einrichtungen ausreichende Investitionsmittel für die Sanierung, Modernisierung und den Ausbau des Bestands.

Auf diese Linie hat sich die SPD-Fraktion am Donnerstag in einer Abgeordnetenhausdebatte festgelegt. Und die Linksfraktion signalisierte, dass sie als kleiner Koalitionspartner mitzieht, trotz ihrer Bedenken gegen die Erhaltung des UKBF als dritten Standort der Charité – neben der Zentrale in Mitte und dem Rudolf-Virchow-Klinikum (UVK) in Wedding. Allerdings unter der Bedingung, dass bei der anstehenden neuen Krankenhausplanung die Bettenkapazitäten nicht verringert, sondern ausgebaut werden.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) verfolgte die Parlamentsdiskussion am Abend mit großer Sympathie und fühlte sich in seiner Haltung gestärkt. Klarer Verlierer war Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), der für seine Sparpläne in den Koalitionsfraktionen keinen Rückhalt findet. Momentan sieht es so aus, als wenn die aktuellen Planspiele einer Senats-Arbeitsgruppe zur Reform von Charité und Vivantes, in der Zöllner, Nußbaum, Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sitzen, im Papierkorb landen werden. Zumal sich die beteiligten Senatsmitglieder seit Monaten gegenseitig blockieren.

So hat die Bildungsverwaltung dem Hauptausschuss des Parlaments jetzt mitgeteilt, dass ein Konzept für die Neuordnung der Charité und eine enge Zusammenarbeit mit Vivantes erst im Juni, kurz vor der Sommerpause, vorgelegt werde. Auch ein neues Gutachten der Beraterfirma „Boston Consulting Group“, eine von mehreren Expertisen, beantwortet die Frage nicht, ob eine Neuordnung von medizinischer Forschung und Lehre, aber auch der Krankenhausversorgung im Südwesten Berlins nennenswerte Einsparungen bringt. Deutlich wurde nur, dass Benjamin-Franklin innerhalb der Charité der größte Verlustbringer ist.

Das gesamte Defizit der Charité lag im vergangenen Jahr bei 19,5 Millionen Euro. Davon entfielen auf das UKBF 12,5 Millionen Euro. Die 1100 Betten waren im vergangenen Jahr nur zu 78 Prozent belegt. Im neuen Gutachten wurden acht Szenarien für einen Zeitraum von zehn Jahren durchgerechnet. Die wichtigsten Varianten sehen eine Schließung des Auguste-Viktoria-Krankenhauses mit seinen 480 Betten vor. Doch ist das AVK innerhalb des Vivantes-Konzerns mit 6,8 Millionen Euro Gewinn (2009) das profitabelste Haus und bei den Patienten sehr beliebt. Die weiteren Überlegungen in der Senats-Arbeitsgruppe: Das UKBF wird entweder von der Charité weitergeführt oder der Krankenhausbetrieb von Vivantes übernommen. Forschung und Lehre könnten in Steglitz bleiben oder nach Mitte umziehen. Die dritte Variante: Charité und Vivantes betreiben das Benjamin Franklin künftig gemeinsam.

Spätestens nach der gestrigen Parlamentsdebatte sind das nur noch Planspiele am grünen Tisch. Auch CDU und FDP machten deutlich, dass sie das Benjamin-Franklin-Klinikum nicht aufgeben wollen. Der CDU-Abgeordnete Nicolas Zimmer sprach sich auch klar gegen eine Schließung des AVK aus. Die Grünen hielten sich mit eigenen Vorstellungen zurück und waren enttäuscht, dass ihre Große Anfrage zur Zukunft von Charité und Vivantes von Zöllner mit Rücksicht auf die interne Senatsdebatte nur sehr allgemein beantwortet wurde.

Die SPD-Abgeordnete Stefanie Winde forderte den Senat auf, ein Konzept für die gesamte Stadt, nicht nur für den Südwesten, „zeitnah“ vorzulegen. Der Linken-Abgeordnete Wolfgang Albers warnte vor einem weiteren Personalabbau bei Charité und Vivantes. Die Schmerzgrenze sei erreicht.

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