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Bildungspolitik: Zwölf Millionen Euro für 500 Kinder

Das kostenlose letzte Kita-Jahr hat wenig gebracht: Problem-Familien wurden kaum erreicht und Sprachmängel bleiben.

Das kostenlose letzte Kitajahr – eines der teuersten Wahlgeschenke des Jahres 2006 – hat bildungspolitisch kaum etwas gebracht. Nach Informationen des Tagesspiegels lockte der Verzicht auf die Elterngebühren nur rund 500 Kinder zusätzlich in die Kita. Insgesamt stieg der Anteil der Kitakinder am gesamten Jahrgang von 95 auf 97 Prozent. Diese zwei Prozent ließ sich der Senat etwa zwölf Millionen Euro kosten, indem er auf die entsprechenden Elternbeiträge für alle Kinder verzichtete.

Von Anfang an hatte es starke Kritik an dem Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) gegeben, im letzten Kitajahr vor der Einschulung keine Elternbeiträge zu kassieren. Da der Vorschlag kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus erfolgte, kritisierte die Opposition das Ganze sogleich als wahltaktisches Manöver. Aber auch aus den eigenen Reihen gab es Kritik: Anstatt auf zwölf Millionen Euro zu verzichten, solle der Senat das Geld lieber in die Qualifikation der Erzieherinnen investieren, hieß es damals in einem Positionspapier des rechten SPD-Parteiflügels „Aufbruch Berlin“.

Bei der Qualifikation hat sich seither nicht viel verändert. Auch die Personalausstattung wurde nicht verbessert, obwohl Fachleute seit langem zu große Kitagruppen kritisieren. Noch immer gibt es keinen Ersatz für erkrankte Erzieherinnen und kaum Personalreserven für die dringend notwendigen Fortbildungen. Das Ergebnis lässt sich am aktuellen Sprachtest „Deutsch Plus“ ablesen. Wie berichtet, stagniert die Zahl der Kinder, die im Jahr vor der Einschulung noch immer schlecht Deutsch sprechen, seit Jahren bei über 20 Prozent. Trotz des vor drei Jahren verabschiedeten Bildungsprogramms für die Kitas kann von einer spürbaren Verbesserung bei der Sprachförderung bisher nicht die Rede sein. Dies bedeutet, dass von 25 000 Kindergarten-Kindern, die im Sommer eingeschult werden, 5400 den Sprachtest nicht bestanden, obwohl sie eine Kita besuchten.

Eltern müssen mit der Institution Kita bekannt gemacht werden

Einig sind sich die Fachleute deshalb darin, dass ein einziges Kitajahr vor der Einschulung nicht reicht. Ihr Ziel ist es, möglichst schon die Dreijährigen in die Kita zu holen. „Deshalb hätte der Senat besser daran getan, das erste Kitajahr kostenlos zu machen“, schlussfolgert Martin Hoyer, der Kita-Referent des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Er geht davon aus, dass die Eltern ihre Kinder in der Kita lassen würden, auch wenn sie dann im zweiten oder dritten Kitajahr wieder einen Elternbeitrag zahlen müssten. „Die Hauptsache ist doch, dass sie erst mal mit der Institution Kita bekannt gemacht werden“, sagt Hoyer. Die größte Elterngruppe zahlt ohnehin nur den niedrigsten Gebührenbetrag von 23 Euro pro Monat.

Auch Özcan Mutlu von den Bündnisgrünen hatte von Anfang an gefordert, nicht das letzte, sondern das erste Kitajahr kostenlos zu machen. Zudem fordert er eine Qualifizierungsoffensive. Anders könnten die Erzieherinnen nicht in die Lage versetzt werden, ihre schwierige Aufgabe zu erfüllen. Besonders groß sind die Probleme in den Innenstadtkitas, in denen es mangels Kindern deutscher Herkunft überhaupt keine deutschen Sprachvorbilder mehr gibt – wenn man einmal von den Erzieherinnen absieht.

Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD) hat bislang nicht auf die Forderungen nach einer besseren Personalausstattung reagiert, obwohl gerade erst ein großes repräsentatives Kita-Bündnis einen entsprechenden Aufruf verfasst hatte. Alles, was zu diesem Thema von Zöllner kommt, ist der Hinweis darauf, dass schrittweise im Jahr 2010 und 2011 auch die beiden anderen Kitajahre kostenlos werden. Eine Antwort auf die Frage nach der Qualifikationsoffensive bleiben sie aber weiter schuldig.

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