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Polizisten beobachten Deutschlands größte Silvesterparty am Brandenburger Tor.

© dpa, Ralf Hirschberger

Update

Bilanz der Silvesternacht in Berlin: Polizeigewerkschaften verurteilen Angriffe auf Einsatzkräfte

Bei den Silvesterfeiern in Berlin wurden Rettungskräfte mit Schusswaffen bedroht. Die Feuerwehr berichtet von "massiven Angriffen". Außerdem gab es fünf Schwerverletzte und sexuelle Belästigungen.

Für die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in Berlin begann das neue Jahr mit jeder Menge Arbeit. Und bei ihren Einsätzen arbeiteten sie teils unter gefährlichen Bedingungen. Die Feuerwehr berichtete in ihrer Bilanz von "massiven Angriffen auf Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge". Ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr wurde durch körperliche Gewalt verletzt, ein weiteres durch Feuerwerk. In den Morgenstunden wurde die Besatzung eines Rettungswagens gar mit Schusswaffen bedroht. Auf Twitter vermeldete die Feuerwehr insgesamt acht Angriffe auf Einsatzkräfte und 57 Angriffe auf Einsatzfahrzeuge mit "erheblichen Sachschäden".

Auch die Polizei verzeichnete Angriffe. Dabei wurden sechs Beamte verletzt. Im Bereich Potsdamer Straße/Pallasstraße in Schöneberg wurden Polizisten demnach gegen Mitternacht "aus größeren Gruppen heraus" mit Pyrotechnik und Flaschen beworfen. Dabei wurde eine 16-Jährige vorübergehend festgenommen, bei ihr fand die Polizei 44 illegale Böller. Ein weiterer Tatverdächtiger wurde festgenommen, nachdem ein Streifenwagen mit einem Böller beworfen worden war, der eine Loch in die Heckscheibe sprengte. Der 22-jährige hatte laut Polizei Marihuana und Kokain bei sich, außerdem ein Messer. Mehrere Polizeibeamte wurden durch Böllerwürfe leicht verletzt.

Polizeigewerkschaften verurteilten Angriffe auf Einsatzkräfte

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft verurteilte die Angriffe scharf. "Die Attacken gegen Einsatzkräfte haben lebensbedrohliche Ausmaße angenommen", sagte Rainer Wendt der Zeitung "Die Welt". Immer wieder würden Silvesterraketen gezielt auf Personen oder Fahrzeuge gerichtet, so Wendt. Einsatzkräfte würden dadurch „mindestens in die Gefahr schwerster Verletzungen“ gebracht. Die Justiz müsse mit entsprechenden Urteilen dafür sorgen, "dass auch der letzte Verrückte begreift, dass dies kein Spaß ist, sondern hier schwere Gewaltdelikte begangen werden", forderte Wendt.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, forderte "endlich eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, dass Gewalt in keiner Weise akzeptabel ist". Dies fange im Elternhaus an und betreffe auch die Schulen, sagte Radek der "Welt".

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Trotz dieser Angriffe waren Polizei und Feuerwehr am Ende der Silvesternacht erleichtert. "Es verlief alles relativ entspannt", sagte eine Polizeisprecherin am Neujahrsmorgen. Sogar die Mega-Party am Brandenburger Tor, zu der mehrere hunderttausend Besucher kamen, sei "im großen und ganzen weitgehend störungsfrei" verlaufen. Wegen sexueller Übergriffe seien 13 Anzeigen aufgenommen und sieben Verdächtige festgenommen worden, erklärte die Polizei.

Neben den regulären Einsatzkräften hatte die Polizei 1600 Beamte zusätzlich auf den Straßen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen weniger Notrufe ein - 3084 (2016 waren es 3132), es mussten aber 1732 Einsätze gefahren werden, 63 mehr als 2016. Am häufigsten mussten die Beamten wegen falscher Verwendung von Pyrotechnik, Schlägereien und Sachbeschädigung einschreiten.

Die erheblich verstärkten Kräfte der Berufsfeuerwehr waren pausenlos im Einsatz. Von 19 Uhr am letzten Tag des Jahres bis 5 Uhr früh am Silvestermorgen rückte die Feuerwehr insgesamt zu 1492 Einsätzen aus. 432 meist kleinere Brände beispielsweise auf Balkonen, Dachböden oder an Müllplätzen mussten gelöscht werden, außerdem gab es 974 medizinische Rettungseinsätze und 86 diverse technische Hilfeleistungen, zum Beispiel bei Unfällen. Insgesamt hätten die Berliner friedlicher gefeiert als in den Vorjahren, sagte eine Feuerwehrsprecher.

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Verletzte nach Brand in Neukölln

Der schwerwiegendste Feuerwehreinsatz war in Neukölln. Dort brach in einem Mehrfamilienhaus an der Karl-Marx-Straße im Parterre und ersten Stock ein Brand aus. Unklar ist, ob bei dem anschließenden Löscheinsatz die Feuerwehrleute „massiv beschossen“ wurden, wie Zeugen auf Facebook berichten. Die Feuerwehr berichtet darüber nichts. Klar ist nur, dass die Polizei wegen „schwerer Brandstiftung“ gegen Unbekannt ermittelt. Aus einer Gruppe von 50 Personen heraus sollen zwei Angreifer das Glas einer Ladentür mit Feuerwerkskörpern durchschlagen und anschließend weitere Pyrotechnik hineingeworfen haben, woraufhin sich das Feuer entzündete.

Drei Frauen wurden von der Feuerwehr aus ihren Wohnungen über dem Ladengeschäft geholt, zwei kamen zur Beobachtung ins Krankenhaus. Offenbar handelt es sich um das Musikaliengeschäft Bading. Ebenfalls in Neukölln wurden am frühen Morgen an der Kirchhofstraße mehrere Fensterscheiben zerstört und zehn Autos beschädigt. Ursache war laut Polizei "ein bisher unbekannter Sprengsatz".

An der Landsberger Allee in Lichtenberg stand in den ersten Stunden nach Mitternacht eine Hochhauswohnung in Flammen. An der Biesdorfer Straße im Marzahner Ortsteil Biesdorf brannte ein Einfamilienhaus, in Friedrichsfelde schlugen Flammen aus einer möglicherweise durch Feuerwerkskörper entzündeten Gartenlaube und in Spandau kämpfte die Feuerwehr gut zwei Stunden gegen ein Feuer in einer Lagerhalle mit Bauschutt.

Neujahrseinsatz: Überall in der Stadt beseitigen BSR-Mitarbeiter die Reste des Festes, hier in Mitte.
Neujahrseinsatz: Überall in der Stadt beseitigen BSR-Mitarbeiter die Reste des Festes, hier in Mitte.

© Lars von Törne

Die Straßenreiniger der BSR waren - noch mit oder ohne Silvesterkater - schon zu hunderten am frühen Neujahrsmorgen emsig im Einsatz. Nach ersten Eindrücken waren die Straßen aber selbst in Kreuzberg und Prenzlauer Berg weniger durch Feuerwerksreste vermüllt, als in manchen Vorjahren.

Die Bilanz von Polizei und Feuerwehr fällt nicht nur in Berlin mehrheitlich positiv aus. In den größten deutschen Städten verlief die Nacht nach Polizeiangaben relativ ruhig. Neben Berlin gab es auch in Köln einige Festnahmen wegen sexueller Übergriffe.

Brandenburg: Zwei Tote wegen Pyrotechnik

Zwei Tote durch explodierende Feuerwerkskörper - "so etwas hat es hier noch nie gegeben", äußerten sich Polizisten schockiert. Im Ort Gusow-Platkow in Märkisch Oderland starb ein 35-Jähriger im Garten seines Grundstückes, als er Pyrotechnik zündete. Gäste leisteten Erste Hilfe, ein Rettungshubschrauber flog einen Notarzt herbei, doch alle Bemühungen waren vergebens. Der Mann verstarb noch auf dem Grundstück.

In Kleinmachnow kam ein 19-Jähriger ums leben, als ein Böller, den er noch in der Hand hielt, direkt vor seinem Gesicht zündete. Wie die Polizei mitteilte, soll der 19-jährige aus Stahnsdorf im Beisein von rund 20 Freunden den Böller selbst gezündet haben. Dabei erlitt er schwere Kopfverletzungen - trotz Reanimierungsversuchen verstarb er noch am Unfallort. In beiden Fällen soll es sich nach ersten Erkenntnissen um selbstgebaute oder illegale Feuerwerkskörper handeln.

In Berlin wurden im Unfallkrankenhaus Marzahn bis zum Neujahrsmorgen um 7 Uhr früh 21 Menschen mit Verletzungen durch Kracher behandelt, in fünf Fällen mussten Finger amputiert werden. Unter den Verletzten war ein zwölfjähriger Junge, "alle weiteren Betroffenen waren Männer über 18", sagte die Sprecherin der Unfallklinik, Angela Kijewski. Beim vergangenen Jahreswechsel 2016/17 seien erheblich mehr Kinder und Jugendliche schwerverletzt eingeliefert worden. Die Polizei meldete einen 42-Jährigen, der in der Leipziger Straße schwere Handverletzungen durch einen Böller erlitt. (mit AFP)

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